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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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euch in diesem leztern an einem mit einem alterthüm¬
lichen Teppiche behängten Tischchen die Hand auf ein
Buch gestüzt stehen."

"Ich dachte an mein neues Schicksal," sagte sie.

"Ich wußte es, ich wußte es," antwortete ich, "und
mögen die himmlischen Mächte es so günstig gestal¬
ten, als es der Wille derer ist, die euch wohlwollen."

Ich reichte ihr beide Hände, sie faßte sie, und wir
drückten uns dieselben.

Darauf ging sie in das Pförtchen ein, und über
die Treppe empor.

Ich wartete noch ein wenig.

Da sie oben war, und die Thür hinter sich ge¬
schlossen hatte, stieg ich auch die Treppe empor.

Das ganze Wesen Nataliens schien mir an diesem
Morgen glänzender, als es die ganze Zeit her gewe¬
sen war, und ich ging mit einem tief tief geschwellten
Herzen in mein Zimmer.

Dort kleidete ich mich in so weit um, als es
nöthig war, die Spuren des Morgenspazierganges
zu beseitigen, und anständig zu erscheinen, dann ging
ich, da die Stunde des Frühmahles schon heran nahte,
in das Speisezimmer.

Ich war in demselben allein. Der Tisch war schon

euch in dieſem leztern an einem mit einem alterthüm¬
lichen Teppiche behängten Tiſchchen die Hand auf ein
Buch geſtüzt ſtehen.“

„Ich dachte an mein neues Schickſal,“ ſagte ſie.

„Ich wußte es, ich wußte es,“ antwortete ich, „und
mögen die himmliſchen Mächte es ſo günſtig geſtal¬
ten, als es der Wille derer iſt, die euch wohlwollen.“

Ich reichte ihr beide Hände, ſie faßte ſie, und wir
drückten uns dieſelben.

Darauf ging ſie in das Pförtchen ein, und über
die Treppe empor.

Ich wartete noch ein wenig.

Da ſie oben war, und die Thür hinter ſich ge¬
ſchloſſen hatte, ſtieg ich auch die Treppe empor.

Das ganze Weſen Nataliens ſchien mir an dieſem
Morgen glänzender, als es die ganze Zeit her gewe¬
ſen war, und ich ging mit einem tief tief geſchwellten
Herzen in mein Zimmer.

Dort kleidete ich mich in ſo weit um, als es
nöthig war, die Spuren des Morgenſpazierganges
zu beſeitigen, und anſtändig zu erſcheinen, dann ging
ich, da die Stunde des Frühmahles ſchon heran nahte,
in das Speiſezimmer.

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[27/0041] euch in dieſem leztern an einem mit einem alterthüm¬ lichen Teppiche behängten Tiſchchen die Hand auf ein Buch geſtüzt ſtehen.“ „Ich dachte an mein neues Schickſal,“ ſagte ſie. „Ich wußte es, ich wußte es,“ antwortete ich, „und mögen die himmliſchen Mächte es ſo günſtig geſtal¬ ten, als es der Wille derer iſt, die euch wohlwollen.“ Ich reichte ihr beide Hände, ſie faßte ſie, und wir drückten uns dieſelben. Darauf ging ſie in das Pförtchen ein, und über die Treppe empor. Ich wartete noch ein wenig. Da ſie oben war, und die Thür hinter ſich ge¬ ſchloſſen hatte, ſtieg ich auch die Treppe empor. Das ganze Weſen Nataliens ſchien mir an dieſem Morgen glänzender, als es die ganze Zeit her gewe¬ ſen war, und ich ging mit einem tief tief geſchwellten Herzen in mein Zimmer. Dort kleidete ich mich in ſo weit um, als es nöthig war, die Spuren des Morgenſpazierganges zu beſeitigen, und anſtändig zu erſcheinen, dann ging ich, da die Stunde des Frühmahles ſchon heran nahte, in das Speiſezimmer. Ich war in demſelben allein. Der Tiſch war ſchon

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/41>, abgerufen am 21.11.2024.