Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

daß ihr indessen hier die beste Bequemlichkeit haben
könnet."

"Der Bequemlichkeit," erwiederte ich, "bin ich we¬
der gewohnt, noch schlage ich sie hoch an. Ich möchte
nur nicht eine Störung in euer jeziges einsames Haus¬
wesen bringen. Das Höchste, was mir zu Theil wer¬
den kann, habe ich empfangen, eine freundliche Auf¬
nahme."

"Wenn auch gewiß eine freundliche Aufnahme
das Höchste ist, und wenn ihr auch eine Bequemlich¬
keit nicht begehret," antwortete sie, "so ist die Freund¬
lichkeit in den Mienen bei der Aufnahme eines Gastes
nicht das Einzige, so schäzenswerth sie dort ist, son¬
dern sie muß sich auch in der That äußern, und es
muß uns erlaubt sein, unsere Pflicht, die uns lieb ist,
zu erfüllen, und dem Gaste eine so gute Wohnlichkeit
zu bereiten, als es die Umstände erlauben, er mag sie
nun benüzen oder nicht."

"Was ihr für eine Pflicht haltet, will ich nicht
bestreiten," antwortete ich, "ich will es nicht beirren,
nur wünschen muß ich, daß es mit so wenig eigener
Aufopferung als möglich verbunden ist."

"Diese wird nicht groß sein," sagte sie, "aus einige
Aufmerksamkeit in Hinsicht der Genauigkeit und Wil¬

Stifter, Nachsommer. II. 25

daß ihr indeſſen hier die beſte Bequemlichkeit haben
könnet.“

„Der Bequemlichkeit,“ erwiederte ich, „bin ich we¬
der gewohnt, noch ſchlage ich ſie hoch an. Ich möchte
nur nicht eine Störung in euer jeziges einſames Haus¬
weſen bringen. Das Höchſte, was mir zu Theil wer¬
den kann, habe ich empfangen, eine freundliche Auf¬
nahme.“

„Wenn auch gewiß eine freundliche Aufnahme
das Höchſte iſt, und wenn ihr auch eine Bequemlich¬
keit nicht begehret,“ antwortete ſie, „ſo iſt die Freund¬
lichkeit in den Mienen bei der Aufnahme eines Gaſtes
nicht das Einzige, ſo ſchäzenswerth ſie dort iſt, ſon¬
dern ſie muß ſich auch in der That äußern, und es
muß uns erlaubt ſein, unſere Pflicht, die uns lieb iſt,
zu erfüllen, und dem Gaſte eine ſo gute Wohnlichkeit
zu bereiten, als es die Umſtände erlauben, er mag ſie
nun benüzen oder nicht.“

„Was ihr für eine Pflicht haltet, will ich nicht
beſtreiten,“ antwortete ich, „ich will es nicht beirren,
nur wünſchen muß ich, daß es mit ſo wenig eigener
Aufopferung als möglich verbunden iſt.“

„Dieſe wird nicht groß ſein,“ ſagte ſie, „aus einige
Aufmerkſamkeit in Hinſicht der Genauigkeit und Wil¬

Stifter, Nachſommer. II. 25
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0399" n="385"/>
daß ihr inde&#x017F;&#x017F;en hier die be&#x017F;te Bequemlichkeit haben<lb/>
könnet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Bequemlichkeit,&#x201C; erwiederte ich, &#x201E;bin ich we¬<lb/>
der gewohnt, noch &#x017F;chlage ich &#x017F;ie hoch an. Ich möchte<lb/>
nur nicht eine Störung in euer jeziges ein&#x017F;ames Haus¬<lb/>
we&#x017F;en bringen. Das Höch&#x017F;te, was mir zu Theil wer¬<lb/>
den kann, habe ich empfangen, eine freundliche Auf¬<lb/>
nahme.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wenn auch gewiß eine freundliche Aufnahme<lb/>
das Höch&#x017F;te i&#x017F;t, und wenn ihr auch eine Bequemlich¬<lb/>
keit nicht begehret,&#x201C; antwortete &#x017F;ie, &#x201E;&#x017F;o i&#x017F;t die Freund¬<lb/>
lichkeit in den Mienen bei der Aufnahme eines Ga&#x017F;tes<lb/>
nicht das Einzige, &#x017F;o &#x017F;chäzenswerth &#x017F;ie dort i&#x017F;t, &#x017F;on¬<lb/>
dern &#x017F;ie muß &#x017F;ich auch in der That äußern, und es<lb/>
muß uns erlaubt &#x017F;ein, un&#x017F;ere Pflicht, die uns lieb i&#x017F;t,<lb/>
zu erfüllen, und dem Ga&#x017F;te eine &#x017F;o gute Wohnlichkeit<lb/>
zu bereiten, als es die Um&#x017F;tände erlauben, er mag &#x017F;ie<lb/>
nun benüzen oder nicht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was ihr für eine Pflicht haltet, will ich nicht<lb/>
be&#x017F;treiten,&#x201C; antwortete ich, &#x201E;ich will es nicht beirren,<lb/>
nur wün&#x017F;chen muß ich, daß es mit &#x017F;o wenig eigener<lb/>
Aufopferung als möglich verbunden i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die&#x017F;e wird nicht groß &#x017F;ein,&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie, &#x201E;aus einige<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit in Hin&#x017F;icht der Genauigkeit und Wil¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stifter</hi>, Nach&#x017F;ommer. <hi rendition="#aq">II</hi>. 25<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0399] daß ihr indeſſen hier die beſte Bequemlichkeit haben könnet.“ „Der Bequemlichkeit,“ erwiederte ich, „bin ich we¬ der gewohnt, noch ſchlage ich ſie hoch an. Ich möchte nur nicht eine Störung in euer jeziges einſames Haus¬ weſen bringen. Das Höchſte, was mir zu Theil wer¬ den kann, habe ich empfangen, eine freundliche Auf¬ nahme.“ „Wenn auch gewiß eine freundliche Aufnahme das Höchſte iſt, und wenn ihr auch eine Bequemlich¬ keit nicht begehret,“ antwortete ſie, „ſo iſt die Freund¬ lichkeit in den Mienen bei der Aufnahme eines Gaſtes nicht das Einzige, ſo ſchäzenswerth ſie dort iſt, ſon¬ dern ſie muß ſich auch in der That äußern, und es muß uns erlaubt ſein, unſere Pflicht, die uns lieb iſt, zu erfüllen, und dem Gaſte eine ſo gute Wohnlichkeit zu bereiten, als es die Umſtände erlauben, er mag ſie nun benüzen oder nicht.“ „Was ihr für eine Pflicht haltet, will ich nicht beſtreiten,“ antwortete ich, „ich will es nicht beirren, nur wünſchen muß ich, daß es mit ſo wenig eigener Aufopferung als möglich verbunden iſt.“ „Dieſe wird nicht groß ſein,“ ſagte ſie, „aus einige Aufmerkſamkeit in Hinſicht der Genauigkeit und Wil¬ Stifter, Nachſommer. II. 25

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/399
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/399>, abgerufen am 22.11.2024.