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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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die späten Blumen der Herbstwiese die Früchte der
Ruf der Vögel die Worte eines Buches der Klang
der Saiten selbst das Schweigen waren unsere Boten.
Und je tiefer sich das Gefühl verbergen mußte, desto
gewaltiger war es, desto drängender loderte es in dem
Innern. Auf Spaziergänge gingen wir drei Mathilde
Alfred und ich jezt weniger als sonst, es war, als
scheuten wir uns vor der Anregung. Die Mutter
reichte oft den Sommerhut, und munterte auf. Das
war dann ein großes ein namenloses Glück. Die
ganze Welt schwamm vor den Blicken, wir gin¬
gen Seite an Seite, unsere Seelen waren verbun¬
den, der Himmel die Wolken die Berge lächelten
uns an, unsere Worte konnten wir hören, und wenn
wir nicht sprachen, so konnten wir unsere Tritte ver¬
nehmen, und wenn auch das nicht war, oder wenn
wir stille standen, so wußten wir, daß wir uns be¬
saßen, der Besiz war ein unermeßlicher, und wenn
wir nach Hause kamen, war es, als sei er noch um
ein Unsägliches vermehrt worden. Wenn wir in dem
Hause waren, so wurde ein Buch gereicht, in dem
unsere Gefühle standen, und das Andere erkannte
die Gefühle, oder es wurden sprechende Musiktöne
hervorgesucht, oder es wurden Blumen in den Fen¬

die ſpäten Blumen der Herbſtwieſe die Früchte der
Ruf der Vögel die Worte eines Buches der Klang
der Saiten ſelbſt das Schweigen waren unſere Boten.
Und je tiefer ſich das Gefühl verbergen mußte, deſto
gewaltiger war es, deſto drängender loderte es in dem
Innern. Auf Spaziergänge gingen wir drei Mathilde
Alfred und ich jezt weniger als ſonſt, es war, als
ſcheuten wir uns vor der Anregung. Die Mutter
reichte oft den Sommerhut, und munterte auf. Das
war dann ein großes ein namenloſes Glück. Die
ganze Welt ſchwamm vor den Blicken, wir gin¬
gen Seite an Seite, unſere Seelen waren verbun¬
den, der Himmel die Wolken die Berge lächelten
uns an, unſere Worte konnten wir hören, und wenn
wir nicht ſprachen, ſo konnten wir unſere Tritte ver¬
nehmen, und wenn auch das nicht war, oder wenn
wir ſtille ſtanden, ſo wußten wir, daß wir uns be¬
ſaßen, der Beſiz war ein unermeßlicher, und wenn
wir nach Hauſe kamen, war es, als ſei er noch um
ein Unſägliches vermehrt worden. Wenn wir in dem
Hauſe waren, ſo wurde ein Buch gereicht, in dem
unſere Gefühle ſtanden, und das Andere erkannte
die Gefühle, oder es wurden ſprechende Muſiktöne
hervorgeſucht, oder es wurden Blumen in den Fen¬

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[298/0312] die ſpäten Blumen der Herbſtwieſe die Früchte der Ruf der Vögel die Worte eines Buches der Klang der Saiten ſelbſt das Schweigen waren unſere Boten. Und je tiefer ſich das Gefühl verbergen mußte, deſto gewaltiger war es, deſto drängender loderte es in dem Innern. Auf Spaziergänge gingen wir drei Mathilde Alfred und ich jezt weniger als ſonſt, es war, als ſcheuten wir uns vor der Anregung. Die Mutter reichte oft den Sommerhut, und munterte auf. Das war dann ein großes ein namenloſes Glück. Die ganze Welt ſchwamm vor den Blicken, wir gin¬ gen Seite an Seite, unſere Seelen waren verbun¬ den, der Himmel die Wolken die Berge lächelten uns an, unſere Worte konnten wir hören, und wenn wir nicht ſprachen, ſo konnten wir unſere Tritte ver¬ nehmen, und wenn auch das nicht war, oder wenn wir ſtille ſtanden, ſo wußten wir, daß wir uns be¬ ſaßen, der Beſiz war ein unermeßlicher, und wenn wir nach Hauſe kamen, war es, als ſei er noch um ein Unſägliches vermehrt worden. Wenn wir in dem Hauſe waren, ſo wurde ein Buch gereicht, in dem unſere Gefühle ſtanden, und das Andere erkannte die Gefühle, oder es wurden ſprechende Muſiktöne hervorgeſucht, oder es wurden Blumen in den Fen¬

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/312>, abgerufen am 22.11.2024.