hatte, und lud mich zu derselben ein. Ich nahm die Einladung an.
Wir fuhren eines Morgens von dem Asperhofe fort, mein Gastfreund Eustach Gustav und ich. Gustav wird, wie mir mein Gastfreund sagte, auf jede kleinere Reise von ihm mitgenommen. Wenn dies bei ausgedehnteren Reisen nicht der Fall sein kann, so wird er zu seiner Mutter in den Sternenhof gebracht. Wir kamen erst am zweiten Tage bei der Kirche an. Roland, welcher von unserer Ankunft unter¬ richtet gewesen war, erwartete uns dort. Die Kirche war ein Gebäude im altdeutschen Sinn. Sie stammte, wie meine Freunde versicherten, aus dem vierzehnten Jahrhunderte her. Die Gemeinde war nicht groß und nicht besonders wohlhabend. Die leztvergange¬ nen Jahrhunderte hatten an dieser Kirche viel ver¬ schuldet. Man hatte Fenster zumauern lassen, ent¬ weder ganz oder zum Theile, man hatte aus den Nischen der Säulen die Steinbilder entfernt, und hatte hölzerne, die vergoldet und gemalt waren, an ihre Stelle gebracht. Weil aber diese größer waren als ihre Vorgänger, so hat man die Stellen, an die sie kommen sollten, häufig ausgebrochen, und die frü¬ heren Überdächer mit ihren Verzierungen weggeschla¬
hatte, und lud mich zu derſelben ein. Ich nahm die Einladung an.
Wir fuhren eines Morgens von dem Asperhofe fort, mein Gaſtfreund Euſtach Guſtav und ich. Guſtav wird, wie mir mein Gaſtfreund ſagte, auf jede kleinere Reiſe von ihm mitgenommen. Wenn dies bei ausgedehnteren Reiſen nicht der Fall ſein kann, ſo wird er zu ſeiner Mutter in den Sternenhof gebracht. Wir kamen erſt am zweiten Tage bei der Kirche an. Roland, welcher von unſerer Ankunft unter¬ richtet geweſen war, erwartete uns dort. Die Kirche war ein Gebäude im altdeutſchen Sinn. Sie ſtammte, wie meine Freunde verſicherten, aus dem vierzehnten Jahrhunderte her. Die Gemeinde war nicht groß und nicht beſonders wohlhabend. Die leztvergange¬ nen Jahrhunderte hatten an dieſer Kirche viel ver¬ ſchuldet. Man hatte Fenſter zumauern laſſen, ent¬ weder ganz oder zum Theile, man hatte aus den Niſchen der Säulen die Steinbilder entfernt, und hatte hölzerne, die vergoldet und gemalt waren, an ihre Stelle gebracht. Weil aber dieſe größer waren als ihre Vorgänger, ſo hat man die Stellen, an die ſie kommen ſollten, häufig ausgebrochen, und die frü¬ heren Überdächer mit ihren Verzierungen weggeſchla¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="72"/>
hatte, und lud mich zu derſelben ein. Ich nahm die<lb/>
Einladung an.</p><lb/><p>Wir fuhren eines Morgens von dem Asperhofe<lb/>
fort, mein Gaſtfreund Euſtach Guſtav und ich.<lb/>
Guſtav wird, wie mir mein Gaſtfreund ſagte, auf<lb/>
jede kleinere Reiſe von ihm mitgenommen. Wenn<lb/>
dies bei ausgedehnteren Reiſen nicht der Fall ſein<lb/>
kann, ſo wird er zu ſeiner Mutter in den Sternenhof<lb/>
gebracht. Wir kamen erſt am zweiten Tage bei der<lb/>
Kirche an. Roland, welcher von unſerer Ankunft unter¬<lb/>
richtet geweſen war, erwartete uns dort. Die Kirche<lb/>
war ein Gebäude im altdeutſchen Sinn. Sie ſtammte,<lb/>
wie meine Freunde verſicherten, aus dem vierzehnten<lb/>
Jahrhunderte her. Die Gemeinde war nicht groß<lb/>
und nicht beſonders wohlhabend. Die leztvergange¬<lb/>
nen Jahrhunderte hatten an dieſer Kirche viel ver¬<lb/>ſchuldet. Man hatte Fenſter zumauern laſſen, ent¬<lb/>
weder ganz oder zum Theile, man hatte aus den<lb/>
Niſchen der Säulen die Steinbilder entfernt, und<lb/>
hatte hölzerne, die vergoldet und gemalt waren, an<lb/>
ihre Stelle gebracht. Weil aber dieſe größer waren<lb/>
als ihre Vorgänger, ſo hat man die Stellen, an die<lb/>ſie kommen ſollten, häufig ausgebrochen, und die frü¬<lb/>
heren Überdächer mit ihren Verzierungen weggeſchla¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[72/0086]
hatte, und lud mich zu derſelben ein. Ich nahm die
Einladung an.
Wir fuhren eines Morgens von dem Asperhofe
fort, mein Gaſtfreund Euſtach Guſtav und ich.
Guſtav wird, wie mir mein Gaſtfreund ſagte, auf
jede kleinere Reiſe von ihm mitgenommen. Wenn
dies bei ausgedehnteren Reiſen nicht der Fall ſein
kann, ſo wird er zu ſeiner Mutter in den Sternenhof
gebracht. Wir kamen erſt am zweiten Tage bei der
Kirche an. Roland, welcher von unſerer Ankunft unter¬
richtet geweſen war, erwartete uns dort. Die Kirche
war ein Gebäude im altdeutſchen Sinn. Sie ſtammte,
wie meine Freunde verſicherten, aus dem vierzehnten
Jahrhunderte her. Die Gemeinde war nicht groß
und nicht beſonders wohlhabend. Die leztvergange¬
nen Jahrhunderte hatten an dieſer Kirche viel ver¬
ſchuldet. Man hatte Fenſter zumauern laſſen, ent¬
weder ganz oder zum Theile, man hatte aus den
Niſchen der Säulen die Steinbilder entfernt, und
hatte hölzerne, die vergoldet und gemalt waren, an
ihre Stelle gebracht. Weil aber dieſe größer waren
als ihre Vorgänger, ſo hat man die Stellen, an die
ſie kommen ſollten, häufig ausgebrochen, und die frü¬
heren Überdächer mit ihren Verzierungen weggeſchla¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/86>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.