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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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um die verschiedenen Dinge zu betrachten, die da zu
sehen sind, oder er besuchte ein Gasthauskränzchen,
zu dem sich regelmäßig an bestimmten Tagen einige
Freunde zusammen fanden. Er mußte also offenbar
eine kleine Rente haben, von welcher er dieses Leben
führen konnte.

Dieser Mann hatte eine wunderschöne Frau von
etwa dreißig Jahren, die ihm ein Kindlein, ein
Mädchen, geboren hatte. Die Frau bewohnte ein
Gemach, das an das große Zimmer ihres Mannes
stieß, ebenfalls so groß war, und ebenfalls ein klei¬
neres Seitengemach hatte. Man konnte aus dem
Zimmer des Mannes in das der Frau gelangen, man
konnte aber auch aus dem Vorzimmer durch einen
kleinen heimlichen Gang dahin kommen; denn die
vier Zimmer der Wohnung lagen in einer Reihe quer
gegen die Richtung des äußeren Ganges. Der kleine
Gang war darum nüzlich, weil die Frau, wenn
Freunde bei ihrem Manne waren, unbeirrt und die
Männer nicht störend in das Vorzimmer und von da
in die Küche hinaus gehen konnte.

Die Zimmer der Frau waren nach ihrer Art ein¬
gerichtet. Das größere hatte dunkle Vorhänge an den
Fenstern, es standen weiche Ruhesize von demselben
Stoffe darin, es stand ein schöner großer Tisch da,

um die verſchiedenen Dinge zu betrachten, die da zu
ſehen ſind, oder er beſuchte ein Gaſthauskränzchen,
zu dem ſich regelmäßig an beſtimmten Tagen einige
Freunde zuſammen fanden. Er mußte alſo offenbar
eine kleine Rente haben, von welcher er dieſes Leben
führen konnte.

Dieſer Mann hatte eine wunderſchöne Frau von
etwa dreißig Jahren, die ihm ein Kindlein, ein
Mädchen, geboren hatte. Die Frau bewohnte ein
Gemach, das an das große Zimmer ihres Mannes
ſtieß, ebenfalls ſo groß war, und ebenfalls ein klei¬
neres Seitengemach hatte. Man konnte aus dem
Zimmer des Mannes in das der Frau gelangen, man
konnte aber auch aus dem Vorzimmer durch einen
kleinen heimlichen Gang dahin kommen; denn die
vier Zimmer der Wohnung lagen in einer Reihe quer
gegen die Richtung des äußeren Ganges. Der kleine
Gang war darum nüzlich, weil die Frau, wenn
Freunde bei ihrem Manne waren, unbeirrt und die
Männer nicht ſtörend in das Vorzimmer und von da
in die Küche hinaus gehen konnte.

Die Zimmer der Frau waren nach ihrer Art ein¬
gerichtet. Das größere hatte dunkle Vorhänge an den
Fenſtern, es ſtanden weiche Ruheſize von demſelben
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[201/0214] um die verſchiedenen Dinge zu betrachten, die da zu ſehen ſind, oder er beſuchte ein Gaſthauskränzchen, zu dem ſich regelmäßig an beſtimmten Tagen einige Freunde zuſammen fanden. Er mußte alſo offenbar eine kleine Rente haben, von welcher er dieſes Leben führen konnte. Dieſer Mann hatte eine wunderſchöne Frau von etwa dreißig Jahren, die ihm ein Kindlein, ein Mädchen, geboren hatte. Die Frau bewohnte ein Gemach, das an das große Zimmer ihres Mannes ſtieß, ebenfalls ſo groß war, und ebenfalls ein klei¬ neres Seitengemach hatte. Man konnte aus dem Zimmer des Mannes in das der Frau gelangen, man konnte aber auch aus dem Vorzimmer durch einen kleinen heimlichen Gang dahin kommen; denn die vier Zimmer der Wohnung lagen in einer Reihe quer gegen die Richtung des äußeren Ganges. Der kleine Gang war darum nüzlich, weil die Frau, wenn Freunde bei ihrem Manne waren, unbeirrt und die Männer nicht ſtörend in das Vorzimmer und von da in die Küche hinaus gehen konnte. Die Zimmer der Frau waren nach ihrer Art ein¬ gerichtet. Das größere hatte dunkle Vorhänge an den Fenſtern, es ſtanden weiche Ruheſize von demſelben Stoffe darin, es ſtand ein ſchöner großer Tiſch da,

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/214>, abgerufen am 24.11.2024.