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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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mich nicht auf diese Dinge, aber ich habe ihn auf den
ersten Blick erkannt. Nicht blos die Liebe ist so schnell
wie die Electricität sondern auch der Geschäftsblick."

"Aber Vater," sagte Natalie erröthend, "wir haben
ja über diesen Gegenstand nie gestritten, und ich konnte
dir die Fähigkeit nicht absprechen."

"So hast du dir es gewiß gedacht," erwiederte er,
"aber richtig habe ich doch geurtheilt: er war immer
sehr bescheiden, hat nie vorlaut geforscht und gedrängt,
und wird gewiß ein sanfter Mann werden."

"Und du, Heinrich," sagte er nach einer Weile,
"werde darum nicht stolz. Verdankst du mir nicht end¬
lich ganz und gar Alles? Du hast einmal, da du zum
ersten Male in diesem Hause warst, in der Schreinerei
gesagt, daß der Wege sehr verschiedene sind, und daß
man nicht wissen könne, ob der, der dich eines Ge¬
witters wegen zu mir herauf geführt hat, nicht ein
sehr guter Weg gewesen ist, worauf ich antwortete,
daß du ein wahres Wort gesprochen habest, und daß
du es erst recht einsehen werdest, wenn du älter bist;
denn in dem Alter, dachte ich mir damals, übersieht
man erst die Wege, wie ich die meinigen übersehen
habe. Wer hätte aber damals geglaubt, daß mein
Wort die Bedeutung bekommen werde, die es heute

Stifter, Nachsommer. III. 27

mich nicht auf dieſe Dinge, aber ich habe ihn auf den
erſten Blick erkannt. Nicht blos die Liebe iſt ſo ſchnell
wie die Electricität ſondern auch der Geſchäftsblick.“

„Aber Vater,“ ſagte Natalie erröthend, „wir haben
ja über dieſen Gegenſtand nie geſtritten, und ich konnte
dir die Fähigkeit nicht abſprechen.“

„So haſt du dir es gewiß gedacht,“ erwiederte er,
„aber richtig habe ich doch geurtheilt: er war immer
ſehr beſcheiden, hat nie vorlaut geforſcht und gedrängt,
und wird gewiß ein ſanfter Mann werden.“

„Und du, Heinrich,“ ſagte er nach einer Weile,
„werde darum nicht ſtolz. Verdankſt du mir nicht end¬
lich ganz und gar Alles? Du haſt einmal, da du zum
erſten Male in dieſem Hauſe warſt, in der Schreinerei
geſagt, daß der Wege ſehr verſchiedene ſind, und daß
man nicht wiſſen könne, ob der, der dich eines Ge¬
witters wegen zu mir herauf geführt hat, nicht ein
ſehr guter Weg geweſen iſt, worauf ich antwortete,
daß du ein wahres Wort geſprochen habeſt, und daß
du es erſt recht einſehen werdeſt, wenn du älter biſt;
denn in dem Alter, dachte ich mir damals, überſieht
man erſt die Wege, wie ich die meinigen überſehen
habe. Wer hätte aber damals geglaubt, daß mein
Wort die Bedeutung bekommen werde, die es heute

Stifter, Nachſommer. III. 27
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[417/0431] mich nicht auf dieſe Dinge, aber ich habe ihn auf den erſten Blick erkannt. Nicht blos die Liebe iſt ſo ſchnell wie die Electricität ſondern auch der Geſchäftsblick.“ „Aber Vater,“ ſagte Natalie erröthend, „wir haben ja über dieſen Gegenſtand nie geſtritten, und ich konnte dir die Fähigkeit nicht abſprechen.“ „So haſt du dir es gewiß gedacht,“ erwiederte er, „aber richtig habe ich doch geurtheilt: er war immer ſehr beſcheiden, hat nie vorlaut geforſcht und gedrängt, und wird gewiß ein ſanfter Mann werden.“ „Und du, Heinrich,“ ſagte er nach einer Weile, „werde darum nicht ſtolz. Verdankſt du mir nicht end¬ lich ganz und gar Alles? Du haſt einmal, da du zum erſten Male in dieſem Hauſe warſt, in der Schreinerei geſagt, daß der Wege ſehr verſchiedene ſind, und daß man nicht wiſſen könne, ob der, der dich eines Ge¬ witters wegen zu mir herauf geführt hat, nicht ein ſehr guter Weg geweſen iſt, worauf ich antwortete, daß du ein wahres Wort geſprochen habeſt, und daß du es erſt recht einſehen werdeſt, wenn du älter biſt; denn in dem Alter, dachte ich mir damals, überſieht man erſt die Wege, wie ich die meinigen überſehen habe. Wer hätte aber damals geglaubt, daß mein Wort die Bedeutung bekommen werde, die es heute Stifter, Nachſommer. III. 27

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/431>, abgerufen am 26.11.2024.