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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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ich, daß ihr nicht für nöthig hieltet, mir euren Namen
zu sagen, und daraus zog ich für mich die Maßregel,
daß ich euch nicht fragen dürfe, und wenn ich euch
nicht fragen durfte, durfte ich es auch einen andern
nicht."

"Man nennt mich hier in der ganzen Gegend den
Asperherrn," antwortete er, "weil es bei uns gebräuch¬
lich ist, den Besizer eines Gutes nach dem Gute, nicht
nach seiner Familie zu benennen. Jener Name
erbt in Hinsicht aller Besizer bei dem Volke fort, die¬
ser ändert sich bei einer Änderung des Besizstan¬
des, und da müßte das Volk stets wieder einen neuen
Namen erlernen, wozu es viel zu beharrend ist. Einige
Landleute nennen mich auch den Aspermeier, wie mein
Vorgänger geheißen hat."

"Ich habe einmal zufällig euren richtigen Namen
nennen gehört," sagte ich.

"Ihr werdet dann auch wissen, daß ich in Staats¬
diensten gestanden bin," erwiederte er.

"Ich weiß es," sagte ich.

"Ich war für dieselben nicht geeignet," antwor¬
tete er.

"Dann sagt ihr etwas, dem alle Leute, die ich
bisher über euch gehört habe, widersprechen. Sie

ich, daß ihr nicht für nöthig hieltet, mir euren Namen
zu ſagen, und daraus zog ich für mich die Maßregel,
daß ich euch nicht fragen dürfe, und wenn ich euch
nicht fragen durfte, durfte ich es auch einen andern
nicht.“

„Man nennt mich hier in der ganzen Gegend den
Asperherrn,“ antwortete er, „weil es bei uns gebräuch¬
lich iſt, den Beſizer eines Gutes nach dem Gute, nicht
nach ſeiner Familie zu benennen. Jener Name
erbt in Hinſicht aller Beſizer bei dem Volke fort, die¬
ſer ändert ſich bei einer Änderung des Beſizſtan¬
des, und da müßte das Volk ſtets wieder einen neuen
Namen erlernen, wozu es viel zu beharrend iſt. Einige
Landleute nennen mich auch den Aspermeier, wie mein
Vorgänger geheißen hat.“

„Ich habe einmal zufällig euren richtigen Namen
nennen gehört,“ ſagte ich.

„Ihr werdet dann auch wiſſen, daß ich in Staats¬
dienſten geſtanden bin,“ erwiederte er.

„Ich weiß es,“ ſagte ich.

„Ich war für dieſelben nicht geeignet,“ antwor¬
tete er.

„Dann ſagt ihr etwas, dem alle Leute, die ich
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[207/0221] ich, daß ihr nicht für nöthig hieltet, mir euren Namen zu ſagen, und daraus zog ich für mich die Maßregel, daß ich euch nicht fragen dürfe, und wenn ich euch nicht fragen durfte, durfte ich es auch einen andern nicht.“ „Man nennt mich hier in der ganzen Gegend den Asperherrn,“ antwortete er, „weil es bei uns gebräuch¬ lich iſt, den Beſizer eines Gutes nach dem Gute, nicht nach ſeiner Familie zu benennen. Jener Name erbt in Hinſicht aller Beſizer bei dem Volke fort, die¬ ſer ändert ſich bei einer Änderung des Beſizſtan¬ des, und da müßte das Volk ſtets wieder einen neuen Namen erlernen, wozu es viel zu beharrend iſt. Einige Landleute nennen mich auch den Aspermeier, wie mein Vorgänger geheißen hat.“ „Ich habe einmal zufällig euren richtigen Namen nennen gehört,“ ſagte ich. „Ihr werdet dann auch wiſſen, daß ich in Staats¬ dienſten geſtanden bin,“ erwiederte er. „Ich weiß es,“ ſagte ich. „Ich war für dieſelben nicht geeignet,“ antwor¬ tete er. „Dann ſagt ihr etwas, dem alle Leute, die ich bisher über euch gehört habe, widerſprechen. Sie

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/221>, abgerufen am 24.11.2024.