chen, ihn ermorden; aber auch in seiner Wohnung war Dall nicht zu finden, er spielte auch in jener Zeit nicht im Theater, und man wußte nicht, wo er war. Der Rentherr gab sich Mühe, Dall aufzufinden, er ging alle Tage zu verschiedenen Zeiten in dessen Woh¬ nung, aber er fand ihn niemals, und die Leute sag¬ ten, Dall habe eine kleine Erholungsreise gemacht. Dasselbe war auch in der Stadt in allen Kreisen be¬ kannt, und man sagte, der Künstler werde wohl bald wieder zurük kehren, und die Welt mit seinem Glanze erfreuen. Der Rentherr aber ließ sich nicht irre ma¬ chen, er fuhr fort, Dall zu suchen. Er suchte ihn in allen Theilen der Stadt, er suchte ihn an öffentlichen Pläzen in der Kirche an Vergnügungsorten auf Spaziergängen, er suchte ihn neuerdings in seiner Wohnung. Der Gesuchte war nirgends zu finden.
So trieb es der Rentherr eine geraume Weile fort. Plözlich aber wurde er sehr stille. Seine Freunde sahen, daß die Unruhe, die ihn in der lezten Zeit be¬ fallen hatte, verschwunden war. Er saß ruhig und sinnend. Da ging er zu seinem Weibe, und sagte, sie habe an Dall fallen müssen, warum habe er ihn ins Haus geführt, sie habe ihm das Herz gegeben, wie er es Tausenden an einem Schauspielabende aus dem Leibe nehme.
chen, ihn ermorden; aber auch in ſeiner Wohnung war Dall nicht zu finden, er ſpielte auch in jener Zeit nicht im Theater, und man wußte nicht, wo er war. Der Rentherr gab ſich Mühe, Dall aufzufinden, er ging alle Tage zu verſchiedenen Zeiten in deſſen Woh¬ nung, aber er fand ihn niemals, und die Leute ſag¬ ten, Dall habe eine kleine Erholungsreiſe gemacht. Dasſelbe war auch in der Stadt in allen Kreiſen be¬ kannt, und man ſagte, der Künſtler werde wohl bald wieder zurük kehren, und die Welt mit ſeinem Glanze erfreuen. Der Rentherr aber ließ ſich nicht irre ma¬ chen, er fuhr fort, Dall zu ſuchen. Er ſuchte ihn in allen Theilen der Stadt, er ſuchte ihn an öffentlichen Pläzen in der Kirche an Vergnügungsorten auf Spaziergängen, er ſuchte ihn neuerdings in ſeiner Wohnung. Der Geſuchte war nirgends zu finden.
So trieb es der Rentherr eine geraume Weile fort. Plözlich aber wurde er ſehr ſtille. Seine Freunde ſahen, daß die Unruhe, die ihn in der lezten Zeit be¬ fallen hatte, verſchwunden war. Er ſaß ruhig und ſinnend. Da ging er zu ſeinem Weibe, und ſagte, ſie habe an Dall fallen müſſen, warum habe er ihn ins Haus geführt, ſie habe ihm das Herz gegeben, wie er es Tauſenden an einem Schauſpielabende aus dem Leibe nehme.
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[210/0223]
chen, ihn ermorden; aber auch in ſeiner Wohnung
war Dall nicht zu finden, er ſpielte auch in jener Zeit
nicht im Theater, und man wußte nicht, wo er war.
Der Rentherr gab ſich Mühe, Dall aufzufinden, er
ging alle Tage zu verſchiedenen Zeiten in deſſen Woh¬
nung, aber er fand ihn niemals, und die Leute ſag¬
ten, Dall habe eine kleine Erholungsreiſe gemacht.
Dasſelbe war auch in der Stadt in allen Kreiſen be¬
kannt, und man ſagte, der Künſtler werde wohl bald
wieder zurük kehren, und die Welt mit ſeinem Glanze
erfreuen. Der Rentherr aber ließ ſich nicht irre ma¬
chen, er fuhr fort, Dall zu ſuchen. Er ſuchte ihn in
allen Theilen der Stadt, er ſuchte ihn an öffentlichen
Pläzen in der Kirche an Vergnügungsorten auf
Spaziergängen, er ſuchte ihn neuerdings in ſeiner
Wohnung. Der Geſuchte war nirgends zu finden.
So trieb es der Rentherr eine geraume Weile
fort. Plözlich aber wurde er ſehr ſtille. Seine Freunde
ſahen, daß die Unruhe, die ihn in der lezten Zeit be¬
fallen hatte, verſchwunden war. Er ſaß ruhig und
ſinnend. Da ging er zu ſeinem Weibe, und ſagte, ſie
habe an Dall fallen müſſen, warum habe er ihn ins
Haus geführt, ſie habe ihm das Herz gegeben, wie er
es Tauſenden an einem Schauſpielabende aus dem
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/223>, abgerufen am 21.11.2024.
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