Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Preis bestand meistens aus Münzen, die künstlich
gefaßt waren, und zu deren Gewinnung der Schuster
mehr gleiche Münzen ausgeben mußte, als der Preis
enthielt, besonders, da er wenig haushälterisch mit dem
Gelde war. Er ging auf alle Jagden, die in der
Gegend abgehalten wurden, und hatte sich den
Namen eines guten Schüzen erworben. Er ging aber
auch manchmal allein mit seiner Doppelbüchse und
mit Steigeisen fort, und einmal sagte man, daß er
eine schwere Wunde im Kopfe erhalten habe.

In Millsdorf war ein Färber, welcher gleich am
Anfange des Marktflekens, wenn man auf dem Wege
von Gschaid hinüber kam, ein sehr ansehnliches Ge¬
werbe hatte, mit vielen Leuten und sogar, was im
Thale etwas Unerhörtes war, mit Maschinen arbei¬
tete. Außerdem besaß er noch eine ausgebreitete Feld¬
wirthschaft. Zu der Tochter dieses reichen Färbers
ging der Schuster über das Gebirge, um sie zu ge¬
winnen. Sie war wegen ihrer Schönheit weit und
breit berühmt, aber auch wegen ihrer Eingezogenheit
Sittsamkeit und Häuslichkeit belobt. Dennoch, hieß
es, soll der Schuster ihre Aufmerksamkeit erregt haben.
Der Färber ließ ihn nicht in sein Haus kommen;
und hatte die schöne Tochter schon früher keine öffent¬
lichen Pläze und Lustbarkeiten besucht, und war selten

Der Preis beſtand meiſtens aus Münzen, die künſtlich
gefaßt waren, und zu deren Gewinnung der Schuſter
mehr gleiche Münzen ausgeben mußte, als der Preis
enthielt, beſonders, da er wenig haushälteriſch mit dem
Gelde war. Er ging auf alle Jagden, die in der
Gegend abgehalten wurden, und hatte ſich den
Namen eines guten Schüzen erworben. Er ging aber
auch manchmal allein mit ſeiner Doppelbüchſe und
mit Steigeiſen fort, und einmal ſagte man, daß er
eine ſchwere Wunde im Kopfe erhalten habe.

In Millsdorf war ein Färber, welcher gleich am
Anfange des Marktflekens, wenn man auf dem Wege
von Gſchaid hinüber kam, ein ſehr anſehnliches Ge¬
werbe hatte, mit vielen Leuten und ſogar, was im
Thale etwas Unerhörtes war, mit Maſchinen arbei¬
tete. Außerdem beſaß er noch eine ausgebreitete Feld¬
wirthſchaft. Zu der Tochter dieſes reichen Färbers
ging der Schuſter über das Gebirge, um ſie zu ge¬
winnen. Sie war wegen ihrer Schönheit weit und
breit berühmt, aber auch wegen ihrer Eingezogenheit
Sittſamkeit und Häuslichkeit belobt. Dennoch, hieß
es, ſoll der Schuſter ihre Aufmerkſamkeit erregt haben.
Der Färber ließ ihn nicht in ſein Haus kommen;
und hatte die ſchöne Tochter ſchon früher keine öffent¬
lichen Pläze und Luſtbarkeiten beſucht, und war ſelten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0034" n="23"/>
Der Preis be&#x017F;tand mei&#x017F;tens aus Münzen, die kün&#x017F;tlich<lb/>
gefaßt waren, und zu deren Gewinnung der Schu&#x017F;ter<lb/>
mehr gleiche Münzen ausgeben mußte, als der Preis<lb/>
enthielt, be&#x017F;onders, da er wenig haushälteri&#x017F;ch mit dem<lb/>
Gelde war. Er ging auf alle Jagden, die in der<lb/>
Gegend abgehalten wurden, und hatte &#x017F;ich den<lb/>
Namen eines guten Schüzen erworben. Er ging aber<lb/>
auch manchmal allein mit &#x017F;einer Doppelbüch&#x017F;e und<lb/>
mit Steigei&#x017F;en fort, und einmal &#x017F;agte man, daß er<lb/>
eine &#x017F;chwere Wunde im Kopfe erhalten habe.</p><lb/>
        <p>In Millsdorf war ein Färber, welcher gleich am<lb/>
Anfange des Marktflekens, wenn man auf dem Wege<lb/>
von G&#x017F;chaid hinüber kam, ein &#x017F;ehr an&#x017F;ehnliches Ge¬<lb/>
werbe hatte, mit vielen Leuten und &#x017F;ogar, was im<lb/>
Thale etwas Unerhörtes war, mit Ma&#x017F;chinen arbei¬<lb/>
tete. Außerdem be&#x017F;aß er noch eine ausgebreitete Feld¬<lb/>
wirth&#x017F;chaft. Zu der Tochter die&#x017F;es reichen Färbers<lb/>
ging der Schu&#x017F;ter über das Gebirge, um &#x017F;ie zu ge¬<lb/>
winnen. Sie war wegen ihrer Schönheit weit und<lb/>
breit berühmt, aber auch wegen ihrer Eingezogenheit<lb/>
Sitt&#x017F;amkeit und Häuslichkeit belobt. Dennoch, hieß<lb/>
es, &#x017F;oll der Schu&#x017F;ter ihre Aufmerk&#x017F;amkeit erregt haben.<lb/>
Der Färber ließ ihn nicht in &#x017F;ein Haus kommen;<lb/>
und hatte die &#x017F;chöne Tochter &#x017F;chon früher keine öffent¬<lb/>
lichen Pläze und Lu&#x017F;tbarkeiten be&#x017F;ucht, und war &#x017F;elten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0034] Der Preis beſtand meiſtens aus Münzen, die künſtlich gefaßt waren, und zu deren Gewinnung der Schuſter mehr gleiche Münzen ausgeben mußte, als der Preis enthielt, beſonders, da er wenig haushälteriſch mit dem Gelde war. Er ging auf alle Jagden, die in der Gegend abgehalten wurden, und hatte ſich den Namen eines guten Schüzen erworben. Er ging aber auch manchmal allein mit ſeiner Doppelbüchſe und mit Steigeiſen fort, und einmal ſagte man, daß er eine ſchwere Wunde im Kopfe erhalten habe. In Millsdorf war ein Färber, welcher gleich am Anfange des Marktflekens, wenn man auf dem Wege von Gſchaid hinüber kam, ein ſehr anſehnliches Ge¬ werbe hatte, mit vielen Leuten und ſogar, was im Thale etwas Unerhörtes war, mit Maſchinen arbei¬ tete. Außerdem beſaß er noch eine ausgebreitete Feld¬ wirthſchaft. Zu der Tochter dieſes reichen Färbers ging der Schuſter über das Gebirge, um ſie zu ge¬ winnen. Sie war wegen ihrer Schönheit weit und breit berühmt, aber auch wegen ihrer Eingezogenheit Sittſamkeit und Häuslichkeit belobt. Dennoch, hieß es, ſoll der Schuſter ihre Aufmerkſamkeit erregt haben. Der Färber ließ ihn nicht in ſein Haus kommen; und hatte die ſchöne Tochter ſchon früher keine öffent¬ lichen Pläze und Luſtbarkeiten beſucht, und war ſelten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/34
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/34>, abgerufen am 21.11.2024.