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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und der Welt das
Leben giebt;" "das Brot des Lebens." Joh. 6.), ob man
ums "liebe Leben" sorgt oder um das "Leben in Ewigkeit":
das ändert den Zweck der Spannung und Sorge nicht, der im
einen wie im andern Falle sich als das Leben ausweist.
Kündigen sich die modernen Tendenzen anders an? Man
will, daß Niemand mehr um die nöthigsten Lebensbedürfnisse
in Verlegenheit komme, sondern sich darin gesichert finde, und
anderseits lehrt man, daß der Mensch sich ums Diesseits zu be¬
kümmern und in die wirkliche Welt einzuleben habe, ohn eitle
Sorge um ein Jenseits.

Fassen Wir dieselbe Sache von einer andern Seite auf.
Wer nur besorgt ist, daß er lebe, vergißt über diese Aengst¬
lichkeit leicht den Genuß des Lebens. Ist's ihm nur ums Leben
zu thun und denkt er, wenn Ich nur das liebe Leben habe, so
verwendet er nicht seine volle Kraft darauf, das Leben zu nutzen,
d. h. zu genießen. Wie aber nutzt man das Leben? Indem
man's verbraucht, gleich dem Lichte, das man nutzt, indem
man's verbrennt. Man nutzt das Leben und mithin sich, den
Lebendigen, indem man es und sich verzehrt. Lebensgenuß
ist Verbrauch des Lebens.

Nun -- den Genuß des Lebens suchen Wir auf! Und
was that die religiöse Welt? Sie suchte das Leben auf.
"Worin besteht das wahre Leben, das selige Leben u. s. w.?
Wie ist es zu erreichen? Was muß der Mensch thun und
werden, um ein wahrhaft Lebendiger zu sein? Wie erfüllt er
diesen Beruf?" Diese und ähnliche Fragen deuten darauf hin,
daß die Fragenden erst sich suchten, sich nämlich im wahren
Sinne, im Sinne der wahrhaftigen Lebendigkeit. "Was Ich
bin, ist Schaum und Schatten; was Ich sein werde, ist mein

das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und der Welt das
Leben giebt;“ „das Brot des Lebens.“ Joh. 6.), ob man
ums „liebe Leben“ ſorgt oder um das „Leben in Ewigkeit“:
das ändert den Zweck der Spannung und Sorge nicht, der im
einen wie im andern Falle ſich als das Leben ausweiſt.
Kündigen ſich die modernen Tendenzen anders an? Man
will, daß Niemand mehr um die nöthigſten Lebensbedürfniſſe
in Verlegenheit komme, ſondern ſich darin geſichert finde, und
anderſeits lehrt man, daß der Menſch ſich ums Dieſſeits zu be¬
kümmern und in die wirkliche Welt einzuleben habe, ohn eitle
Sorge um ein Jenſeits.

Faſſen Wir dieſelbe Sache von einer andern Seite auf.
Wer nur beſorgt iſt, daß er lebe, vergißt über dieſe Aengſt¬
lichkeit leicht den Genuß des Lebens. Iſt's ihm nur ums Leben
zu thun und denkt er, wenn Ich nur das liebe Leben habe, ſo
verwendet er nicht ſeine volle Kraft darauf, das Leben zu nutzen,
d. h. zu genießen. Wie aber nutzt man das Leben? Indem
man's verbraucht, gleich dem Lichte, das man nutzt, indem
man's verbrennt. Man nutzt das Leben und mithin ſich, den
Lebendigen, indem man es und ſich verzehrt. Lebensgenuß
iſt Verbrauch des Lebens.

Nun — den Genuß des Lebens ſuchen Wir auf! Und
was that die religiöſe Welt? Sie ſuchte das Leben auf.
„Worin beſteht das wahre Leben, das ſelige Leben u. ſ. w.?
Wie iſt es zu erreichen? Was muß der Menſch thun und
werden, um ein wahrhaft Lebendiger zu ſein? Wie erfüllt er
dieſen Beruf?“ Dieſe und ähnliche Fragen deuten darauf hin,
daß die Fragenden erſt ſich ſuchten, ſich nämlich im wahren
Sinne, im Sinne der wahrhaftigen Lebendigkeit. „Was Ich
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[427/0435] das Brot Gottes, das vom Himmel kommt und der Welt das Leben giebt;“ „das Brot des Lebens.“ Joh. 6.), ob man ums „liebe Leben“ ſorgt oder um das „Leben in Ewigkeit“: das ändert den Zweck der Spannung und Sorge nicht, der im einen wie im andern Falle ſich als das Leben ausweiſt. Kündigen ſich die modernen Tendenzen anders an? Man will, daß Niemand mehr um die nöthigſten Lebensbedürfniſſe in Verlegenheit komme, ſondern ſich darin geſichert finde, und anderſeits lehrt man, daß der Menſch ſich ums Dieſſeits zu be¬ kümmern und in die wirkliche Welt einzuleben habe, ohn eitle Sorge um ein Jenſeits. Faſſen Wir dieſelbe Sache von einer andern Seite auf. Wer nur beſorgt iſt, daß er lebe, vergißt über dieſe Aengſt¬ lichkeit leicht den Genuß des Lebens. Iſt's ihm nur ums Leben zu thun und denkt er, wenn Ich nur das liebe Leben habe, ſo verwendet er nicht ſeine volle Kraft darauf, das Leben zu nutzen, d. h. zu genießen. Wie aber nutzt man das Leben? Indem man's verbraucht, gleich dem Lichte, das man nutzt, indem man's verbrennt. Man nutzt das Leben und mithin ſich, den Lebendigen, indem man es und ſich verzehrt. Lebensgenuß iſt Verbrauch des Lebens. Nun — den Genuß des Lebens ſuchen Wir auf! Und was that die religiöſe Welt? Sie ſuchte das Leben auf. „Worin beſteht das wahre Leben, das ſelige Leben u. ſ. w.? Wie iſt es zu erreichen? Was muß der Menſch thun und werden, um ein wahrhaft Lebendiger zu ſein? Wie erfüllt er dieſen Beruf?“ Dieſe und ähnliche Fragen deuten darauf hin, daß die Fragenden erſt ſich ſuchten, ſich nämlich im wahren Sinne, im Sinne der wahrhaftigen Lebendigkeit. „Was Ich bin, iſt Schaum und Schatten; was Ich ſein werde, iſt mein

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/435>, abgerufen am 25.11.2024.