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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Ich verdenke es der Bürgelklasse nicht, daß sie sich durch
Robespierre nicht um ihre Zwecke bringen lassen mochte, d. h.
daß sie bei ihrem Egoismus anfragte, wie weit sie der revo¬
lutionären Idee Raum geben dürfe. Aber denen könnte man's
verdenken (wenn überhaupt ein Verdenken hier angebracht wäre),
die durch die Interessen der Bürgerklasse sich um ihre eigenen
bringen ließen. Indeß werden sie sich nicht über kurz oder lang
gleichfalls auf ihren Vortheil verstehen lernen? August Becker
sagt *): "Die Producenten (Proletarier) zu gewinnen, genügt
eine Negation der hergebrachten Rechtsbegriffe keineswegs. Die
Leute kümmern sich leider wenig um den theoretischen Sieg der
Idee. Man muß ihnen ad oculos demonstriren, wie dieser
Sieg praktisch für's Leben benutzt werden könne." Und S. 32:
"Ihr müßt die Leute bei ihren wirklichen Interessen anpacken,
wenn Ihr auf sie wirken wollt." Gleich darauf zeigt er, wie
unter unsern Bauern schon eine recht artige Sittenlosigkeit um
sich greift, weil sie ihr wirkliches Interesse lieber verfolgen, als
die Gebote der Sittlichkeit.

Weil die revolutionären Pfaffen oder Schulmeister dem
Menschen dienten, darum schnitten sie den Menschen die Hälse
ab. Die revolutionären Laien oder Profanen trugen nicht etwa
eine größere Scheu vor dem Halsabschneiden, waren aber we¬
niger um die Menschenrechte, d. h. die Rechte des Menschen
besorgt, als um die ihrigen.

Wie kommt es indessen, daß der Egoismus derer, welche
das persönliche Interesse behaupten und bei ihm alle Zeit an¬
fragen, dennoch immer wieder einem pfäffischen oder schulmei¬

*) Volksphilosophie unserer Tage, S. 22.

Ich verdenke es der Bürgelklaſſe nicht, daß ſie ſich durch
Robespierre nicht um ihre Zwecke bringen laſſen mochte, d. h.
daß ſie bei ihrem Egoismus anfragte, wie weit ſie der revo¬
lutionären Idee Raum geben dürfe. Aber denen könnte man's
verdenken (wenn überhaupt ein Verdenken hier angebracht wäre),
die durch die Intereſſen der Bürgerklaſſe ſich um ihre eigenen
bringen ließen. Indeß werden ſie ſich nicht über kurz oder lang
gleichfalls auf ihren Vortheil verſtehen lernen? Auguſt Becker
ſagt *): „Die Producenten (Proletarier) zu gewinnen, genügt
eine Negation der hergebrachten Rechtsbegriffe keineswegs. Die
Leute kümmern ſich leider wenig um den theoretiſchen Sieg der
Idee. Man muß ihnen ad oculos demonſtriren, wie dieſer
Sieg praktiſch für's Leben benutzt werden könne.“ Und S. 32:
„Ihr müßt die Leute bei ihren wirklichen Intereſſen anpacken,
wenn Ihr auf ſie wirken wollt.“ Gleich darauf zeigt er, wie
unter unſern Bauern ſchon eine recht artige Sittenloſigkeit um
ſich greift, weil ſie ihr wirkliches Intereſſe lieber verfolgen, als
die Gebote der Sittlichkeit.

Weil die revolutionären Pfaffen oder Schulmeiſter dem
Menſchen dienten, darum ſchnitten ſie den Menſchen die Hälſe
ab. Die revolutionären Laien oder Profanen trugen nicht etwa
eine größere Scheu vor dem Halsabſchneiden, waren aber we¬
niger um die Menſchenrechte, d. h. die Rechte des Menſchen
beſorgt, als um die ihrigen.

Wie kommt es indeſſen, daß der Egoismus derer, welche
das perſönliche Intereſſe behaupten und bei ihm alle Zeit an¬
fragen, dennoch immer wieder einem pfäffiſchen oder ſchulmei¬

*) Volksphiloſophie unſerer Tage, S. 22.
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[105/0113] Ich verdenke es der Bürgelklaſſe nicht, daß ſie ſich durch Robespierre nicht um ihre Zwecke bringen laſſen mochte, d. h. daß ſie bei ihrem Egoismus anfragte, wie weit ſie der revo¬ lutionären Idee Raum geben dürfe. Aber denen könnte man's verdenken (wenn überhaupt ein Verdenken hier angebracht wäre), die durch die Intereſſen der Bürgerklaſſe ſich um ihre eigenen bringen ließen. Indeß werden ſie ſich nicht über kurz oder lang gleichfalls auf ihren Vortheil verſtehen lernen? Auguſt Becker ſagt *): „Die Producenten (Proletarier) zu gewinnen, genügt eine Negation der hergebrachten Rechtsbegriffe keineswegs. Die Leute kümmern ſich leider wenig um den theoretiſchen Sieg der Idee. Man muß ihnen ad oculos demonſtriren, wie dieſer Sieg praktiſch für's Leben benutzt werden könne.“ Und S. 32: „Ihr müßt die Leute bei ihren wirklichen Intereſſen anpacken, wenn Ihr auf ſie wirken wollt.“ Gleich darauf zeigt er, wie unter unſern Bauern ſchon eine recht artige Sittenloſigkeit um ſich greift, weil ſie ihr wirkliches Intereſſe lieber verfolgen, als die Gebote der Sittlichkeit. Weil die revolutionären Pfaffen oder Schulmeiſter dem Menſchen dienten, darum ſchnitten ſie den Menſchen die Hälſe ab. Die revolutionären Laien oder Profanen trugen nicht etwa eine größere Scheu vor dem Halsabſchneiden, waren aber we¬ niger um die Menſchenrechte, d. h. die Rechte des Menſchen beſorgt, als um die ihrigen. Wie kommt es indeſſen, daß der Egoismus derer, welche das perſönliche Intereſſe behaupten und bei ihm alle Zeit an¬ fragen, dennoch immer wieder einem pfäffiſchen oder ſchulmei¬ *) Volksphiloſophie unſerer Tage, S. 22.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/113>, abgerufen am 27.11.2024.