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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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Ich rief sogleich den Hausverwalter herbei, sagte
ihm, er möge mir einen Boten besorgen, welcher auf
der Stelle in das Echerthal abzugehen bereit sei. Der
Hausverwalter versprach es. Ich schrieb einige Zeilen
an den Zithermacher, legte das nöthige Geld bei,
versprach noch mehr zu senden, wenn es nöthig sein
sollte, und verlangte, daß er die dritte Zither, welche
die gleiche von der meinigen und der meiner Schwe¬
ster sei, in eine Kiste wohlverpackt dem Boten mitgebe,
der den Brief bringt. Der Bote erschien, ich gab ihm
das Schreiben und die nöthigen Weisungen, und er
versprach, die heutige Nacht zu Hilfe zu nehmen, und
in kürzester Frist zurück zu sein. Ich hielt mich nun
für sicher, daß nicht etwa im lezten Augenblicke die
Zither wegkomme, wenn sie überhaupt noch da sei.

Indessen war es tief Abend geworden. Ich ging
mit Natalien und Klotilden noch einmal zu dem Ce¬
reus Peruvianus, der im Lampenlichte fast noch schö¬
ner war. Simon schien bei ihm wachen zu wollen.
Immer gingen Leute ab und zu. Joseph hörten wir
auch noch einmal spielen. Er spielte in der großen
unteren Stube, wir traten ein, er hatte guten Wein
vor sich, den ihm Risach gesendet hatte. Das ganze
Hausvolk war um ihn versammelt. Wir hörten lange

Ich rief ſogleich den Hausverwalter herbei, ſagte
ihm, er möge mir einen Boten beſorgen, welcher auf
der Stelle in das Echerthal abzugehen bereit ſei. Der
Hausverwalter verſprach es. Ich ſchrieb einige Zeilen
an den Zithermacher, legte das nöthige Geld bei,
verſprach noch mehr zu ſenden, wenn es nöthig ſein
ſollte, und verlangte, daß er die dritte Zither, welche
die gleiche von der meinigen und der meiner Schwe¬
ſter ſei, in eine Kiſte wohlverpackt dem Boten mitgebe,
der den Brief bringt. Der Bote erſchien, ich gab ihm
das Schreiben und die nöthigen Weiſungen, und er
verſprach, die heutige Nacht zu Hilfe zu nehmen, und
in kürzeſter Friſt zurück zu ſein. Ich hielt mich nun
für ſicher, daß nicht etwa im lezten Augenblicke die
Zither wegkomme, wenn ſie überhaupt noch da ſei.

Indeſſen war es tief Abend geworden. Ich ging
mit Natalien und Klotilden noch einmal zu dem Ce¬
reus Peruvianus, der im Lampenlichte faſt noch ſchö¬
ner war. Simon ſchien bei ihm wachen zu wollen.
Immer gingen Leute ab und zu. Joſeph hörten wir
auch noch einmal ſpielen. Er ſpielte in der großen
unteren Stube, wir traten ein, er hatte guten Wein
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[430/0444] Ich rief ſogleich den Hausverwalter herbei, ſagte ihm, er möge mir einen Boten beſorgen, welcher auf der Stelle in das Echerthal abzugehen bereit ſei. Der Hausverwalter verſprach es. Ich ſchrieb einige Zeilen an den Zithermacher, legte das nöthige Geld bei, verſprach noch mehr zu ſenden, wenn es nöthig ſein ſollte, und verlangte, daß er die dritte Zither, welche die gleiche von der meinigen und der meiner Schwe¬ ſter ſei, in eine Kiſte wohlverpackt dem Boten mitgebe, der den Brief bringt. Der Bote erſchien, ich gab ihm das Schreiben und die nöthigen Weiſungen, und er verſprach, die heutige Nacht zu Hilfe zu nehmen, und in kürzeſter Friſt zurück zu ſein. Ich hielt mich nun für ſicher, daß nicht etwa im lezten Augenblicke die Zither wegkomme, wenn ſie überhaupt noch da ſei. Indeſſen war es tief Abend geworden. Ich ging mit Natalien und Klotilden noch einmal zu dem Ce¬ reus Peruvianus, der im Lampenlichte faſt noch ſchö¬ ner war. Simon ſchien bei ihm wachen zu wollen. Immer gingen Leute ab und zu. Joſeph hörten wir auch noch einmal ſpielen. Er ſpielte in der großen unteren Stube, wir traten ein, er hatte guten Wein vor ſich, den ihm Riſach geſendet hatte. Das ganze Hausvolk war um ihn verſammelt. Wir hörten lange

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/444>, abgerufen am 24.11.2024.