Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

"Mutter, wir haben keine Nüsse gebracht," sagte
der Knabe.

"Aber dich selbst, du kleines unvernünftiges Kind,"
sagte die Mutter, "das mir lieber ist als goldene
Nüsse."

"Schauerlich war es und beinahe prächtig," sagte
Emma.

"Lasse mir das Bild nicht vor die Augen, Vater,
ich bitte dich, -- -- was hätte werden können!" sagte
die Mutter.

"Sie lagen unter Reisigbündeln," antwortete der
Vater, "aber lasse uns in das Haus gehen, ich werde
dir alles erzählen, gib ihnen trokene Kleider und
etwas zu essen, daß ihr Blut wieder in gleichmässige
Bewegung komme."

"So kommt, ihr Kinder," sagte die Mutter.

Sie wendete sich, um durch den Garten in das
Haus zu gehen. Die Kinder schloßen sich an. Sie
führte alle drei, so weit dies möglich ist, an der
Hand. Dann folgte die Großmutter und der Vater,
dann die Knechte.

Als man zu dem Haupteingange des Hauses
gekommen war, wandte sich der Vater zu den Knechten
um, dankte ihnen, entließ sie, sagte, sie sollten das,
was sie tragen, an die rechte Stelle thun, sollen sich

„Mutter, wir haben keine Nüſſe gebracht,“ ſagte
der Knabe.

„Aber dich ſelbſt, du kleines unvernünftiges Kind,“
ſagte die Mutter, „das mir lieber iſt als goldene
Nüſſe.“

„Schauerlich war es und beinahe prächtig,“ ſagte
Emma.

„Laſſe mir das Bild nicht vor die Augen, Vater,
ich bitte dich, — — was hätte werden können!“ ſagte
die Mutter.

„Sie lagen unter Reiſigbündeln,“ antwortete der
Vater, „aber laſſe uns in das Haus gehen, ich werde
dir alles erzählen, gib ihnen trokene Kleider und
etwas zu eſſen, daß ihr Blut wieder in gleichmäſſige
Bewegung komme.“

„So kommt, ihr Kinder,“ ſagte die Mutter.

Sie wendete ſich, um durch den Garten in das
Haus zu gehen. Die Kinder ſchloßen ſich an. Sie
führte alle drei, ſo weit dies möglich iſt, an der
Hand. Dann folgte die Großmutter und der Vater,
dann die Knechte.

Als man zu dem Haupteingange des Hauſes
gekommen war, wandte ſich der Vater zu den Knechten
um, dankte ihnen, entließ ſie, ſagte, ſie ſollten das,
was ſie tragen, an die rechte Stelle thun, ſollen ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0152" n="141"/>
        <p>&#x201E;Mutter, wir haben keine Nü&#x017F;&#x017F;e gebracht,&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
der Knabe.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber dich &#x017F;elb&#x017F;t, du kleines unvernünftiges Kind,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte die Mutter, &#x201E;das mir lieber i&#x017F;t als goldene<lb/>&#x017F;&#x017F;e.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schauerlich war es und beinahe prächtig,&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
Emma.</p><lb/>
        <p>&#x201E;La&#x017F;&#x017F;e mir das Bild nicht vor die Augen, Vater,<lb/>
ich bitte dich, &#x2014; &#x2014; was hätte werden können!&#x201C; &#x017F;agte<lb/>
die Mutter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie lagen unter Rei&#x017F;igbündeln,&#x201C; antwortete der<lb/>
Vater, &#x201E;aber la&#x017F;&#x017F;e uns in das Haus gehen, ich werde<lb/>
dir alles erzählen, gib ihnen trokene Kleider und<lb/>
etwas zu e&#x017F;&#x017F;en, daß ihr Blut wieder in gleichmä&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
Bewegung komme.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;So kommt, ihr Kinder,&#x201C; &#x017F;agte die Mutter.</p><lb/>
        <p>Sie wendete &#x017F;ich, um durch den Garten in das<lb/>
Haus zu gehen. Die Kinder &#x017F;chloßen &#x017F;ich an. Sie<lb/>
führte alle drei, &#x017F;o weit dies möglich i&#x017F;t, an der<lb/>
Hand. Dann folgte die Großmutter und der Vater,<lb/>
dann die Knechte.</p><lb/>
        <p>Als man zu dem Haupteingange des Hau&#x017F;es<lb/>
gekommen war, wandte &#x017F;ich der Vater zu den Knechten<lb/>
um, dankte ihnen, entließ &#x017F;ie, &#x017F;agte, &#x017F;ie &#x017F;ollten das,<lb/>
was &#x017F;ie tragen, an die rechte Stelle thun, &#x017F;ollen &#x017F;ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0152] „Mutter, wir haben keine Nüſſe gebracht,“ ſagte der Knabe. „Aber dich ſelbſt, du kleines unvernünftiges Kind,“ ſagte die Mutter, „das mir lieber iſt als goldene Nüſſe.“ „Schauerlich war es und beinahe prächtig,“ ſagte Emma. „Laſſe mir das Bild nicht vor die Augen, Vater, ich bitte dich, — — was hätte werden können!“ ſagte die Mutter. „Sie lagen unter Reiſigbündeln,“ antwortete der Vater, „aber laſſe uns in das Haus gehen, ich werde dir alles erzählen, gib ihnen trokene Kleider und etwas zu eſſen, daß ihr Blut wieder in gleichmäſſige Bewegung komme.“ „So kommt, ihr Kinder,“ ſagte die Mutter. Sie wendete ſich, um durch den Garten in das Haus zu gehen. Die Kinder ſchloßen ſich an. Sie führte alle drei, ſo weit dies möglich iſt, an der Hand. Dann folgte die Großmutter und der Vater, dann die Knechte. Als man zu dem Haupteingange des Hauſes gekommen war, wandte ſich der Vater zu den Knechten um, dankte ihnen, entließ ſie, ſagte, ſie ſollten das, was ſie tragen, an die rechte Stelle thun, ſollen ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/152
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/152>, abgerufen am 21.11.2024.