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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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rer, als es die dieser zwei Menschen zu sein schienen.
Mathildens Glauben an mich war erschüttert. Da ich
meine Absicht, morgen abreisen zu wollen, erklärt
hatte, und man nichts mehr dagegen einwendete,
was man Anfangs that, rief ich Alfred, und sagte
ihm, daß ich nicht etwa eine größere Reise vor habe,
wie er glauben mochte, sondern daß ich auf lange
vielleicht auf immer dieses Haus verlasse. Es seien
Umstände eingetreten, die dies nothwendig machten.
Er fiel mir mit Schluchzen um den Hals, ich konnte
ihn gar nicht besänftigen, ja ich weinte beinahe selber
laut. Er wurde später zu beiden Eltern, die in der
Schreibstube des Vaters waren, geholt, damit sie ihn
beruhigten. Sein Schlafzimmer war heute unter der
Aufsicht eines Dieners ein anderes. Als er in das¬
selbe gebracht worden war, ging ich zu den Eltern,
und sagte ihnen den Dank für alles Gute, das ich in
ihrem Hause genossen habe. Sie dankten mir auch,
und ließen mich Hoffnungen erblicken. Es ward ver¬
abredet, daß ich mit den Pferden des Hauses auf die
nächste Post gebracht werden solle. Mathilde erschien
nicht zum Abendessen."

"Am nächsten Morgen wurde der Wagen bepackt.
Ich machte mich reisefertig. Es war mir erlaubt

rer, als es die dieſer zwei Menſchen zu ſein ſchienen.
Mathildens Glauben an mich war erſchüttert. Da ich
meine Abſicht, morgen abreiſen zu wollen, erklärt
hatte, und man nichts mehr dagegen einwendete,
was man Anfangs that, rief ich Alfred, und ſagte
ihm, daß ich nicht etwa eine größere Reiſe vor habe,
wie er glauben mochte, ſondern daß ich auf lange
vielleicht auf immer dieſes Haus verlaſſe. Es ſeien
Umſtände eingetreten, die dies nothwendig machten.
Er fiel mir mit Schluchzen um den Hals, ich konnte
ihn gar nicht beſänftigen, ja ich weinte beinahe ſelber
laut. Er wurde ſpäter zu beiden Eltern, die in der
Schreibſtube des Vaters waren, geholt, damit ſie ihn
beruhigten. Sein Schlafzimmer war heute unter der
Aufſicht eines Dieners ein anderes. Als er in das¬
ſelbe gebracht worden war, ging ich zu den Eltern,
und ſagte ihnen den Dank für alles Gute, das ich in
ihrem Hauſe genoſſen habe. Sie dankten mir auch,
und ließen mich Hoffnungen erblicken. Es ward ver¬
abredet, daß ich mit den Pferden des Hauſes auf die
nächſte Poſt gebracht werden ſolle. Mathilde erſchien
nicht zum Abendeſſen.“

„Am nächſten Morgen wurde der Wagen bepackt.
Ich machte mich reiſefertig. Es war mir erlaubt

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[327/0341] rer, als es die dieſer zwei Menſchen zu ſein ſchienen. Mathildens Glauben an mich war erſchüttert. Da ich meine Abſicht, morgen abreiſen zu wollen, erklärt hatte, und man nichts mehr dagegen einwendete, was man Anfangs that, rief ich Alfred, und ſagte ihm, daß ich nicht etwa eine größere Reiſe vor habe, wie er glauben mochte, ſondern daß ich auf lange vielleicht auf immer dieſes Haus verlaſſe. Es ſeien Umſtände eingetreten, die dies nothwendig machten. Er fiel mir mit Schluchzen um den Hals, ich konnte ihn gar nicht beſänftigen, ja ich weinte beinahe ſelber laut. Er wurde ſpäter zu beiden Eltern, die in der Schreibſtube des Vaters waren, geholt, damit ſie ihn beruhigten. Sein Schlafzimmer war heute unter der Aufſicht eines Dieners ein anderes. Als er in das¬ ſelbe gebracht worden war, ging ich zu den Eltern, und ſagte ihnen den Dank für alles Gute, das ich in ihrem Hauſe genoſſen habe. Sie dankten mir auch, und ließen mich Hoffnungen erblicken. Es ward ver¬ abredet, daß ich mit den Pferden des Hauſes auf die nächſte Poſt gebracht werden ſolle. Mathilde erſchien nicht zum Abendeſſen.“ „Am nächſten Morgen wurde der Wagen bepackt. Ich machte mich reiſefertig. Es war mir erlaubt

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/341>, abgerufen am 22.11.2024.