Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwitter zwischen einem Kunstspieler und einem Spie¬
ler des Gebirges sei. Wir richteten uns in unserem
Zimmer ein, und begannen ungefähr so zu leben, wie
wir in der Umgebung des Seehauses gelebt hatten.
Ich führte Klotilden in das Echerthal zu dem Meister,
welcher unsere Zithern verfertiget hatte. Er besaß noch
immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klo¬
tildens ganz gleich war. Er sagte, es seien zwar Käufer
von Zithern gekommen, die diese gepriesen hätten;
aber das seien Gebirgsleute gewesen, die nicht so viel
Geld haben, sich eine solche Zither kaufen zu können.
Die Andern, welche die Mittel besässen, vorzüglich
Reisende, ziehen Zithern vor, welche eine schöne Aus¬
schmückung haben, wenn sie auch theurer sind, und
lassen die stehen, deren Tugenden sie nicht zu schäzen
wissen. Er spielte ein wenig auf ihr, er spielte mit
einer großen Fertigkeit; aber in jener wilden und
weichen Weise, mit welcher mein schweifender Jägers¬
mann spielte, und welche gerade diesem Musikgeräthe
so zusagte, vermochte weder er zu spielen, noch hatte
ich jemanden so spielen gehört. Ich sagte dem alten
Manne, daß das Mädchen meine Schwester sei, und
daß sie auch eine von den drei Zithern besize, von
denen er sage, daß sie die besten seien, die er in

9 *

Zwitter zwiſchen einem Kunſtſpieler und einem Spie¬
ler des Gebirges ſei. Wir richteten uns in unſerem
Zimmer ein, und begannen ungefähr ſo zu leben, wie
wir in der Umgebung des Seehauſes gelebt hatten.
Ich führte Klotilden in das Echerthal zu dem Meiſter,
welcher unſere Zithern verfertiget hatte. Er beſaß noch
immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klo¬
tildens ganz gleich war. Er ſagte, es ſeien zwar Käufer
von Zithern gekommen, die dieſe geprieſen hätten;
aber das ſeien Gebirgsleute geweſen, die nicht ſo viel
Geld haben, ſich eine ſolche Zither kaufen zu können.
Die Andern, welche die Mittel beſäſſen, vorzüglich
Reiſende, ziehen Zithern vor, welche eine ſchöne Aus¬
ſchmückung haben, wenn ſie auch theurer ſind, und
laſſen die ſtehen, deren Tugenden ſie nicht zu ſchäzen
wiſſen. Er ſpielte ein wenig auf ihr, er ſpielte mit
einer großen Fertigkeit; aber in jener wilden und
weichen Weiſe, mit welcher mein ſchweifender Jägers¬
mann ſpielte, und welche gerade dieſem Muſikgeräthe
ſo zuſagte, vermochte weder er zu ſpielen, noch hatte
ich jemanden ſo ſpielen gehört. Ich ſagte dem alten
Manne, daß das Mädchen meine Schweſter ſei, und
daß ſie auch eine von den drei Zithern beſize, von
denen er ſage, daß ſie die beſten ſeien, die er in

9 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0145" n="131"/>
Zwitter zwi&#x017F;chen einem Kun&#x017F;t&#x017F;pieler und einem Spie¬<lb/>
ler des Gebirges &#x017F;ei. Wir richteten uns in un&#x017F;erem<lb/>
Zimmer ein, und begannen ungefähr &#x017F;o zu leben, wie<lb/>
wir in der Umgebung des Seehau&#x017F;es gelebt hatten.<lb/>
Ich führte Klotilden in das Echerthal zu dem Mei&#x017F;ter,<lb/>
welcher un&#x017F;ere Zithern verfertiget hatte. Er be&#x017F;aß noch<lb/>
immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klo¬<lb/>
tildens ganz gleich war. Er &#x017F;agte, es &#x017F;eien zwar Käufer<lb/>
von Zithern gekommen, die die&#x017F;e geprie&#x017F;en hätten;<lb/>
aber das &#x017F;eien Gebirgsleute gewe&#x017F;en, die nicht &#x017F;o viel<lb/>
Geld haben, &#x017F;ich eine &#x017F;olche Zither kaufen zu können.<lb/>
Die Andern, welche die Mittel be&#x017F;ä&#x017F;&#x017F;en, vorzüglich<lb/>
Rei&#x017F;ende, ziehen Zithern vor, welche eine &#x017F;chöne Aus¬<lb/>
&#x017F;chmückung haben, wenn &#x017F;ie auch theurer &#x017F;ind, und<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en die &#x017F;tehen, deren Tugenden &#x017F;ie nicht zu &#x017F;chäzen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en. Er &#x017F;pielte ein wenig auf ihr, er &#x017F;pielte mit<lb/>
einer großen Fertigkeit; aber in jener wilden und<lb/>
weichen Wei&#x017F;e, mit welcher mein &#x017F;chweifender Jägers¬<lb/>
mann &#x017F;pielte, und welche gerade die&#x017F;em Mu&#x017F;ikgeräthe<lb/>
&#x017F;o zu&#x017F;agte, vermochte weder er zu &#x017F;pielen, noch hatte<lb/>
ich jemanden &#x017F;o &#x017F;pielen gehört. Ich &#x017F;agte dem alten<lb/>
Manne, daß das Mädchen meine Schwe&#x017F;ter &#x017F;ei, und<lb/>
daß &#x017F;ie auch eine von den drei Zithern be&#x017F;ize, von<lb/>
denen er &#x017F;age, daß &#x017F;ie die be&#x017F;ten &#x017F;eien, die er in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">9 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0145] Zwitter zwiſchen einem Kunſtſpieler und einem Spie¬ ler des Gebirges ſei. Wir richteten uns in unſerem Zimmer ein, und begannen ungefähr ſo zu leben, wie wir in der Umgebung des Seehauſes gelebt hatten. Ich führte Klotilden in das Echerthal zu dem Meiſter, welcher unſere Zithern verfertiget hatte. Er beſaß noch immer die dritte Zither, welche mit meiner und Klo¬ tildens ganz gleich war. Er ſagte, es ſeien zwar Käufer von Zithern gekommen, die dieſe geprieſen hätten; aber das ſeien Gebirgsleute geweſen, die nicht ſo viel Geld haben, ſich eine ſolche Zither kaufen zu können. Die Andern, welche die Mittel beſäſſen, vorzüglich Reiſende, ziehen Zithern vor, welche eine ſchöne Aus¬ ſchmückung haben, wenn ſie auch theurer ſind, und laſſen die ſtehen, deren Tugenden ſie nicht zu ſchäzen wiſſen. Er ſpielte ein wenig auf ihr, er ſpielte mit einer großen Fertigkeit; aber in jener wilden und weichen Weiſe, mit welcher mein ſchweifender Jägers¬ mann ſpielte, und welche gerade dieſem Muſikgeräthe ſo zuſagte, vermochte weder er zu ſpielen, noch hatte ich jemanden ſo ſpielen gehört. Ich ſagte dem alten Manne, daß das Mädchen meine Schweſter ſei, und daß ſie auch eine von den drei Zithern beſize, von denen er ſage, daß ſie die beſten ſeien, die er in 9 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/145
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/145>, abgerufen am 21.11.2024.