wechslung. Mitternachtwärts von dem Schlosse führt er durch Wiesen und Felder an Gebüschen hin, steigt dann zu einem Walde hinan, in welchen er eine Strecke eindringt. Südwärts geht er durch Felder, hat dort besonders schöne Apfelbäume an seinen Sei¬ ten, wölbt sich sanft über einen Ackerrücken und ge¬ währt von ihm eine schöne Aussicht in die Gebirge.
Ich schlug die Richtung nach Süden ein, wie ich überhaupt sehr gerne bei dem Beginne eines Spazier¬ ganges so gehe, daß ich leicht nach Mittag sehe, das Licht vor mir habe, und in den schöneren Glanz und die lieblichere Färbung der Wolken blicken kann. Der Himmel war wie gestern ganz heiter, die Sonne stand in seinem östlichen Theile, und begann die Tropfen, welche an allen Gräsern und an dem Laube der Bäume hingen, aufzusaugen. Die Morgenkühle war noch nicht vergangen, obwohl der Einfluß der Sonne immer mehr und mehr bemerkbar wurde. Ich sah mit neuen Augen auf alle Dinge um mich, es schien, als hätten sie sich verjüngt, und als müßte ich mich wieder allmählich an ihren Anblick gewöhnen. Ich kam auf die Anhöhe, und sah aus den langen Zug der Gebirge. Die blauen Spizen blickten auf mich herüber, und die vie¬ len Schneefelder zeigten mir ihren feinen Glanz. Ich
wechslung. Mitternachtwärts von dem Schloſſe führt er durch Wieſen und Felder an Gebüſchen hin, ſteigt dann zu einem Walde hinan, in welchen er eine Strecke eindringt. Südwärts geht er durch Felder, hat dort beſonders ſchöne Apfelbäume an ſeinen Sei¬ ten, wölbt ſich ſanft über einen Ackerrücken und ge¬ währt von ihm eine ſchöne Ausſicht in die Gebirge.
Ich ſchlug die Richtung nach Süden ein, wie ich überhaupt ſehr gerne bei dem Beginne eines Spazier¬ ganges ſo gehe, daß ich leicht nach Mittag ſehe, das Licht vor mir habe, und in den ſchöneren Glanz und die lieblichere Färbung der Wolken blicken kann. Der Himmel war wie geſtern ganz heiter, die Sonne ſtand in ſeinem öſtlichen Theile, und begann die Tropfen, welche an allen Gräſern und an dem Laube der Bäume hingen, aufzuſaugen. Die Morgenkühle war noch nicht vergangen, obwohl der Einfluß der Sonne immer mehr und mehr bemerkbar wurde. Ich ſah mit neuen Augen auf alle Dinge um mich, es ſchien, als hätten ſie ſich verjüngt, und als müßte ich mich wieder allmählich an ihren Anblick gewöhnen. Ich kam auf die Anhöhe, und ſah aus den langen Zug der Gebirge. Die blauen Spizen blickten auf mich herüber, und die vie¬ len Schneefelder zeigten mir ihren feinen Glanz. Ich
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wechslung. Mitternachtwärts von dem Schloſſe führt
er durch Wieſen und Felder an Gebüſchen hin, ſteigt
dann zu einem Walde hinan, in welchen er eine
Strecke eindringt. Südwärts geht er durch Felder,
hat dort beſonders ſchöne Apfelbäume an ſeinen Sei¬
ten, wölbt ſich ſanft über einen Ackerrücken und ge¬
währt von ihm eine ſchöne Ausſicht in die Gebirge.
Ich ſchlug die Richtung nach Süden ein, wie ich
überhaupt ſehr gerne bei dem Beginne eines Spazier¬
ganges ſo gehe, daß ich leicht nach Mittag ſehe, das
Licht vor mir habe, und in den ſchöneren Glanz und
die lieblichere Färbung der Wolken blicken kann. Der
Himmel war wie geſtern ganz heiter, die Sonne ſtand
in ſeinem öſtlichen Theile, und begann die Tropfen,
welche an allen Gräſern und an dem Laube der
Bäume hingen, aufzuſaugen. Die Morgenkühle war
noch nicht vergangen, obwohl der Einfluß der Sonne
immer mehr und mehr bemerkbar wurde. Ich ſah mit
neuen Augen auf alle Dinge um mich, es ſchien, als
hätten ſie ſich verjüngt, und als müßte ich mich wieder
allmählich an ihren Anblick gewöhnen. Ich kam auf die
Anhöhe, und ſah aus den langen Zug der Gebirge. Die
blauen Spizen blickten auf mich herüber, und die vie¬
len Schneefelder zeigten mir ihren feinen Glanz. Ich
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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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