büschen und verspäteten Blumen einem Schatten zu, welcher sich mir auf einem Sandwege both, der mit ziemlich hohen Hecken gesäumt war. Der Sandweg führte mich zu den Linden, und von diesen ging ich durch eine Überlaubung der Eppichwand zu. Ich ging an ihr entlang, und trat in die Grotte des Brunnens. Ich war von der linken Seite der Wand gekommen, von welcher man beim Herannahen den schöneren An¬ blick der Quellnimphe hat, dafür aber das Bänkchen nicht gewahr wird, welches in der Grotte der Nimphe gegenüber angebracht ist. Als ich eingetreten war, sah ich Natalien auf dem Bänklein sizen. Sie war sehr erschrocken, und stand auf. Ich war auch er¬ schrocken; dennoch sah ich in ihr Angesicht. In dem¬ selben war ein Schwanken zwischen Roth und Blaß, und ihre Augen waren auf mich gerichtet.
Ich sagte: "Mein Fräulein, ihr werdet mir es glauben, wenn ich euch sage, daß ich von dem Laub¬ gange an der linken Seite dieser Wand gegen die Grotte gekommen bin, und euch nicht habe sehen kön¬ nen, sonst wäre ich nicht eingetreten, und hätte euch nicht gestört."
Sie antwortete nichts, und sah mich noch im¬ mer an.
büſchen und verſpäteten Blumen einem Schatten zu, welcher ſich mir auf einem Sandwege both, der mit ziemlich hohen Hecken geſäumt war. Der Sandweg führte mich zu den Linden, und von dieſen ging ich durch eine Überlaubung der Eppichwand zu. Ich ging an ihr entlang, und trat in die Grotte des Brunnens. Ich war von der linken Seite der Wand gekommen, von welcher man beim Herannahen den ſchöneren An¬ blick der Quellnimphe hat, dafür aber das Bänkchen nicht gewahr wird, welches in der Grotte der Nimphe gegenüber angebracht iſt. Als ich eingetreten war, ſah ich Natalien auf dem Bänklein ſizen. Sie war ſehr erſchrocken, und ſtand auf. Ich war auch er¬ ſchrocken; dennoch ſah ich in ihr Angeſicht. In dem¬ ſelben war ein Schwanken zwiſchen Roth und Blaß, und ihre Augen waren auf mich gerichtet.
Ich ſagte: „Mein Fräulein, ihr werdet mir es glauben, wenn ich euch ſage, daß ich von dem Laub¬ gange an der linken Seite dieſer Wand gegen die Grotte gekommen bin, und euch nicht habe ſehen kön¬ nen, ſonſt wäre ich nicht eingetreten, und hätte euch nicht geſtört.“
Sie antwortete nichts, und ſah mich noch im¬ mer an.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0407"n="393"/>
büſchen und verſpäteten Blumen einem Schatten zu,<lb/>
welcher ſich mir auf einem Sandwege both, der mit<lb/>
ziemlich hohen Hecken geſäumt war. Der Sandweg<lb/>
führte mich zu den Linden, und von dieſen ging ich<lb/>
durch eine Überlaubung der Eppichwand zu. Ich ging<lb/>
an ihr entlang, und trat in die Grotte des Brunnens.<lb/>
Ich war von der linken Seite der Wand gekommen,<lb/>
von welcher man beim Herannahen den ſchöneren An¬<lb/>
blick der Quellnimphe hat, dafür aber das Bänkchen<lb/>
nicht gewahr wird, welches in der Grotte der Nimphe<lb/>
gegenüber angebracht iſt. Als ich eingetreten war,<lb/>ſah ich Natalien auf dem Bänklein ſizen. Sie war<lb/>ſehr erſchrocken, und ſtand auf. Ich war auch er¬<lb/>ſchrocken; dennoch ſah ich in ihr Angeſicht. In dem¬<lb/>ſelben war ein Schwanken zwiſchen Roth und Blaß,<lb/>
und ihre Augen waren auf mich gerichtet.</p><lb/><p>Ich ſagte: „Mein Fräulein, ihr werdet mir es<lb/>
glauben, wenn ich euch ſage, daß ich von dem Laub¬<lb/>
gange an der linken Seite dieſer Wand gegen die<lb/>
Grotte gekommen bin, und euch nicht habe ſehen kön¬<lb/>
nen, ſonſt wäre ich nicht eingetreten, und hätte euch<lb/>
nicht geſtört.“</p><lb/><p>Sie antwortete nichts, und ſah mich noch im¬<lb/>
mer an.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[393/0407]
büſchen und verſpäteten Blumen einem Schatten zu,
welcher ſich mir auf einem Sandwege both, der mit
ziemlich hohen Hecken geſäumt war. Der Sandweg
führte mich zu den Linden, und von dieſen ging ich
durch eine Überlaubung der Eppichwand zu. Ich ging
an ihr entlang, und trat in die Grotte des Brunnens.
Ich war von der linken Seite der Wand gekommen,
von welcher man beim Herannahen den ſchöneren An¬
blick der Quellnimphe hat, dafür aber das Bänkchen
nicht gewahr wird, welches in der Grotte der Nimphe
gegenüber angebracht iſt. Als ich eingetreten war,
ſah ich Natalien auf dem Bänklein ſizen. Sie war
ſehr erſchrocken, und ſtand auf. Ich war auch er¬
ſchrocken; dennoch ſah ich in ihr Angeſicht. In dem¬
ſelben war ein Schwanken zwiſchen Roth und Blaß,
und ihre Augen waren auf mich gerichtet.
Ich ſagte: „Mein Fräulein, ihr werdet mir es
glauben, wenn ich euch ſage, daß ich von dem Laub¬
gange an der linken Seite dieſer Wand gegen die
Grotte gekommen bin, und euch nicht habe ſehen kön¬
nen, ſonſt wäre ich nicht eingetreten, und hätte euch
nicht geſtört.“
Sie antwortete nichts, und ſah mich noch im¬
mer an.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/407>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.