das mit dunkelrother fast schwarz gewordener Farbe angestrichen und mit vielen metallenen Nägeln be¬ schlagen war, deren Stoff man nicht mehr erkennen konnte, weil sich die breiten Köpfe mit Schwärze über¬ zogen hatten. Es war wohl neben dem Pförtchen ein größeres Hausthor, aber dasselbe war seit undenkli¬ chen Zeiten nicht mehr benüzt worden, es war ge¬ schlossen, es war voll Straßenkoth und Staub, und hatte zwei Querbalken, die mit eisernen Klammern an der Mauer befestigt waren.
Wir hatten damals einen Freund, der es auch in allen folgenden Zeiten geblieben ist. Es war der Pro¬ feßor Andorf. Er war unvermählt, war ein heiterer freundlicher Mann voll geistiger Anlagen, er hatte ein warmes empfindendes Herz, und war für alles Gute und Schöne empfänglich. Er kam sehr oft zu uns, war mit meinem Manne in gelehrten Verbindungen, und es wurde öfter etwas Schönes vorgelesen oder Musik gemacht, oder traulich von verschiedenen Dingen gesprochen. Dieser Profeßor Andorf wohnte in dem Perronschen Hause, er wohnte nicht einmal auf die Gasse heraus sondern in dem Hofe. Er hatte freiwil¬ lig diese Wohnung gewählt, weil sie für seine Be¬ schäftigungen, die in Lesen Schreiben oder etwas Klavierspielen bestanden, sehr ruhig war; und obwohl
das mit dunkelrother faſt ſchwarz gewordener Farbe angeſtrichen und mit vielen metallenen Nägeln be¬ ſchlagen war, deren Stoff man nicht mehr erkennen konnte, weil ſich die breiten Köpfe mit Schwärze über¬ zogen hatten. Es war wohl neben dem Pförtchen ein größeres Hausthor, aber dasſelbe war ſeit undenkli¬ chen Zeiten nicht mehr benüzt worden, es war ge¬ ſchloſſen, es war voll Straßenkoth und Staub, und hatte zwei Querbalken, die mit eiſernen Klammern an der Mauer befeſtigt waren.
Wir hatten damals einen Freund, der es auch in allen folgenden Zeiten geblieben iſt. Es war der Pro¬ feßor Andorf. Er war unvermählt, war ein heiterer freundlicher Mann voll geiſtiger Anlagen, er hatte ein warmes empfindendes Herz, und war für alles Gute und Schöne empfänglich. Er kam ſehr oft zu uns, war mit meinem Manne in gelehrten Verbindungen, und es wurde öfter etwas Schönes vorgeleſen oder Muſik gemacht, oder traulich von verſchiedenen Dingen geſprochen. Dieſer Profeßor Andorf wohnte in dem Perronſchen Hauſe, er wohnte nicht einmal auf die Gaſſe heraus ſondern in dem Hofe. Er hatte freiwil¬ lig dieſe Wohnung gewählt, weil ſie für ſeine Be¬ ſchäftigungen, die in Leſen Schreiben oder etwas Klavierſpielen beſtanden, ſehr ruhig war; und obwohl
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das mit dunkelrother faſt ſchwarz gewordener Farbe
angeſtrichen und mit vielen metallenen Nägeln be¬
ſchlagen war, deren Stoff man nicht mehr erkennen
konnte, weil ſich die breiten Köpfe mit Schwärze über¬
zogen hatten. Es war wohl neben dem Pförtchen ein
größeres Hausthor, aber dasſelbe war ſeit undenkli¬
chen Zeiten nicht mehr benüzt worden, es war ge¬
ſchloſſen, es war voll Straßenkoth und Staub, und
hatte zwei Querbalken, die mit eiſernen Klammern
an der Mauer befeſtigt waren.
Wir hatten damals einen Freund, der es auch in
allen folgenden Zeiten geblieben iſt. Es war der Pro¬
feßor Andorf. Er war unvermählt, war ein heiterer
freundlicher Mann voll geiſtiger Anlagen, er hatte ein
warmes empfindendes Herz, und war für alles Gute
und Schöne empfänglich. Er kam ſehr oft zu uns,
war mit meinem Manne in gelehrten Verbindungen,
und es wurde öfter etwas Schönes vorgeleſen oder
Muſik gemacht, oder traulich von verſchiedenen Dingen
geſprochen. Dieſer Profeßor Andorf wohnte in dem
Perronſchen Hauſe, er wohnte nicht einmal auf die
Gaſſe heraus ſondern in dem Hofe. Er hatte freiwil¬
lig dieſe Wohnung gewählt, weil ſie für ſeine Be¬
ſchäftigungen, die in Leſen Schreiben oder etwas
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/241>, abgerufen am 21.11.2024.
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