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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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erschien, wie der Vater mit einem altrömischen Beiworte
von seinen Steinen sagte, mochte zum Theile auch
daher kommen -- wenigstens gewann ihre Erscheinung
dadurch -- daß es mit einem richtig gebildeten Halse
aus einem ganz einfachen schmucklosen Kleide hervor
sah. Keine überflüssige Zuthat von Stoffen und keine
Kette oder sonst ein Schmuck umgab den Hals --
dieses macht nur die blos anmuthigen Angesichter noch
anmuthiger -- sondern das Kleid mit einer nicht auf¬
fallenden Farbe und mit einem nicht auffallenden
Schnitte schloß den reinen Hals, und ging an der
übrigen Gestalt hernieder.

Die Mutter sah Natalien freundlich an, da sie
sprach, und sagte dann: "Der Jugend ist alles gut,
der Jugend schlägt alles zum Gedeihen aus, sie wird
wohl auch empfinden, was ihr noth thut, wie das
Alter empfindet, was es bedarf -- Ruhe und Stille
-- und unser Freund sagt ja auch, man soll der Na¬
tur ihr Wort reden lassen; darum magst du gehen,
wie du fühlest, daß du es bedarfst, Natalie, du wirst
kein Unrecht begehen, wie du es ja nie thust, du wirst
keine Maßregel außer Acht lassen, die wir dir gesagt
haben, und du wirst dich in deine Gedanken nicht so
vertiefen, daß du deinen Körper vergäßest."

Stifter, Nachsommer. II. 20

erſchien, wie der Vater mit einem altrömiſchen Beiworte
von ſeinen Steinen ſagte, mochte zum Theile auch
daher kommen — wenigſtens gewann ihre Erſcheinung
dadurch — daß es mit einem richtig gebildeten Halſe
aus einem ganz einfachen ſchmuckloſen Kleide hervor
ſah. Keine überflüſſige Zuthat von Stoffen und keine
Kette oder ſonſt ein Schmuck umgab den Hals —
dieſes macht nur die blos anmuthigen Angeſichter noch
anmuthiger — ſondern das Kleid mit einer nicht auf¬
fallenden Farbe und mit einem nicht auffallenden
Schnitte ſchloß den reinen Hals, und ging an der
übrigen Geſtalt hernieder.

Die Mutter ſah Natalien freundlich an, da ſie
ſprach, und ſagte dann: „Der Jugend iſt alles gut,
der Jugend ſchlägt alles zum Gedeihen aus, ſie wird
wohl auch empfinden, was ihr noth thut, wie das
Alter empfindet, was es bedarf — Ruhe und Stille
— und unſer Freund ſagt ja auch, man ſoll der Na¬
tur ihr Wort reden laſſen; darum magſt du gehen,
wie du fühleſt, daß du es bedarfſt, Natalie, du wirſt
kein Unrecht begehen, wie du es ja nie thuſt, du wirſt
keine Maßregel außer Acht laſſen, die wir dir geſagt
haben, und du wirſt dich in deine Gedanken nicht ſo
vertiefen, daß du deinen Körper vergäßeſt.“

Stifter, Nachſommer. II. 20
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[305/0319] erſchien, wie der Vater mit einem altrömiſchen Beiworte von ſeinen Steinen ſagte, mochte zum Theile auch daher kommen — wenigſtens gewann ihre Erſcheinung dadurch — daß es mit einem richtig gebildeten Halſe aus einem ganz einfachen ſchmuckloſen Kleide hervor ſah. Keine überflüſſige Zuthat von Stoffen und keine Kette oder ſonſt ein Schmuck umgab den Hals — dieſes macht nur die blos anmuthigen Angeſichter noch anmuthiger — ſondern das Kleid mit einer nicht auf¬ fallenden Farbe und mit einem nicht auffallenden Schnitte ſchloß den reinen Hals, und ging an der übrigen Geſtalt hernieder. Die Mutter ſah Natalien freundlich an, da ſie ſprach, und ſagte dann: „Der Jugend iſt alles gut, der Jugend ſchlägt alles zum Gedeihen aus, ſie wird wohl auch empfinden, was ihr noth thut, wie das Alter empfindet, was es bedarf — Ruhe und Stille — und unſer Freund ſagt ja auch, man ſoll der Na¬ tur ihr Wort reden laſſen; darum magſt du gehen, wie du fühleſt, daß du es bedarfſt, Natalie, du wirſt kein Unrecht begehen, wie du es ja nie thuſt, du wirſt keine Maßregel außer Acht laſſen, die wir dir geſagt haben, und du wirſt dich in deine Gedanken nicht ſo vertiefen, daß du deinen Körper vergäßeſt.“ Stifter, Nachſommer. II. 20

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/319>, abgerufen am 22.11.2024.