sei, so suchten sie Bücher hervor, und forschten so lange, bis sie Befriedigendes fanden. Dann legte er sich auf die höheren Ruhebette, dann saß er auf den nächsten, dann stand er, und endlich befand er sich auf den verschiedenen Stufen der Leiter. Bei dieser Gelegenheit lernte er die Bequemlichkeit solcher Ruhe¬ bette kennen, und der Rentherr mußte ihm einen gro¬ ßen Rollsessel machen lassen, der eine gepolsterte Rüklehne und gute Seitenarme hatte.
In diesem Rollsessel saß er gerne, wenn er kam, und man überließ sich der Plauderei.
Auf diese Weise verging eine geraume Zeit.
Endlich fing Dall ein Liebesverhältniß mit der Frau des Rentherrn an, und sezte es eine Weile fort. Die Frau selber sagte es endlich in ihrer Angst dem Manne.
Dall mußte davon gewußt haben, oder er mußte es an dem Gewissen der Frau gemerkt haben, daß sie ihrem Manne das Verhältniß mit seinem Freunde be¬ kennen würde. Denn er kam in diesen Tagen nicht, obwohl er sonst in der lezten Zeit häufiger in die Wohnung am Sanct Petersplaze gekommen war, als es in der früheren Zeit der Fall gewesen war.
Der Rentherr war in einer außerordentlichen Wuth, er wollte zu Dall rennen, ihm Vorwürfe ma¬
Stifter, Jugendschriften. I. 14
ſei, ſo ſuchten ſie Bücher hervor, und forſchten ſo lange, bis ſie Befriedigendes fanden. Dann legte er ſich auf die höheren Ruhebette, dann ſaß er auf den nächſten, dann ſtand er, und endlich befand er ſich auf den verſchiedenen Stufen der Leiter. Bei dieſer Gelegenheit lernte er die Bequemlichkeit ſolcher Ruhe¬ bette kennen, und der Rentherr mußte ihm einen gro¬ ßen Rollſeſſel machen laſſen, der eine gepolſterte Rüklehne und gute Seitenarme hatte.
In dieſem Rollſeſſel ſaß er gerne, wenn er kam, und man überließ ſich der Plauderei.
Auf dieſe Weiſe verging eine geraume Zeit.
Endlich fing Dall ein Liebesverhältniß mit der Frau des Rentherrn an, und ſezte es eine Weile fort. Die Frau ſelber ſagte es endlich in ihrer Angſt dem Manne.
Dall mußte davon gewußt haben, oder er mußte es an dem Gewiſſen der Frau gemerkt haben, daß ſie ihrem Manne das Verhältniß mit ſeinem Freunde be¬ kennen würde. Denn er kam in dieſen Tagen nicht, obwohl er ſonſt in der lezten Zeit häufiger in die Wohnung am Sanct Petersplaze gekommen war, als es in der früheren Zeit der Fall geweſen war.
Der Rentherr war in einer außerordentlichen Wuth, er wollte zu Dall rennen, ihm Vorwürfe ma¬
Stifter, Jugendſchriften. I. 14
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ſei, ſo ſuchten ſie Bücher hervor, und forſchten ſo
lange, bis ſie Befriedigendes fanden. Dann legte er
ſich auf die höheren Ruhebette, dann ſaß er auf den
nächſten, dann ſtand er, und endlich befand er ſich
auf den verſchiedenen Stufen der Leiter. Bei dieſer
Gelegenheit lernte er die Bequemlichkeit ſolcher Ruhe¬
bette kennen, und der Rentherr mußte ihm einen gro¬
ßen Rollſeſſel machen laſſen, der eine gepolſterte
Rüklehne und gute Seitenarme hatte.
In dieſem Rollſeſſel ſaß er gerne, wenn er kam,
und man überließ ſich der Plauderei.
Auf dieſe Weiſe verging eine geraume Zeit.
Endlich fing Dall ein Liebesverhältniß mit der
Frau des Rentherrn an, und ſezte es eine Weile fort.
Die Frau ſelber ſagte es endlich in ihrer Angſt dem
Manne.
Dall mußte davon gewußt haben, oder er mußte
es an dem Gewiſſen der Frau gemerkt haben, daß ſie
ihrem Manne das Verhältniß mit ſeinem Freunde be¬
kennen würde. Denn er kam in dieſen Tagen nicht,
obwohl er ſonſt in der lezten Zeit häufiger in die
Wohnung am Sanct Petersplaze gekommen war, als
es in der früheren Zeit der Fall geweſen war.
Der Rentherr war in einer außerordentlichen
Wuth, er wollte zu Dall rennen, ihm Vorwürfe ma¬
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/222>, abgerufen am 16.02.2025.
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