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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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Obergärtner nebst vielen Gehilfen besorgt, ihre Zim¬
mer wiesen Geräthe und Stoffe von allen Hauptstäd¬
ten der Welt auf, und ihre Wägen waren das Be¬
quemste und Zierlichste, was man in dieser Art hatte.
Gemälde Bücher Zeitschriften kleine Spielereien wa¬
ren in ihren Wohnzimmern zerstreut. Sie machte
Besuche in der Umgegend, und empfing auch solche
gerne. Im Winter ist sie selten in ihrem Schlosse und
immer nur auf kurze Zeit, sie macht gerne Reisen,
und hält sich besonders oft in südlichen Gegenden
auf, von denen sie Merkwürdigkeiten zurückbringt.
Sie war die einzige Tochter und Erbin ihrer Eltern,
ein Bruder, den sie hatte, war in der zartesten Jugend
gestorben. Der Mann mit dem freundlichen Ange¬
sichte, welcher Mathilden aus dem Saale geführt
hatte, war ihr Gatte. Er war ebenfalls das einzige
Kind reicher Eltern, die Verbindung hatte sich erge¬
ben, und so waren zwei große Vermögen in eins zu¬
sammen gekommen. Er theilte nicht gerade die Lieb¬
habereien seiner Gattin, war ihnen aber auch nicht
entgegen. Er hatte keine Leidenschaften, war einfach,
machte seiner Gattin, die er sehr liebte, gerne eine
Freude, und fand in den Reisen derselben, auf denen
er sie begleitete, halb sein eigenes Vergnügen halb

Obergärtner nebſt vielen Gehilfen beſorgt, ihre Zim¬
mer wieſen Geräthe und Stoffe von allen Hauptſtäd¬
ten der Welt auf, und ihre Wägen waren das Be¬
quemſte und Zierlichſte, was man in dieſer Art hatte.
Gemälde Bücher Zeitſchriften kleine Spielereien wa¬
ren in ihren Wohnzimmern zerſtreut. Sie machte
Beſuche in der Umgegend, und empfing auch ſolche
gerne. Im Winter iſt ſie ſelten in ihrem Schloſſe und
immer nur auf kurze Zeit, ſie macht gerne Reiſen,
und hält ſich beſonders oft in ſüdlichen Gegenden
auf, von denen ſie Merkwürdigkeiten zurückbringt.
Sie war die einzige Tochter und Erbin ihrer Eltern,
ein Bruder, den ſie hatte, war in der zarteſten Jugend
geſtorben. Der Mann mit dem freundlichen Ange¬
ſichte, welcher Mathilden aus dem Saale geführt
hatte, war ihr Gatte. Er war ebenfalls das einzige
Kind reicher Eltern, die Verbindung hatte ſich erge¬
ben, und ſo waren zwei große Vermögen in eins zu¬
ſammen gekommen. Er theilte nicht gerade die Lieb¬
habereien ſeiner Gattin, war ihnen aber auch nicht
entgegen. Er hatte keine Leidenſchaften, war einfach,
machte ſeiner Gattin, die er ſehr liebte, gerne eine
Freude, und fand in den Reiſen derſelben, auf denen
er ſie begleitete, halb ſein eigenes Vergnügen halb

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[331/0345] Obergärtner nebſt vielen Gehilfen beſorgt, ihre Zim¬ mer wieſen Geräthe und Stoffe von allen Hauptſtäd¬ ten der Welt auf, und ihre Wägen waren das Be¬ quemſte und Zierlichſte, was man in dieſer Art hatte. Gemälde Bücher Zeitſchriften kleine Spielereien wa¬ ren in ihren Wohnzimmern zerſtreut. Sie machte Beſuche in der Umgegend, und empfing auch ſolche gerne. Im Winter iſt ſie ſelten in ihrem Schloſſe und immer nur auf kurze Zeit, ſie macht gerne Reiſen, und hält ſich beſonders oft in ſüdlichen Gegenden auf, von denen ſie Merkwürdigkeiten zurückbringt. Sie war die einzige Tochter und Erbin ihrer Eltern, ein Bruder, den ſie hatte, war in der zarteſten Jugend geſtorben. Der Mann mit dem freundlichen Ange¬ ſichte, welcher Mathilden aus dem Saale geführt hatte, war ihr Gatte. Er war ebenfalls das einzige Kind reicher Eltern, die Verbindung hatte ſich erge¬ ben, und ſo waren zwei große Vermögen in eins zu¬ ſammen gekommen. Er theilte nicht gerade die Lieb¬ habereien ſeiner Gattin, war ihnen aber auch nicht entgegen. Er hatte keine Leidenſchaften, war einfach, machte ſeiner Gattin, die er ſehr liebte, gerne eine Freude, und fand in den Reiſen derſelben, auf denen er ſie begleitete, halb ſein eigenes Vergnügen halb

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/345>, abgerufen am 22.11.2024.