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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857.

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kein See mehr ist, auf der ungeheuren Dicke der Ge¬
röllschichten der menschliche Fuß wandelt, Pflanzen
grünen, und selbst Bäume stehen. So kannte ich
manche Stellen, die einst Seegrund gewesen waren.
Der Fluß, der Vater des Sees, hatte sich in seinem
Weiterlaufe tiefer gewühlt, er hatte den Seespiegel
niederer gelegt, der Seegrund hatte sich gehoben, bis
nichts mehr war als ein Thal, an dem jezt die Ufer
als grüne Wälle in langen Strecken stehen, mit
kräftigen Kräutern blühenden Büschen und mancher
lachenden Wohnung von Menschen prangen, wäh¬
rend das, was einmal ein mächtiges Wasser gebildet
hatte, jezt als ein schmales Bändlein in glänzenden
Schlangenlinien durch die Landschaft geht.

Ich betrachtete vom See aus die Schichtungen der
Felsen. Was bei Kristallen der Blätterdurchgang ist,
das zeigt sich hier in großen Zügen. An manchen
Stellen ist die Neigung diese, an manchen ist sie eine
andere. Sind diese ungeheuern Blätter einst gestürzt
worden, sind sie erhoben worden, werden sie noch im¬
mer erhoben? Ich zeichnete manche Lagerungen in
ihren schönen Verhältnissen und in ihren Neigungen
gegen die wagrechte Fläche. Wenn ich so die Blätter
durchging, und die Gestaltungen ansah war es mir

kein See mehr iſt, auf der ungeheuren Dicke der Ge¬
röllſchichten der menſchliche Fuß wandelt, Pflanzen
grünen, und ſelbſt Bäume ſtehen. So kannte ich
manche Stellen, die einſt Seegrund geweſen waren.
Der Fluß, der Vater des Sees, hatte ſich in ſeinem
Weiterlaufe tiefer gewühlt, er hatte den Seeſpiegel
niederer gelegt, der Seegrund hatte ſich gehoben, bis
nichts mehr war als ein Thal, an dem jezt die Ufer
als grüne Wälle in langen Strecken ſtehen, mit
kräftigen Kräutern blühenden Büſchen und mancher
lachenden Wohnung von Menſchen prangen, wäh¬
rend das, was einmal ein mächtiges Waſſer gebildet
hatte, jezt als ein ſchmales Bändlein in glänzenden
Schlangenlinien durch die Landſchaft geht.

Ich betrachtete vom See aus die Schichtungen der
Felſen. Was bei Kriſtallen der Blätterdurchgang iſt,
das zeigt ſich hier in großen Zügen. An manchen
Stellen iſt die Neigung dieſe, an manchen iſt ſie eine
andere. Sind dieſe ungeheuern Blätter einſt geſtürzt
worden, ſind ſie erhoben worden, werden ſie noch im¬
mer erhoben? Ich zeichnete manche Lagerungen in
ihren ſchönen Verhältniſſen und in ihren Neigungen
gegen die wagrechte Fläche. Wenn ich ſo die Blätter
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[34/0048] kein See mehr iſt, auf der ungeheuren Dicke der Ge¬ röllſchichten der menſchliche Fuß wandelt, Pflanzen grünen, und ſelbſt Bäume ſtehen. So kannte ich manche Stellen, die einſt Seegrund geweſen waren. Der Fluß, der Vater des Sees, hatte ſich in ſeinem Weiterlaufe tiefer gewühlt, er hatte den Seeſpiegel niederer gelegt, der Seegrund hatte ſich gehoben, bis nichts mehr war als ein Thal, an dem jezt die Ufer als grüne Wälle in langen Strecken ſtehen, mit kräftigen Kräutern blühenden Büſchen und mancher lachenden Wohnung von Menſchen prangen, wäh¬ rend das, was einmal ein mächtiges Waſſer gebildet hatte, jezt als ein ſchmales Bändlein in glänzenden Schlangenlinien durch die Landſchaft geht. Ich betrachtete vom See aus die Schichtungen der Felſen. Was bei Kriſtallen der Blätterdurchgang iſt, das zeigt ſich hier in großen Zügen. An manchen Stellen iſt die Neigung dieſe, an manchen iſt ſie eine andere. Sind dieſe ungeheuern Blätter einſt geſtürzt worden, ſind ſie erhoben worden, werden ſie noch im¬ mer erhoben? Ich zeichnete manche Lagerungen in ihren ſchönen Verhältniſſen und in ihren Neigungen gegen die wagrechte Fläche. Wenn ich ſo die Blätter durchging, und die Geſtaltungen anſah war es mir

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 2. Pesth, 1857, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer02_1857/48>, abgerufen am 21.11.2024.