Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

hinaus, und störte ihn in seinem Beginnen, indem
ich sagte, das dürfe nicht sein, so etwas könne ich
von ihm nicht annehmen, es liege nicht in seinem
Stande, es mache der Staub nichts, und wenn ich
ihn fort wollte, so könnte ich ihn ja selber mit einer
Bürste schnell abstreifen.

"Es liegt nicht in meinem Stande als Priester, aber
es liegt in meinem Stande als Gastfreund," sagte er,
"ich habe nur eine einzige alte Dienerin, die nicht in
dem Hause wohnt, sie kömmt zu gewissen Stunden,
um meine kleinen Dienste zu verrichten, und ist heute
noch nicht da."

"Nein, nein, das thut nichts," antwortete ich,
"ich erinnere Sie an Ihr Versprechen, sich keine Last
aufzulegen."

"Ich lege mir keine Last auf," erwiederte er, "und
es ist schon bald gut."

Mit diesen Worten that er noch ein paar Striche
mit der Bürste auf dem Roke, und ließ sich dann
beides, Bürste und Kleider, nehmen. Er ging aus
dem Vorhause in ein anderes mir bis dahin unbe¬
kanntes Gemach. Ich kleidete mich indessen an. Nach
einer Zeit kam auch er vollständig angekleidet herein.
Er hatte die alten schwarzen Kleider an, die er am
Tage und alle vorhergehenden Tage angehabt hatte.

hinaus, und ſtörte ihn in ſeinem Beginnen, indem
ich ſagte, das dürfe nicht ſein, ſo etwas könne ich
von ihm nicht annehmen, es liege nicht in ſeinem
Stande, es mache der Staub nichts, und wenn ich
ihn fort wollte, ſo könnte ich ihn ja ſelber mit einer
Bürſte ſchnell abſtreifen.

„Es liegt nicht in meinem Stande als Prieſter, aber
es liegt in meinem Stande als Gaſtfreund,“ ſagte er,
„ich habe nur eine einzige alte Dienerin, die nicht in
dem Hauſe wohnt, ſie kömmt zu gewiſſen Stunden,
um meine kleinen Dienſte zu verrichten, und iſt heute
noch nicht da.“

„Nein, nein, das thut nichts,“ antwortete ich,
„ich erinnere Sie an Ihr Verſprechen, ſich keine Laſt
aufzulegen.“

„Ich lege mir keine Laſt auf,“ erwiederte er, „und
es iſt ſchon bald gut.“

Mit dieſen Worten that er noch ein paar Striche
mit der Bürſte auf dem Roke, und ließ ſich dann
beides, Bürſte und Kleider, nehmen. Er ging aus
dem Vorhauſe in ein anderes mir bis dahin unbe¬
kanntes Gemach. Ich kleidete mich indeſſen an. Nach
einer Zeit kam auch er vollſtändig angekleidet herein.
Er hatte die alten ſchwarzen Kleider an, die er am
Tage und alle vorhergehenden Tage angehabt hatte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="117"/>
hinaus, und &#x017F;törte ihn in &#x017F;einem Beginnen, indem<lb/>
ich &#x017F;agte, das dürfe nicht &#x017F;ein, &#x017F;o etwas könne ich<lb/>
von ihm nicht annehmen, es liege nicht in &#x017F;einem<lb/>
Stande, es mache der Staub nichts, und wenn ich<lb/>
ihn fort wollte, &#x017F;o könnte ich ihn ja &#x017F;elber mit einer<lb/>
Bür&#x017F;te &#x017F;chnell ab&#x017F;treifen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Es liegt nicht in meinem Stande als Prie&#x017F;ter, aber<lb/>
es liegt in meinem Stande als Ga&#x017F;tfreund,&#x201C; &#x017F;agte er,<lb/>
&#x201E;ich habe nur eine einzige alte Dienerin, die nicht in<lb/>
dem Hau&#x017F;e wohnt, &#x017F;ie kömmt zu gewi&#x017F;&#x017F;en Stunden,<lb/>
um meine kleinen Dien&#x017F;te zu verrichten, und i&#x017F;t heute<lb/>
noch nicht da.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, nein, das thut nichts,&#x201C; antwortete ich,<lb/>
&#x201E;ich erinnere Sie an Ihr Ver&#x017F;prechen, &#x017F;ich keine La&#x017F;t<lb/>
aufzulegen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich lege mir keine La&#x017F;t auf,&#x201C; erwiederte er, &#x201E;und<lb/>
es i&#x017F;t &#x017F;chon bald gut.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mit die&#x017F;en Worten that er noch ein paar Striche<lb/>
mit der Bür&#x017F;te auf dem Roke, und ließ &#x017F;ich dann<lb/>
beides, Bür&#x017F;te und Kleider, nehmen. Er ging aus<lb/>
dem Vorhau&#x017F;e in ein anderes mir bis dahin unbe¬<lb/>
kanntes Gemach. Ich kleidete mich inde&#x017F;&#x017F;en an. Nach<lb/>
einer Zeit kam auch er voll&#x017F;tändig angekleidet herein.<lb/>
Er hatte die alten &#x017F;chwarzen Kleider an, die er am<lb/>
Tage und alle vorhergehenden Tage angehabt hatte.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0130] hinaus, und ſtörte ihn in ſeinem Beginnen, indem ich ſagte, das dürfe nicht ſein, ſo etwas könne ich von ihm nicht annehmen, es liege nicht in ſeinem Stande, es mache der Staub nichts, und wenn ich ihn fort wollte, ſo könnte ich ihn ja ſelber mit einer Bürſte ſchnell abſtreifen. „Es liegt nicht in meinem Stande als Prieſter, aber es liegt in meinem Stande als Gaſtfreund,“ ſagte er, „ich habe nur eine einzige alte Dienerin, die nicht in dem Hauſe wohnt, ſie kömmt zu gewiſſen Stunden, um meine kleinen Dienſte zu verrichten, und iſt heute noch nicht da.“ „Nein, nein, das thut nichts,“ antwortete ich, „ich erinnere Sie an Ihr Verſprechen, ſich keine Laſt aufzulegen.“ „Ich lege mir keine Laſt auf,“ erwiederte er, „und es iſt ſchon bald gut.“ Mit dieſen Worten that er noch ein paar Striche mit der Bürſte auf dem Roke, und ließ ſich dann beides, Bürſte und Kleider, nehmen. Er ging aus dem Vorhauſe in ein anderes mir bis dahin unbe¬ kanntes Gemach. Ich kleidete mich indeſſen an. Nach einer Zeit kam auch er vollſtändig angekleidet herein. Er hatte die alten ſchwarzen Kleider an, die er am Tage und alle vorhergehenden Tage angehabt hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/130
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/130>, abgerufen am 21.11.2024.