Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.Mathilde doch theilnahmloser als je. Sie hielt sich "Der späte Herbst war endlich dem Beginne des Mathilde doch theilnahmloſer als je. Sie hielt ſich „Der ſpäte Herbſt war endlich dem Beginne des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0314" n="300"/> Mathilde doch theilnahmloſer als je. Sie hielt ſich<lb/> ferne, wie eine, die nicht hieher gehört. Auch in ihrem<lb/> körperlichen Weſen war in dieſer kurzen Zeit eine große<lb/> Veränderung vorgegangen. Sie war ſtärker gewor¬<lb/> den, ihre Wangen waren purpurner ihre Augen glän¬<lb/> zender geworden. Alfred liebte mich ſehr. Neben<lb/> ſeinen Eltern und ſeiner Schweſter liebte er vielleicht<lb/> nichts ſo ſehr als mich, und ich vergalt es ihm mit<lb/> ganzer Seele.“</p><lb/> <p>„Der ſpäte Herbſt war endlich dem Beginne des<lb/> Winters gewichen. Wie wir ſehr früh von der Stadt<lb/> auf das Land gingen, ſo blieben wir auch ſehr tief in<lb/> die ſinkende Jahreszeit hinein auf demſelben. Alfreds<lb/> Erwartung war in Erfüllung gegangen. Das Obſt<lb/> und die Trauben waren abgenommen worden. Auf<lb/> den Zweigen der Bäume war kein Blatt mehr, und<lb/> der Nebel und der Froſt zogen ſich durch die Gründe<lb/> des Thales. Da gingen wir in die Stadt. Dort war<lb/> Mathilde enger umgrenzt. Lehrer Erziehungsſtunden<lb/> Unterricht Arbeiten drängten ſich an ſie heran. Ihr<lb/> ganzes Weſen aber war begeiſterter und getragener,<lb/> und ich erſchien mir reich, um vieles reicher als die<lb/> Beſizer all der Häuſer der Palläſte und des Glanzes<lb/> der ungeheuren Stadt. Wir konnten uns nur ſeltener<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [300/0314]
Mathilde doch theilnahmloſer als je. Sie hielt ſich
ferne, wie eine, die nicht hieher gehört. Auch in ihrem
körperlichen Weſen war in dieſer kurzen Zeit eine große
Veränderung vorgegangen. Sie war ſtärker gewor¬
den, ihre Wangen waren purpurner ihre Augen glän¬
zender geworden. Alfred liebte mich ſehr. Neben
ſeinen Eltern und ſeiner Schweſter liebte er vielleicht
nichts ſo ſehr als mich, und ich vergalt es ihm mit
ganzer Seele.“
„Der ſpäte Herbſt war endlich dem Beginne des
Winters gewichen. Wie wir ſehr früh von der Stadt
auf das Land gingen, ſo blieben wir auch ſehr tief in
die ſinkende Jahreszeit hinein auf demſelben. Alfreds
Erwartung war in Erfüllung gegangen. Das Obſt
und die Trauben waren abgenommen worden. Auf
den Zweigen der Bäume war kein Blatt mehr, und
der Nebel und der Froſt zogen ſich durch die Gründe
des Thales. Da gingen wir in die Stadt. Dort war
Mathilde enger umgrenzt. Lehrer Erziehungsſtunden
Unterricht Arbeiten drängten ſich an ſie heran. Ihr
ganzes Weſen aber war begeiſterter und getragener,
und ich erſchien mir reich, um vieles reicher als die
Beſizer all der Häuſer der Palläſte und des Glanzes
der ungeheuren Stadt. Wir konnten uns nur ſeltener
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