dieser Jahreszeit vor sich gehen mußte; wir waren auch einmal im Inghofe gewesen, und hatten die dortigen Gewächshäuser besehen. Der Hausverwalter und der Gärtner hatten uns bereitwillig und freund¬ lich herum geführt. Der Herr des Besizthums war mit seiner Familie in der Stadt.
Eines Tages kam mein Gastfreund in meine Woh¬ nung, was er öfter that, theils um mich zu besuchen, theils um nach zu sehen, ob es mir nicht an etwas Nothwendigem gebreche. Nachdem das Gespräch über verschiedene Dinge eine Weile gedauert hatte, sagte er: "Ihr werdet wohl wissen, daß ich der Freiherr von Risach bin."
"Lange wußte ich es nicht," antwortete ich, "jezt weiß ich es schon eine geraume Zeit."
"Habt ihr nie gefragt?"
"Ich habe nach der ersten Nacht, die ich in eurem Hause zugebracht habe, einen Bauersmann gefragt, welcher mir die Antwort gab, ihr seied der Asper¬ meier. An demselben Tage forschte ich auch in weite¬ rer Entfernung, ohne etwas Genaues zu erfahren. Später habe ich nie mehr gefragt."
"Und warum habt ihr denn nie gefragt?"
"Ihr habt euch mir nicht genannt; daraus schloß
dieſer Jahreszeit vor ſich gehen mußte; wir waren auch einmal im Inghofe geweſen, und hatten die dortigen Gewächshäuſer beſehen. Der Hausverwalter und der Gärtner hatten uns bereitwillig und freund¬ lich herum geführt. Der Herr des Beſizthums war mit ſeiner Familie in der Stadt.
Eines Tages kam mein Gaſtfreund in meine Woh¬ nung, was er öfter that, theils um mich zu beſuchen, theils um nach zu ſehen, ob es mir nicht an etwas Nothwendigem gebreche. Nachdem das Geſpräch über verſchiedene Dinge eine Weile gedauert hatte, ſagte er: „Ihr werdet wohl wiſſen, daß ich der Freiherr von Riſach bin.“
„Lange wußte ich es nicht,“ antwortete ich, „jezt weiß ich es ſchon eine geraume Zeit.“
„Habt ihr nie gefragt?“
„Ich habe nach der erſten Nacht, die ich in eurem Hauſe zugebracht habe, einen Bauersmann gefragt, welcher mir die Antwort gab, ihr ſeied der Asper¬ meier. An demſelben Tage forſchte ich auch in weite¬ rer Entfernung, ohne etwas Genaues zu erfahren. Später habe ich nie mehr gefragt.“
„Und warum habt ihr denn nie gefragt?“
„Ihr habt euch mir nicht genannt; daraus ſchloß
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dieſer Jahreszeit vor ſich gehen mußte; wir waren
auch einmal im Inghofe geweſen, und hatten die
dortigen Gewächshäuſer beſehen. Der Hausverwalter
und der Gärtner hatten uns bereitwillig und freund¬
lich herum geführt. Der Herr des Beſizthums war
mit ſeiner Familie in der Stadt.
Eines Tages kam mein Gaſtfreund in meine Woh¬
nung, was er öfter that, theils um mich zu beſuchen,
theils um nach zu ſehen, ob es mir nicht an etwas
Nothwendigem gebreche. Nachdem das Geſpräch über
verſchiedene Dinge eine Weile gedauert hatte, ſagte
er: „Ihr werdet wohl wiſſen, daß ich der Freiherr
von Riſach bin.“
„Lange wußte ich es nicht,“ antwortete ich, „jezt
weiß ich es ſchon eine geraume Zeit.“
„Habt ihr nie gefragt?“
„Ich habe nach der erſten Nacht, die ich in eurem
Hauſe zugebracht habe, einen Bauersmann gefragt,
welcher mir die Antwort gab, ihr ſeied der Asper¬
meier. An demſelben Tage forſchte ich auch in weite¬
rer Entfernung, ohne etwas Genaues zu erfahren.
Später habe ich nie mehr gefragt.“
„Und warum habt ihr denn nie gefragt?“
„Ihr habt euch mir nicht genannt; daraus ſchloß
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/220>, abgerufen am 24.11.2024.
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