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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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haben, schwebte mir beständig vor. Zwar war der
Pfarrer beinahe ängstlich reinlich, aber gerade diese
Reinlichkeit hob die Armuth noch peinlicher hervor,
und zeigte die Lokerheit der Fäden, das Unhaltbare und
Wesenlose dieser Kleidung. Ich sah noch auf die
Hügel, welche nur mit Stein bedekt waren, ich sah
noch auf die Thäler, in welchen sich nur die langen
Sandbänke dahin zogen, und ging dann in meinen
Gasthof, um den Ziegenbraten zu verzehren, den sie
mir dort öfter vorsezten.

Ich fragte nicht um den Pfarrer, um keine rohe
Antwort zu bekommen.

Von nun an kam ich öfter mit dem Pfarrer zu¬
sammen. Da ich den ganzen Tag in dem Steinkar
war, und Abends noch öfter in demselben herum
schlenderte, um verschiedene Richtungen und Abthei¬
lungen kennen zu lernen, da er auch zuweilen heraus¬
kam, so konnte es nicht fehlen, daß wir uns trafen.
Wir kamen auch einige Male zu Gesprächen. Er schien
nicht ungerne mit mir zusammen zu treffen, und ich
sah es auch gerne, wenn ich mit ihm zusammen kam.
Wir gingen später öfter mit einander in den Steinen
herum, oder saßen auf einem, und betrachteten die
andern. Er zeigte mir manches Thierchen, manche
Pflanze, die der Gegend eigenthümlich waren, er

haben, ſchwebte mir beſtändig vor. Zwar war der
Pfarrer beinahe ängſtlich reinlich, aber gerade dieſe
Reinlichkeit hob die Armuth noch peinlicher hervor,
und zeigte die Lokerheit der Fäden, das Unhaltbare und
Weſenloſe dieſer Kleidung. Ich ſah noch auf die
Hügel, welche nur mit Stein bedekt waren, ich ſah
noch auf die Thäler, in welchen ſich nur die langen
Sandbänke dahin zogen, und ging dann in meinen
Gaſthof, um den Ziegenbraten zu verzehren, den ſie
mir dort öfter vorſezten.

Ich fragte nicht um den Pfarrer, um keine rohe
Antwort zu bekommen.

Von nun an kam ich öfter mit dem Pfarrer zu¬
ſammen. Da ich den ganzen Tag in dem Steinkar
war, und Abends noch öfter in demſelben herum
ſchlenderte, um verſchiedene Richtungen und Abthei¬
lungen kennen zu lernen, da er auch zuweilen heraus¬
kam, ſo konnte es nicht fehlen, daß wir uns trafen.
Wir kamen auch einige Male zu Geſprächen. Er ſchien
nicht ungerne mit mir zuſammen zu treffen, und ich
ſah es auch gerne, wenn ich mit ihm zuſammen kam.
Wir gingen ſpäter öfter mit einander in den Steinen
herum, oder ſaßen auf einem, und betrachteten die
andern. Er zeigte mir manches Thierchen, manche
Pflanze, die der Gegend eigenthümlich waren, er

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[95/0108] haben, ſchwebte mir beſtändig vor. Zwar war der Pfarrer beinahe ängſtlich reinlich, aber gerade dieſe Reinlichkeit hob die Armuth noch peinlicher hervor, und zeigte die Lokerheit der Fäden, das Unhaltbare und Weſenloſe dieſer Kleidung. Ich ſah noch auf die Hügel, welche nur mit Stein bedekt waren, ich ſah noch auf die Thäler, in welchen ſich nur die langen Sandbänke dahin zogen, und ging dann in meinen Gaſthof, um den Ziegenbraten zu verzehren, den ſie mir dort öfter vorſezten. Ich fragte nicht um den Pfarrer, um keine rohe Antwort zu bekommen. Von nun an kam ich öfter mit dem Pfarrer zu¬ ſammen. Da ich den ganzen Tag in dem Steinkar war, und Abends noch öfter in demſelben herum ſchlenderte, um verſchiedene Richtungen und Abthei¬ lungen kennen zu lernen, da er auch zuweilen heraus¬ kam, ſo konnte es nicht fehlen, daß wir uns trafen. Wir kamen auch einige Male zu Geſprächen. Er ſchien nicht ungerne mit mir zuſammen zu treffen, und ich ſah es auch gerne, wenn ich mit ihm zuſammen kam. Wir gingen ſpäter öfter mit einander in den Steinen herum, oder ſaßen auf einem, und betrachteten die andern. Er zeigte mir manches Thierchen, manche Pflanze, die der Gegend eigenthümlich waren, er

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/108>, abgerufen am 21.11.2024.