Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.kranke Mitglieder vorhanden, so traten die Meister hülflich *) Die Statuten bewilligten eigentlich nur Vorschüsse, welche die Wie- dergenesenen erstatten sollten; befanden sie sich dazu außer Stande, besonders wenn sie aus Mangel an Arbeit reisen mußten, so wurden sie ihnen erlassen. Starb der Kranke unter der Pflege der Gesell- schaft: so fiel seine Verlassenschaft an Kleidern, Geld etc. dieser an- heim, wenn seine Verwandten sie durch Erstattung der Verpflegungs- kosten nicht auslös'ten. **) Und wie er sich in Allem der Ehrbarkeit befleißigen soll, sagen die
Raschmacher in Quedlinburg, also soll er auch nicht mit unbedecktem Haupt und entblößten Füßen über die Straße gehen oder mit Knaben und Jungen spielen etc. (Prov.-A. in Magdeb.) Auch den Bäckerge- sellen in Erfurt wurde verboten, auf der Straße baarschenkelig zu erscheinen. Die Glaser in Magdeburg verboten in der Vorsage dem neuen Gesellen, aus der Tasche zu naschen etc. kranke Mitglieder vorhanden, ſo traten die Meiſter hülflich *) Die Statuten bewilligten eigentlich nur Vorſchüſſe, welche die Wie- dergeneſenen erſtatten ſollten; befanden ſie ſich dazu außer Stande, beſonders wenn ſie aus Mangel an Arbeit reiſen mußten, ſo wurden ſie ihnen erlaſſen. Starb der Kranke unter der Pflege der Geſell- ſchaft: ſo fiel ſeine Verlaſſenſchaft an Kleidern, Geld ꝛc. dieſer an- heim, wenn ſeine Verwandten ſie durch Erſtattung der Verpflegungs- koſten nicht auslöſ’ten. **) Und wie er ſich in Allem der Ehrbarkeit befleißigen ſoll, ſagen die
Raſchmacher in Quedlinburg, alſo ſoll er auch nicht mit unbedecktem Haupt und entblößten Füßen über die Straße gehen oder mit Knaben und Jungen ſpielen ꝛc. (Prov.-A. in Magdeb.) Auch den Bäckerge- ſellen in Erfurt wurde verboten, auf der Straße baarſchenkelig zu erſcheinen. Die Glaſer in Magdeburg verboten in der Vorſage dem neuen Geſellen, aus der Taſche zu naſchen ꝛc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0020" n="10"/> kranke Mitglieder vorhanden, ſo traten die Meiſter hülflich<lb/> hinzu. <note place="foot" n="*)">Die Statuten bewilligten eigentlich nur Vorſchüſſe, welche die Wie-<lb/> dergeneſenen erſtatten ſollten; befanden ſie ſich dazu außer Stande,<lb/> beſonders wenn ſie aus Mangel an Arbeit reiſen mußten, ſo wurden<lb/> ſie ihnen erlaſſen. Starb der Kranke unter der Pflege der Geſell-<lb/> ſchaft: ſo fiel ſeine Verlaſſenſchaft an Kleidern, Geld ꝛc. dieſer an-<lb/> heim, wenn ſeine Verwandten ſie durch Erſtattung der Verpflegungs-<lb/> koſten nicht auslöſ’ten.</note> Die Verſtorbenen wurden von der geſammten Brü-<lb/> derſchaft zur Erde beſtattet; zu dem Ende unterhielten in großen<lb/> Städten die Zimmergeſellen, Maurer, die Tuchmacher, Schuh-<lb/> macher, Schneider ꝛc. eigenes Leichengeräthe. Ihr öffentliches<lb/> Betragen ſollte anſtändig ſeyn, zu dem Ende durfte keiner un-<lb/> ſauber gekleidet auf der Straße erſcheinen, <note place="foot" n="**)">Und wie er ſich in Allem der Ehrbarkeit befleißigen ſoll, ſagen die<lb/> Raſchmacher in Quedlinburg, alſo ſoll er auch nicht mit unbedecktem<lb/> Haupt und entblößten Füßen über die Straße gehen oder mit Knaben<lb/> und Jungen ſpielen ꝛc. (Prov.-A. in Magdeb.) Auch den Bäckerge-<lb/> ſellen in Erfurt wurde verboten, auf der Straße <hi rendition="#g">baarſchenkelig</hi><lb/> zu erſcheinen. Die Glaſer in Magdeburg verboten in der Vorſage<lb/> dem neuen Geſellen, <hi rendition="#g">aus der Taſche zu naſchen</hi> ꝛc.