sönliche Herrschaft frei wurden. Ist eine Concurrenz "frei", welche der Staat, dieser Herrscher im bürgerlichen Princip, in tausend Schranken einengt? Da macht ein reicher Fabrikant glänzende Geschäfte, und Ich möchte mit ihm concurriren. "Immerhin, sagt der Staat, ich habe gegen deine Person als Concurrenten nichts einzuwenden." Ja, erwiedere Ich, dazu brauche Ich aber einen Raum zu Gebäuden, brauche Geld! "Das ist schlimm, aber wenn Du kein Geld hast, kannst Du nicht concurriren. Nehmen darfst Du Keinem et¬ was, denn ich schütze und privilegire das Eigenthum." Die freie Concurrenz ist nicht "frei", weil Mir die Sache zur Concurrenz fehlt. Gegen meine Person läßt sich nichts ein¬ wenden, aber weil Ich die Sache nicht habe, so muß auch meine Person zurücktreten. Und wer hat die nöthige Sache? Etwa jener Fabrikant? Dem könnte Ich sie ja abnehmen! Nein, der Staat hat sie als Eigenthum, der Fabrikant nur als Lehen, als Besitzthum.
Weil es aber mit dem Fabrikanten nicht geht, so will Ich mit jenem Professor der Rechte concurriren; der Mann ist ein Gimpel, und Ich, der Ich hundertmal mehr weiß, als er, werde sein Auditorium leer machen. "Hast Du studirt und promovirt, Freund?" Nein, aber was thut das? Ich verstehe, was zu dem Lehrfache nöthig ist, reichlich. "Thut mir leid, aber die Concurrenz ist hier nicht "frei". Gegen deine Per¬ son ist nichts zu sagen, aber die Sache fehlt, das Doctor¬ diplom. Und dieß Diplom verlange ich, der Staat. Bitte mich erst schönstens darum, dann wollen wir zusehen, was zu thun ist."
Dieß also ist die "Freiheit" der Concurrenz. Der Staat, mein Herr, befähigt Mich erst zum Concurriren.
ſönliche Herrſchaft frei wurden. Iſt eine Concurrenz „frei“, welche der Staat, dieſer Herrſcher im bürgerlichen Princip, in tauſend Schranken einengt? Da macht ein reicher Fabrikant glänzende Geſchäfte, und Ich möchte mit ihm concurriren. „Immerhin, ſagt der Staat, ich habe gegen deine Perſon als Concurrenten nichts einzuwenden.“ Ja, erwiedere Ich, dazu brauche Ich aber einen Raum zu Gebäuden, brauche Geld! „Das iſt ſchlimm, aber wenn Du kein Geld haſt, kannſt Du nicht concurriren. Nehmen darfſt Du Keinem et¬ was, denn ich ſchütze und privilegire das Eigenthum.“ Die freie Concurrenz iſt nicht „frei“, weil Mir die Sache zur Concurrenz fehlt. Gegen meine Perſon läßt ſich nichts ein¬ wenden, aber weil Ich die Sache nicht habe, ſo muß auch meine Perſon zurücktreten. Und wer hat die nöthige Sache? Etwa jener Fabrikant? Dem könnte Ich ſie ja abnehmen! Nein, der Staat hat ſie als Eigenthum, der Fabrikant nur als Lehen, als Beſitzthum.
Weil es aber mit dem Fabrikanten nicht geht, ſo will Ich mit jenem Profeſſor der Rechte concurriren; der Mann iſt ein Gimpel, und Ich, der Ich hundertmal mehr weiß, als er, werde ſein Auditorium leer machen. „Haſt Du ſtudirt und promovirt, Freund?“ Nein, aber was thut das? Ich verſtehe, was zu dem Lehrfache nöthig iſt, reichlich. „Thut mir leid, aber die Concurrenz iſt hier nicht „frei“. Gegen deine Per¬ ſon iſt nichts zu ſagen, aber die Sache fehlt, das Doctor¬ diplom. Und dieß Diplom verlange ich, der Staat. Bitte mich erſt ſchönſtens darum, dann wollen wir zuſehen, was zu thun iſt.“
Dieß alſo iſt die „Freiheit“ der Concurrenz. Der Staat, mein Herr, befähigt Mich erſt zum Concurriren.
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ſönliche Herrſchaft frei wurden. Iſt eine Concurrenz „frei“,
welche der Staat, dieſer Herrſcher im bürgerlichen Princip, in
tauſend Schranken einengt? Da macht ein reicher Fabrikant
glänzende Geſchäfte, und Ich möchte mit ihm concurriren.
„Immerhin, ſagt der Staat, ich habe gegen deine Perſon
als Concurrenten nichts einzuwenden.“ Ja, erwiedere Ich,
dazu brauche Ich aber einen Raum zu Gebäuden, brauche
Geld! „Das iſt ſchlimm, aber wenn Du kein Geld haſt,
kannſt Du nicht concurriren. Nehmen darfſt Du Keinem et¬
was, denn ich ſchütze und privilegire das Eigenthum.“ Die
freie Concurrenz iſt nicht „frei“, weil Mir die Sache zur
Concurrenz fehlt. Gegen meine Perſon läßt ſich nichts ein¬
wenden, aber weil Ich die Sache nicht habe, ſo muß auch
meine Perſon zurücktreten. Und wer hat die nöthige Sache?
Etwa jener Fabrikant? Dem könnte Ich ſie ja abnehmen!
Nein, der Staat hat ſie als Eigenthum, der Fabrikant nur
als Lehen, als Beſitzthum.
Weil es aber mit dem Fabrikanten nicht geht, ſo will
Ich mit jenem Profeſſor der Rechte concurriren; der Mann
iſt ein Gimpel, und Ich, der Ich hundertmal mehr weiß, als
er, werde ſein Auditorium leer machen. „Haſt Du ſtudirt und
promovirt, Freund?“ Nein, aber was thut das? Ich verſtehe,
was zu dem Lehrfache nöthig iſt, reichlich. „Thut mir leid,
aber die Concurrenz iſt hier nicht „frei“. Gegen deine Per¬
ſon iſt nichts zu ſagen, aber die Sache fehlt, das Doctor¬
diplom. Und dieß Diplom verlange ich, der Staat. Bitte
mich erſt ſchönſtens darum, dann wollen wir zuſehen, was zu
thun iſt.“
Dieß alſo iſt die „Freiheit“ der Concurrenz. Der Staat,
mein Herr, befähigt Mich erſt zum Concurriren.
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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