Widerscheine ihrer Freunde leben. Das sei ihre Lage, sie daure ihrer Natur nach fort, und gehe ihrer Ent¬ wicklung entgegen. Ich hatte mir die Worte gemerkt, und hatte sie tief ins Herz genommen.
Ein Theil dieser Entwicklung, glaubte ich nun, war gekommen, der zweite wird mit Gustavs Ansiedlung eintreten. An mir hatten die Frauen wieder einen Halt gewonnen, daß sich ein fester Kern ihres Da¬ seins wieder darstelle; ein neues Band war durch mich von ihnen zu den Meinigen geschlungen, und selbst das Verhältniß zu Risach hatte an Rundung und Festigkeit gewonnen. Den Abschluß der Familienzu¬ sammengehörigkeit wird dann Gustav bringen.
Was mich selber anbelangt, so hatte ich nach der gemeinschaftlichen Reise in die höheren Lande die Frage an mich gestellt, ob ein Umgang mit lieben Freunden ob die Kunst die Dichtung die Wissenschaft das Leben umschreibe und vollende, oder ob es noch ein Ferneres gäbe, das es umschließe, und es mit weit größerem Glück erfülle. Dieses größere Glück, ein Glück, das unerschöpflich scheint, ist mir nun von einer ganz an¬ deren Seite gekommen als ich damals ahnte. Ob ich es nun in der Wissenschaft, der ich nie abtrünnig werden wollte, weit werde bringen können, ob mir
Widerſcheine ihrer Freunde leben. Das ſei ihre Lage, ſie daure ihrer Natur nach fort, und gehe ihrer Ent¬ wicklung entgegen. Ich hatte mir die Worte gemerkt, und hatte ſie tief ins Herz genommen.
Ein Theil dieſer Entwicklung, glaubte ich nun, war gekommen, der zweite wird mit Guſtavs Anſiedlung eintreten. An mir hatten die Frauen wieder einen Halt gewonnen, daß ſich ein feſter Kern ihres Da¬ ſeins wieder darſtelle; ein neues Band war durch mich von ihnen zu den Meinigen geſchlungen, und ſelbſt das Verhältniß zu Riſach hatte an Rundung und Feſtigkeit gewonnen. Den Abſchluß der Familienzu¬ ſammengehörigkeit wird dann Guſtav bringen.
Was mich ſelber anbelangt, ſo hatte ich nach der gemeinſchaftlichen Reiſe in die höheren Lande die Frage an mich geſtellt, ob ein Umgang mit lieben Freunden ob die Kunſt die Dichtung die Wiſſenſchaft das Leben umſchreibe und vollende, oder ob es noch ein Ferneres gäbe, das es umſchließe, und es mit weit größerem Glück erfülle. Dieſes größere Glück, ein Glück, das unerſchöpflich ſcheint, iſt mir nun von einer ganz an¬ deren Seite gekommen als ich damals ahnte. Ob ich es nun in der Wiſſenſchaft, der ich nie abtrünnig werden wollte, weit werde bringen können, ob mir
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0457"n="443"/>
Widerſcheine ihrer Freunde leben. Das ſei ihre Lage,<lb/>ſie daure ihrer Natur nach fort, und gehe ihrer Ent¬<lb/>
wicklung entgegen. Ich hatte mir die Worte gemerkt,<lb/>
und hatte ſie tief ins Herz genommen.</p><lb/><p>Ein Theil dieſer Entwicklung, glaubte ich nun, war<lb/>
gekommen, der zweite wird mit Guſtavs Anſiedlung<lb/>
eintreten. An mir hatten die Frauen wieder einen<lb/>
Halt gewonnen, daß ſich ein feſter Kern ihres Da¬<lb/>ſeins wieder darſtelle; ein neues Band war durch mich<lb/>
von ihnen zu den Meinigen geſchlungen, und ſelbſt<lb/>
das Verhältniß zu Riſach hatte an Rundung und<lb/>
Feſtigkeit gewonnen. Den Abſchluß der Familienzu¬<lb/>ſammengehörigkeit wird dann Guſtav bringen.</p><lb/><p>Was mich ſelber anbelangt, ſo hatte ich nach der<lb/>
gemeinſchaftlichen Reiſe in die höheren Lande die Frage<lb/>
an mich geſtellt, ob ein Umgang mit lieben Freunden<lb/>
ob die Kunſt die Dichtung die Wiſſenſchaft das Leben<lb/>
umſchreibe und vollende, oder ob es noch ein Ferneres<lb/>
gäbe, das es umſchließe, und es mit weit größerem<lb/>
Glück erfülle. Dieſes größere Glück, ein Glück, das<lb/>
unerſchöpflich ſcheint, iſt mir nun von einer ganz an¬<lb/>
deren Seite gekommen als ich damals ahnte. Ob ich<lb/>
es nun in der Wiſſenſchaft, der ich nie abtrünnig<lb/>
werden wollte, weit werde bringen können, ob mir<lb/></p></div></body></text></TEI>
[443/0457]
Widerſcheine ihrer Freunde leben. Das ſei ihre Lage,
ſie daure ihrer Natur nach fort, und gehe ihrer Ent¬
wicklung entgegen. Ich hatte mir die Worte gemerkt,
und hatte ſie tief ins Herz genommen.
Ein Theil dieſer Entwicklung, glaubte ich nun, war
gekommen, der zweite wird mit Guſtavs Anſiedlung
eintreten. An mir hatten die Frauen wieder einen
Halt gewonnen, daß ſich ein feſter Kern ihres Da¬
ſeins wieder darſtelle; ein neues Band war durch mich
von ihnen zu den Meinigen geſchlungen, und ſelbſt
das Verhältniß zu Riſach hatte an Rundung und
Feſtigkeit gewonnen. Den Abſchluß der Familienzu¬
ſammengehörigkeit wird dann Guſtav bringen.
Was mich ſelber anbelangt, ſo hatte ich nach der
gemeinſchaftlichen Reiſe in die höheren Lande die Frage
an mich geſtellt, ob ein Umgang mit lieben Freunden
ob die Kunſt die Dichtung die Wiſſenſchaft das Leben
umſchreibe und vollende, oder ob es noch ein Ferneres
gäbe, das es umſchließe, und es mit weit größerem
Glück erfülle. Dieſes größere Glück, ein Glück, das
unerſchöpflich ſcheint, iſt mir nun von einer ganz an¬
deren Seite gekommen als ich damals ahnte. Ob ich
es nun in der Wiſſenſchaft, der ich nie abtrünnig
werden wollte, weit werde bringen können, ob mir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/457>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.