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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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zugebracht hatte, und da der Sturm statt sich zu mil¬
dern in den Vormittagstunden nur noch heftiger ge¬
worden war, beschloß ich doch, wie es meine Gewohn¬
heit war, auf eine Zeit in das Freie zu gehen. Ich
wählte eine zweckmässige Fußbekleidung, nahm mei¬
nen Wachsmantel, der eine Wachshaube hatte, die
man über den Kopf ziehen konnte, und ging über die
gemeinschaftliche Treppe hinab. Ich schlug den Weg
durch das Gitterthor auf den Sandplaz vor dem Hause
ein. Dort konnte der Südwestwind recht an meine
Person fallen, und er trieb mir die Tropfen, welche
für einen Winterregen bedeutend groß waren, mit
Prasseln auf meinen Überwurf in das Angesicht in
die Augen und auf die Hände. Ich blieb auf dem
Plaze ein wenig stehen, und betrachtete die Rosen,
welche an der Wand des Hauses gezogen wurden.
Manche Stämmchen waren durch Stroh geschüzt, bei
manchen war stellenweise die Erde über den Wurzeln
mit einer schüzenden Decke bekleidet, andere waren
blos fest gebunden, bei allen aber sah ich, daß man
außerordentliche Schuzmittel nicht angewendet habe,
und daß alle nur gegen Verlezungen von äußerlicher
Gewalt gesichert waren. Der Schnee konnte sie über¬
hüllen, wie ich noch die Spuren sah, der Regen konnte

zugebracht hatte, und da der Sturm ſtatt ſich zu mil¬
dern in den Vormittagſtunden nur noch heftiger ge¬
worden war, beſchloß ich doch, wie es meine Gewohn¬
heit war, auf eine Zeit in das Freie zu gehen. Ich
wählte eine zweckmäſſige Fußbekleidung, nahm mei¬
nen Wachsmantel, der eine Wachshaube hatte, die
man über den Kopf ziehen konnte, und ging über die
gemeinſchaftliche Treppe hinab. Ich ſchlug den Weg
durch das Gitterthor auf den Sandplaz vor dem Hauſe
ein. Dort konnte der Südweſtwind recht an meine
Perſon fallen, und er trieb mir die Tropfen, welche
für einen Winterregen bedeutend groß waren, mit
Praſſeln auf meinen Überwurf in das Angeſicht in
die Augen und auf die Hände. Ich blieb auf dem
Plaze ein wenig ſtehen, und betrachtete die Roſen,
welche an der Wand des Hauſes gezogen wurden.
Manche Stämmchen waren durch Stroh geſchüzt, bei
manchen war ſtellenweiſe die Erde über den Wurzeln
mit einer ſchüzenden Decke bekleidet, andere waren
blos feſt gebunden, bei allen aber ſah ich, daß man
außerordentliche Schuzmittel nicht angewendet habe,
und daß alle nur gegen Verlezungen von äußerlicher
Gewalt geſichert waren. Der Schnee konnte ſie über¬
hüllen, wie ich noch die Spuren ſah, der Regen konnte

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[184/0198] zugebracht hatte, und da der Sturm ſtatt ſich zu mil¬ dern in den Vormittagſtunden nur noch heftiger ge¬ worden war, beſchloß ich doch, wie es meine Gewohn¬ heit war, auf eine Zeit in das Freie zu gehen. Ich wählte eine zweckmäſſige Fußbekleidung, nahm mei¬ nen Wachsmantel, der eine Wachshaube hatte, die man über den Kopf ziehen konnte, und ging über die gemeinſchaftliche Treppe hinab. Ich ſchlug den Weg durch das Gitterthor auf den Sandplaz vor dem Hauſe ein. Dort konnte der Südweſtwind recht an meine Perſon fallen, und er trieb mir die Tropfen, welche für einen Winterregen bedeutend groß waren, mit Praſſeln auf meinen Überwurf in das Angeſicht in die Augen und auf die Hände. Ich blieb auf dem Plaze ein wenig ſtehen, und betrachtete die Roſen, welche an der Wand des Hauſes gezogen wurden. Manche Stämmchen waren durch Stroh geſchüzt, bei manchen war ſtellenweiſe die Erde über den Wurzeln mit einer ſchüzenden Decke bekleidet, andere waren blos feſt gebunden, bei allen aber ſah ich, daß man außerordentliche Schuzmittel nicht angewendet habe, und daß alle nur gegen Verlezungen von äußerlicher Gewalt geſichert waren. Der Schnee konnte ſie über¬ hüllen, wie ich noch die Spuren ſah, der Regen konnte

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/198>, abgerufen am 21.11.2024.