</note> Trunkenheit ver-<lb/> meiden, nicht mit verdächtigen Frauenzimmern umgehen oder ſie<lb/> auf die Herberge bringen, bei der Abreiſe aus der Stadt keine<lb/> Schulden hinterlaſſen, widrigenfalls wurde ihnen nachgeſchrieben<lb/> und ſie ſo lange verfolgt, bis ſie ſolche berichtiget hatten; ſich<lb/> gegenſeitig nicht verläumden, überhaupt offen und redlich mit<lb/> einander umgehen; von dem, was bei der Auflage vorkam, nicht<lb/> gegen Fremde ſprechen, endlich die Gewohnheiten und Gebräuche<lb/> fortpflanzen, <hi rendition="#g">Handwerksgewohnheit ſtärken und nicht<lb/> ſchwächen</hi>, ſagten die Maurer und Seiler. Der Verdacht,<lb/> noch mehr aber eine bekannt gewordene ſchlechte Handlung,<lb/> Diebſtahl, abſichtlicher Betrug u. dgl. ſchloß den Betheiligten<lb/> bis nach erfolgter Entſcheidung, von der Brüderſchaft in jeder<lb/> Stadt aus; ungünſtige vollſtreckte obrigkeitliche Urtheile hatten<lb/> für ſie dieſelben harten Folgen wie bei den Meiſterſchaften, wo<lb/> ein erwieſener und beſtrafter Diebſtahl oder dem ähnliches Ver-<lb/> brechen den Verluſt der Innung oder Gilde nach ſich zog.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
kranke Mitglieder vorhanden, ſo traten die Meiſter hülflich
hinzu. *) Die Verſtorbenen wurden von der geſammten Brü-
derſchaft zur Erde beſtattet; zu dem Ende unterhielten in großen
Städten die Zimmergeſellen, Maurer, die Tuchmacher, Schuh-
macher, Schneider ꝛc. eigenes Leichengeräthe. Ihr öffentliches
Betragen ſollte anſtändig ſeyn, zu dem Ende durfte keiner un-
ſauber gekleidet auf der Straße erſcheinen, **) Trunkenheit ver-
meiden, nicht mit verdächtigen Frauenzimmern umgehen oder ſie
auf die Herberge bringen, bei der Abreiſe aus der Stadt keine
Schulden hinterlaſſen, widrigenfalls wurde ihnen nachgeſchrieben
und ſie ſo lange verfolgt, bis ſie ſolche berichtiget hatten; ſich
gegenſeitig nicht verläumden, überhaupt offen und redlich mit
einander umgehen; von dem, was bei der Auflage vorkam, nicht
gegen Fremde ſprechen, endlich die Gewohnheiten und Gebräuche
fortpflanzen, Handwerksgewohnheit ſtärken und nicht
ſchwächen, ſagten die Maurer und Seiler. Der Verdacht,
noch mehr aber eine bekannt gewordene ſchlechte Handlung,
Diebſtahl, abſichtlicher Betrug u. dgl. ſchloß den Betheiligten
bis nach erfolgter Entſcheidung, von der Brüderſchaft in jeder
Stadt aus; ungünſtige vollſtreckte obrigkeitliche Urtheile hatten
für ſie dieſelben harten Folgen wie bei den Meiſterſchaften, wo
ein erwieſener und beſtrafter Diebſtahl oder dem ähnliches Ver-
brechen den Verluſt der Innung oder Gilde nach ſich zog.
*) Die Statuten bewilligten eigentlich nur Vorſchüſſe, welche die Wie-
dergeneſenen erſtatten ſollten; befanden ſie ſich dazu außer Stande,
beſonders wenn ſie aus Mangel an Arbeit reiſen mußten, ſo wurden
ſie ihnen erlaſſen. Starb der Kranke unter der Pflege der Geſell-
ſchaft: ſo fiel ſeine Verlaſſenſchaft an Kleidern, Geld ꝛc. dieſer an-
heim, wenn ſeine Verwandten ſie durch Erſtattung der Verpflegungs-
koſten nicht auslöſ’ten.
**) Und wie er ſich in Allem der Ehrbarkeit befleißigen ſoll, ſagen die
Raſchmacher in Quedlinburg, alſo ſoll er auch nicht mit unbedecktem
Haupt und entblößten Füßen über die Straße gehen oder mit Knaben
und Jungen ſpielen ꝛc. (Prov.-A. in Magdeb.) Auch den Bäckerge-
ſellen in Erfurt wurde verboten, auf der Straße baarſchenkelig
zu erſcheinen. Die Glaſer in Magdeburg verboten in der Vorſage
dem neuen Geſellen, aus der Taſche zu naſchen ꝛc.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |