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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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ten. Es wurden die anziehendsten Stoffe verhandelt,
und man schrak nicht zurück, wenn jemand die Fragen
der allerneuesten Weltweisheit auf die Bahn brachte.
Man legte sich die Dinge zurecht, wie man konnte,
man kleidete die eigenthümliche Redeweise der soge¬
nannten Fachmänner in die gewöhnliche Sprache, und
wendete den gewöhnlichen Verstand darauf an. Was
durch diese Mittel und durch die der Gesellschaft her¬
ausgebracht werden konnte, das besaß man, und wenn
es von der Gesellschaft als ein Gewinn betrachtet
wurde, so behielt man es als einen Gewinn. Wenn
aber nur Worte da zu sein schienen, von denen man
eine greifbare Bedeutung nicht ermitteln konnte, so
ließ man die Sache dahin gestellt sein, ohne ihr eine
Folge zu geben, und ohne über sie aburtheilen zu wol¬
len. Die Dichter und das Spanische wurden lebhaft
fortgesezt.

Wenn sehr klare Tage waren, und eine heitere
Sonne ein erhellendes Licht in den Zimmern vermit¬
telte, so war ich in dem Glashäuschen, und arbeitete
an den Abbildungen der Pfeilerverkleidungen für mei¬
nen Gastfreund. Ich wollte sie so gut machen, als es
mir nur möglich wäre, um dem Manne, dem ich so
viel verdankte, und den ich so hoch achtete, Zufrie¬

ten. Es wurden die anziehendſten Stoffe verhandelt,
und man ſchrak nicht zurück, wenn jemand die Fragen
der allerneueſten Weltweisheit auf die Bahn brachte.
Man legte ſich die Dinge zurecht, wie man konnte,
man kleidete die eigenthümliche Redeweiſe der ſoge¬
nannten Fachmänner in die gewöhnliche Sprache, und
wendete den gewöhnlichen Verſtand darauf an. Was
durch dieſe Mittel und durch die der Geſellſchaft her¬
ausgebracht werden konnte, das beſaß man, und wenn
es von der Geſellſchaft als ein Gewinn betrachtet
wurde, ſo behielt man es als einen Gewinn. Wenn
aber nur Worte da zu ſein ſchienen, von denen man
eine greifbare Bedeutung nicht ermitteln konnte, ſo
ließ man die Sache dahin geſtellt ſein, ohne ihr eine
Folge zu geben, und ohne über ſie aburtheilen zu wol¬
len. Die Dichter und das Spaniſche wurden lebhaft
fortgeſezt.

Wenn ſehr klare Tage waren, und eine heitere
Sonne ein erhellendes Licht in den Zimmern vermit¬
telte, ſo war ich in dem Glashäuschen, und arbeitete
an den Abbildungen der Pfeilerverkleidungen für mei¬
nen Gaſtfreund. Ich wollte ſie ſo gut machen, als es
mir nur möglich wäre, um dem Manne, dem ich ſo
viel verdankte, und den ich ſo hoch achtete, Zufrie¬

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[374/0388] ten. Es wurden die anziehendſten Stoffe verhandelt, und man ſchrak nicht zurück, wenn jemand die Fragen der allerneueſten Weltweisheit auf die Bahn brachte. Man legte ſich die Dinge zurecht, wie man konnte, man kleidete die eigenthümliche Redeweiſe der ſoge¬ nannten Fachmänner in die gewöhnliche Sprache, und wendete den gewöhnlichen Verſtand darauf an. Was durch dieſe Mittel und durch die der Geſellſchaft her¬ ausgebracht werden konnte, das beſaß man, und wenn es von der Geſellſchaft als ein Gewinn betrachtet wurde, ſo behielt man es als einen Gewinn. Wenn aber nur Worte da zu ſein ſchienen, von denen man eine greifbare Bedeutung nicht ermitteln konnte, ſo ließ man die Sache dahin geſtellt ſein, ohne ihr eine Folge zu geben, und ohne über ſie aburtheilen zu wol¬ len. Die Dichter und das Spaniſche wurden lebhaft fortgeſezt. Wenn ſehr klare Tage waren, und eine heitere Sonne ein erhellendes Licht in den Zimmern vermit¬ telte, ſo war ich in dem Glashäuschen, und arbeitete an den Abbildungen der Pfeilerverkleidungen für mei¬ nen Gaſtfreund. Ich wollte ſie ſo gut machen, als es mir nur möglich wäre, um dem Manne, dem ich ſo viel verdankte, und den ich ſo hoch achtete, Zufrie¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/388>, abgerufen am 22.11.2024.