außer dem Hause ihrer Eltern zu sehen gewesen: so ging sie jezt schon gar nirgends mehr hin als in die Kirche oder in ihrem Garten oder in den Räumen des Hauses herum.
Einige Zeit nach dem Tode seiner Eltern, durch welchen ihm das Haus derselben zugefallen war, das er nun allein bewohnte, änderte sich der Schuster gänz¬ lich. So wie er früher getollt hatte, so saß er jezt in seiner Stube, und hämmerte Tag und Nacht an seinen Sohlen. Er sezte prahlend einen Preis darauf, wenn es jemand gäbe, der bessere Schuhe und Fußbeklei¬ dungen machen könne. Er nahm keine andern Arbeiter als die besten, und trillte sie noch sehr herum, wenn sie in seiner Werkstätte arbeiteten, daß sie ihm folgten, und die Sache so einrichteten, wie er befahl. Wirklich brachte er es jezt auch dahin, daß nicht nur das ganze Dorf Gschaid, das zum größten Theile die Schuster¬ arbeit aus benachbarten Thälern bezogen hatte, bei ihm arbeiten ließ, daß das ganze Thal bei ihm arbei¬ ten ließ, und daß endlich sogar Einzelne von Mills¬ dorf und andern Thälern herein kamen, und sich ihre Fußbekleidungen von dem Schuster in Gschaid machen ließen. Sogar in die Ebene hinaus verbreitete sich sein Ruhm, daß manche, die in die Gebirge gehen wollten, sich die Schuhe dazu von ihm machen ließen.
außer dem Hauſe ihrer Eltern zu ſehen geweſen: ſo ging ſie jezt ſchon gar nirgends mehr hin als in die Kirche oder in ihrem Garten oder in den Räumen des Hauſes herum.
Einige Zeit nach dem Tode ſeiner Eltern, durch welchen ihm das Haus derſelben zugefallen war, das er nun allein bewohnte, änderte ſich der Schuster gänz¬ lich. So wie er früher getollt hatte, ſo ſaß er jezt in ſeiner Stube, und hämmerte Tag und Nacht an ſeinen Sohlen. Er ſezte prahlend einen Preis darauf, wenn es jemand gäbe, der beſſere Schuhe und Fußbeklei¬ dungen machen könne. Er nahm keine andern Arbeiter als die beſten, und trillte ſie noch ſehr herum, wenn ſie in ſeiner Werkſtätte arbeiteten, daß ſie ihm folgten, und die Sache ſo einrichteten, wie er befahl. Wirklich brachte er es jezt auch dahin, daß nicht nur das ganze Dorf Gſchaid, das zum größten Theile die Schuſter¬ arbeit aus benachbarten Thälern bezogen hatte, bei ihm arbeiten ließ, daß das ganze Thal bei ihm arbei¬ ten ließ, und daß endlich ſogar Einzelne von Mills¬ dorf und andern Thälern herein kamen, und ſich ihre Fußbekleidungen von dem Schuſter in Gſchaid machen ließen. Sogar in die Ebene hinaus verbreitete ſich ſein Ruhm, daß manche, die in die Gebirge gehen wollten, ſich die Schuhe dazu von ihm machen ließen.
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außer dem Hauſe ihrer Eltern zu ſehen geweſen:
ſo ging ſie jezt ſchon gar nirgends mehr hin als in
die Kirche oder in ihrem Garten oder in den Räumen
des Hauſes herum.
Einige Zeit nach dem Tode ſeiner Eltern, durch
welchen ihm das Haus derſelben zugefallen war, das
er nun allein bewohnte, änderte ſich der Schuster gänz¬
lich. So wie er früher getollt hatte, ſo ſaß er jezt in
ſeiner Stube, und hämmerte Tag und Nacht an ſeinen
Sohlen. Er ſezte prahlend einen Preis darauf, wenn
es jemand gäbe, der beſſere Schuhe und Fußbeklei¬
dungen machen könne. Er nahm keine andern Arbeiter
als die beſten, und trillte ſie noch ſehr herum, wenn
ſie in ſeiner Werkſtätte arbeiteten, daß ſie ihm folgten,
und die Sache ſo einrichteten, wie er befahl. Wirklich
brachte er es jezt auch dahin, daß nicht nur das ganze
Dorf Gſchaid, das zum größten Theile die Schuſter¬
arbeit aus benachbarten Thälern bezogen hatte, bei
ihm arbeiten ließ, daß das ganze Thal bei ihm arbei¬
ten ließ, und daß endlich ſogar Einzelne von Mills¬
dorf und andern Thälern herein kamen, und ſich
ihre Fußbekleidungen von dem Schuſter in Gſchaid
machen ließen. Sogar in die Ebene hinaus verbreitete
ſich ſein Ruhm, daß manche, die in die Gebirge gehen
wollten, ſich die Schuhe dazu von ihm machen ließen.
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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