Klarheit gewichen. Ich befestigte mittelst Schrauben mein Fernrohr an dem Stamme einer Eiche, und richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchsehen, und fragte sie, was sie sähe.
"Ein hohes dunkles Dach," sagte sie, "aus wel¬ chem mehrere breite und mächtige Rauchfänge empor ragen. Unter dem Dache ist ein Gemäuer von eben¬ falls dunkler Farbe, in welchem große Fenster in ge¬ mäßen Entfernungen stehen. Das Gebäude scheint ein Viereck zu sein."
"Und was siehst du weiter, Klotilde, wenn du das Rohr in die Umgebungen des Gebäudes richtest?" fragte ich.
"Bäume, die hinter dem Hause stehen, gleichsam wie ein Garten," antwortete sie. "Die Mauern des Gebäudes sind dort licht wie die unserer Häuser. Dann sehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und da ein Haus, und endlich wolkenartige Spizen, die wie das Hochgebirge sind, das wir verlassen haben."
"Es ist das Hochgebirge," antwortete ich.
"Ist das etwa -- --?" fragte sie, den Kopf von dem Fernrohre wegwendend und mich ansehend.
"Ja, Klotilde, das Gebäude ist der Sternenhof," antwortete ich.
Klarheit gewichen. Ich befeſtigte mittelſt Schrauben mein Fernrohr an dem Stamme einer Eiche, und richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchſehen, und fragte ſie, was ſie ſähe.
„Ein hohes dunkles Dach,“ ſagte ſie, „aus wel¬ chem mehrere breite und mächtige Rauchfänge empor ragen. Unter dem Dache iſt ein Gemäuer von eben¬ falls dunkler Farbe, in welchem große Fenſter in ge¬ mäßen Entfernungen ſtehen. Das Gebäude ſcheint ein Viereck zu ſein.“
„Und was ſiehſt du weiter, Klotilde, wenn du das Rohr in die Umgebungen des Gebäudes richteſt?“ fragte ich.
„Bäume, die hinter dem Hauſe ſtehen, gleichſam wie ein Garten,“ antwortete ſie. „Die Mauern des Gebäudes ſind dort licht wie die unſerer Häuſer. Dann ſehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und da ein Haus, und endlich wolkenartige Spizen, die wie das Hochgebirge ſind, das wir verlaſſen haben.“
„Es iſt das Hochgebirge,“ antwortete ich.
„Iſt das etwa — —?“ fragte ſie, den Kopf von dem Fernrohre wegwendend und mich anſehend.
„Ja, Klotilde, das Gebäude iſt der Sternenhof,“ antwortete ich.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0152"n="138"/>
Klarheit gewichen. Ich befeſtigte mittelſt Schrauben<lb/>
mein Fernrohr an dem Stamme einer Eiche, und<lb/>
richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchſehen, und<lb/>
fragte ſie, was ſie ſähe.</p><lb/><p>„Ein hohes dunkles Dach,“ſagte ſie, „aus wel¬<lb/>
chem mehrere breite und mächtige Rauchfänge empor<lb/>
ragen. Unter dem Dache iſt ein Gemäuer von eben¬<lb/>
falls dunkler Farbe, in welchem große Fenſter in ge¬<lb/>
mäßen Entfernungen ſtehen. Das Gebäude ſcheint<lb/>
ein Viereck zu ſein.“</p><lb/><p>„Und was ſiehſt du weiter, Klotilde, wenn du<lb/>
das Rohr in die Umgebungen des Gebäudes richteſt?“<lb/>
fragte ich.</p><lb/><p>„Bäume, die hinter dem Hauſe ſtehen, gleichſam<lb/>
wie ein Garten,“ antwortete ſie. „Die Mauern des<lb/>
Gebäudes ſind dort licht wie die unſerer Häuſer. Dann<lb/>ſehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und da ein<lb/>
Haus, und endlich wolkenartige Spizen, die wie das<lb/>
Hochgebirge ſind, das wir verlaſſen haben.“</p><lb/><p>„Es iſt das Hochgebirge,“ antwortete ich.</p><lb/><p>„Iſt das etwa ——?“ fragte ſie, den Kopf von<lb/>
dem Fernrohre wegwendend und mich anſehend.</p><lb/><p>„Ja, Klotilde, das Gebäude iſt der Sternenhof,“<lb/>
antwortete ich.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[138/0152]
Klarheit gewichen. Ich befeſtigte mittelſt Schrauben
mein Fernrohr an dem Stamme einer Eiche, und
richtete es. Dann hieß ich Klotilden durchſehen, und
fragte ſie, was ſie ſähe.
„Ein hohes dunkles Dach,“ ſagte ſie, „aus wel¬
chem mehrere breite und mächtige Rauchfänge empor
ragen. Unter dem Dache iſt ein Gemäuer von eben¬
falls dunkler Farbe, in welchem große Fenſter in ge¬
mäßen Entfernungen ſtehen. Das Gebäude ſcheint
ein Viereck zu ſein.“
„Und was ſiehſt du weiter, Klotilde, wenn du
das Rohr in die Umgebungen des Gebäudes richteſt?“
fragte ich.
„Bäume, die hinter dem Hauſe ſtehen, gleichſam
wie ein Garten,“ antwortete ſie. „Die Mauern des
Gebäudes ſind dort licht wie die unſerer Häuſer. Dann
ſehe ich Felder, in ihnen wieder Bäume, hie und da ein
Haus, und endlich wolkenartige Spizen, die wie das
Hochgebirge ſind, das wir verlaſſen haben.“
„Es iſt das Hochgebirge,“ antwortete ich.
„Iſt das etwa — —?“ fragte ſie, den Kopf von
dem Fernrohre wegwendend und mich anſehend.
„Ja, Klotilde, das Gebäude iſt der Sternenhof,“
antwortete ich.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/152>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.