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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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stern zusammengestellt, welche von unserer Vergan¬
genheit redeten, die so kurz und doch so lang war.
Wenn wir durch den Garten gingen, wenn Alfred
um einen Busch bog, wenn er in dem Gange des
Weinlaubes vor uns lief, wenn er früher aus dem
Haselgebüsche war als wir, wenn er uns in dem In¬
nern des Gartenhauses allein ließ, konnten wir uns
mit den Fingern berühren, konnten uns die Hand
reichen, oder konnten gar Herz an Herz fliegen, uns
einen Augenblick halten, die heißen Lippen an einan¬
der drücken, und die Worte stammeln: ""Mathilde,
dein auf immer und auf ewig, nur dein allein, und
nur dein nur dein allein!""

""O ewig dein, ewig, ewig, Gustav, dein, nur
dein, und nur dein allein.""

"Diese Augenblicke waren die allerglückseligsten."

"So war der tiefe Herbst gekommen. Wir hatten
in dem Reste des Sommers ein Äußeres nicht ver¬
mißt. Mathilde und Alfred hatten immer weniger
verlangt, in die Nachbarschaft zu fahren, und so war
es gekommen, daß auch die Eltern weniger fuhren,
und daß auch Fremde weniger zu uns kamen. Wenn
sie aber da waren, wenn auch Alfred an den Spielen
und Ergözungen der Kinder Theil nahm, so war

ſtern zuſammengeſtellt, welche von unſerer Vergan¬
genheit redeten, die ſo kurz und doch ſo lang war.
Wenn wir durch den Garten gingen, wenn Alfred
um einen Buſch bog, wenn er in dem Gange des
Weinlaubes vor uns lief, wenn er früher aus dem
Haſelgebüſche war als wir, wenn er uns in dem In¬
nern des Gartenhauſes allein ließ, konnten wir uns
mit den Fingern berühren, konnten uns die Hand
reichen, oder konnten gar Herz an Herz fliegen, uns
einen Augenblick halten, die heißen Lippen an einan¬
der drücken, und die Worte ſtammeln: „„Mathilde,
dein auf immer und auf ewig, nur dein allein, und
nur dein nur dein allein!““

„„O ewig dein, ewig, ewig, Guſtav, dein, nur
dein, und nur dein allein.““

„Dieſe Augenblicke waren die allerglückſeligſten.“

„So war der tiefe Herbſt gekommen. Wir hatten
in dem Reſte des Sommers ein Äußeres nicht ver¬
mißt. Mathilde und Alfred hatten immer weniger
verlangt, in die Nachbarſchaft zu fahren, und ſo war
es gekommen, daß auch die Eltern weniger fuhren,
und daß auch Fremde weniger zu uns kamen. Wenn
ſie aber da waren, wenn auch Alfred an den Spielen
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[299/0313] ſtern zuſammengeſtellt, welche von unſerer Vergan¬ genheit redeten, die ſo kurz und doch ſo lang war. Wenn wir durch den Garten gingen, wenn Alfred um einen Buſch bog, wenn er in dem Gange des Weinlaubes vor uns lief, wenn er früher aus dem Haſelgebüſche war als wir, wenn er uns in dem In¬ nern des Gartenhauſes allein ließ, konnten wir uns mit den Fingern berühren, konnten uns die Hand reichen, oder konnten gar Herz an Herz fliegen, uns einen Augenblick halten, die heißen Lippen an einan¬ der drücken, und die Worte ſtammeln: „„Mathilde, dein auf immer und auf ewig, nur dein allein, und nur dein nur dein allein!““ „„O ewig dein, ewig, ewig, Guſtav, dein, nur dein, und nur dein allein.““ „Dieſe Augenblicke waren die allerglückſeligſten.“ „So war der tiefe Herbſt gekommen. Wir hatten in dem Reſte des Sommers ein Äußeres nicht ver¬ mißt. Mathilde und Alfred hatten immer weniger verlangt, in die Nachbarſchaft zu fahren, und ſo war es gekommen, daß auch die Eltern weniger fuhren, und daß auch Fremde weniger zu uns kamen. Wenn ſie aber da waren, wenn auch Alfred an den Spielen und Ergözungen der Kinder Theil nahm, ſo war

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/313>, abgerufen am 22.11.2024.