"Ich werde meiner Mutter folgen, und werde gleich jezt mit ihr sprechen," sagte Natalie.
"Wenn ihr es für gut haltet, so thut es," erwie¬ derte ich.
"Ja, ich thue es, mein Freund. Lebt wohl."
"Lebt wohl."
Sie zog ihren Arm aus dem meinigen, wir reichten uns die Hände, drückten sie uns, und Na¬ talie schlug den Weg zu dem Pförtchen ein.
Ich sah ihr nach, sie blickte noch einmal gegen mich um, ging dann durch das Pförtchen, und das graue Seidenkleid verschwand unter den grünen Hecken des Grundes.
Ich ging in das Haus, und begab mich in meine Wohnung.
Da lag das Buch, in welchem die Worte Homers waren, die heute die Gewalt über mein Herz verloren hatten -- es lag, wie ich es auf den Tisch gelegt hatte. Was war indessen geschehen. Die schönste Jungfrau dieser Erde hatte ich an mein Herz gedrückt. Aber was will das sagen? Das edelste wärmste herrlichste Gemüth ist mein, es ist mir in Liebe und Neigung zugethan. Wie habe ich das verdient, wie kann ich es verdienen?!
„Ich werde meiner Mutter folgen, und werde gleich jezt mit ihr ſprechen,“ ſagte Natalie.
„Wenn ihr es für gut haltet, ſo thut es,“ erwie¬ derte ich.
„Ja, ich thue es, mein Freund. Lebt wohl.“
„Lebt wohl.“
Sie zog ihren Arm aus dem meinigen, wir reichten uns die Hände, drückten ſie uns, und Na¬ talie ſchlug den Weg zu dem Pförtchen ein.
Ich ſah ihr nach, ſie blickte noch einmal gegen mich um, ging dann durch das Pförtchen, und das graue Seidenkleid verſchwand unter den grünen Hecken des Grundes.
Ich ging in das Haus, und begab mich in meine Wohnung.
Da lag das Buch, in welchem die Worte Homers waren, die heute die Gewalt über mein Herz verloren hatten — es lag, wie ich es auf den Tiſch gelegt hatte. Was war indeſſen geſchehen. Die ſchönſte Jungfrau dieſer Erde hatte ich an mein Herz gedrückt. Aber was will das ſagen? Das edelſte wärmſte herrlichſte Gemüth iſt mein, es iſt mir in Liebe und Neigung zugethan. Wie habe ich das verdient, wie kann ich es verdienen?!
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„Ich werde meiner Mutter folgen, und werde
gleich jezt mit ihr ſprechen,“ ſagte Natalie.
„Wenn ihr es für gut haltet, ſo thut es,“ erwie¬
derte ich.
„Ja, ich thue es, mein Freund. Lebt wohl.“
„Lebt wohl.“
Sie zog ihren Arm aus dem meinigen, wir
reichten uns die Hände, drückten ſie uns, und Na¬
talie ſchlug den Weg zu dem Pförtchen ein.
Ich ſah ihr nach, ſie blickte noch einmal gegen
mich um, ging dann durch das Pförtchen, und das
graue Seidenkleid verſchwand unter den grünen Hecken
des Grundes.
Ich ging in das Haus, und begab mich in meine
Wohnung.
Da lag das Buch, in welchem die Worte Homers
waren, die heute die Gewalt über mein Herz verloren
hatten — es lag, wie ich es auf den Tiſch gelegt hatte.
Was war indeſſen geſchehen. Die ſchönſte Jungfrau
dieſer Erde hatte ich an mein Herz gedrückt. Aber
was will das ſagen? Das edelſte wärmſte herrlichſte
Gemüth iſt mein, es iſt mir in Liebe und Neigung
zugethan. Wie habe ich das verdient, wie kann ich
es verdienen?!
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/433>, abgerufen am 24.11.2024.
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