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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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mente bestanden in einem Hobel, Richtscheid, großem hölzernen
Zirkel und Winkelmaaß. Richtscheid und Hobel waren hohl
und mit Erbsen oder andern Dingen gefüllt, damit sie beim
Gebrauch Geräusch machten; es war gewöhnlich Musik bei dem
Feste, auch wurden nicht wenig Gäste dazu geladen. Nach-
dem die Handwerkslade aufgetragen und die Auflage mit den
gewöhnlichen Förmlichkeiten eröffnet war, trat der Hobelgesell,
die Musik voran, den großen hölzernen Zirkel, auf dessen Spitzen
eine Citrone oder Apfelsine, und ein Blumenstrauß steckten, im
Arm tragend herein; ihm folgten die Ausgelernten mit Blumen
geschmückt unter dem Richtscheid gehend, welches die beiden
Zeugen über ihnen trugen, der Gehülfe, seine Thorheiten mit den
Lehrlingen treibend, neben her. Nachdem sie sich mit dem Ge-
sicht gegen die Lade gerichtet hatten, redete ersterer die Gesell-
schaft nach erbetener Erlaubniß in Versen an, worin er fragte, ob
Jemand gegen ihn, seine Gehülfen oder die Ausgelernten etwas
zu erinnern habe. Nach erfolgter günstiger Antwort wurden
diese unter dem Richtscheid so gestellt, daß ihre Arme gleich
Statuen auf die Hüften gestützt ein gleichseitiges Dreieck bilde-
ten, die Füße mit den Fersen fest aneinander, so daß das Win-
kelmaaß genau dazwischen paßte, während dem spielten die Mu-
siker. Der Hobelgesell gebot nun Schweigen und fing seine
Predigt an, von der wir des gedrängten Raumes wegen nur
Auszüge geben dürfen.

Als ich gestern ging spazieren,
Mit einer Jungfer zu carressiren,
Da kam zu mir das grobe Holz, *)
Ganz aufgeblasen und ganz stolz,
Es stellt' sich gleichsam in die Thür
Und bracht' mir diese Rede für:
Die Lehrzeit, sagt' es, hat ein End',
Doch bin ich damit nicht content
Daß man mich einen Kuhschlüssel nennt, **)
*) Der Ausgelernte.
**) Das ist der Eckelname, mit dem sie die Ausgelernten so lange belegten,
bis sie die Hobelung ausgehalten hatten.

mente beſtanden in einem Hobel, Richtſcheid, großem hölzernen
Zirkel und Winkelmaaß. Richtſcheid und Hobel waren hohl
und mit Erbſen oder andern Dingen gefüllt, damit ſie beim
Gebrauch Geräuſch machten; es war gewöhnlich Muſik bei dem
Feſte, auch wurden nicht wenig Gäſte dazu geladen. Nach-
dem die Handwerkslade aufgetragen und die Auflage mit den
gewöhnlichen Förmlichkeiten eröffnet war, trat der Hobelgeſell,
die Muſik voran, den großen hölzernen Zirkel, auf deſſen Spitzen
eine Citrone oder Apfelſine, und ein Blumenſtrauß ſteckten, im
Arm tragend herein; ihm folgten die Ausgelernten mit Blumen
geſchmückt unter dem Richtſcheid gehend, welches die beiden
Zeugen über ihnen trugen, der Gehülfe, ſeine Thorheiten mit den
Lehrlingen treibend, neben her. Nachdem ſie ſich mit dem Ge-
ſicht gegen die Lade gerichtet hatten, redete erſterer die Geſell-
ſchaft nach erbetener Erlaubniß in Verſen an, worin er fragte, ob
Jemand gegen ihn, ſeine Gehülfen oder die Ausgelernten etwas
zu erinnern habe. Nach erfolgter günſtiger Antwort wurden
dieſe unter dem Richtſcheid ſo geſtellt, daß ihre Arme gleich
Statuen auf die Hüften geſtützt ein gleichſeitiges Dreieck bilde-
ten, die Füße mit den Ferſen feſt aneinander, ſo daß das Win-
kelmaaß genau dazwiſchen paßte, während dem ſpielten die Mu-
ſiker. Der Hobelgeſell gebot nun Schweigen und fing ſeine
Predigt an, von der wir des gedrängten Raumes wegen nur
Auszüge geben dürfen.

Als ich geſtern ging ſpazieren,
Mit einer Jungfer zu carreſſiren,
Da kam zu mir das grobe Holz, *)
Ganz aufgeblaſen und ganz ſtolz,
Es ſtellt’ ſich gleichſam in die Thür
Und bracht’ mir dieſe Rede für:
Die Lehrzeit, ſagt’ es, hat ein End’,
Doch bin ich damit nicht content
Daß man mich einen Kuhſchlüſſel nennt, **)
*) Der Ausgelernte.
**) Das iſt der Eckelname, mit dem ſie die Ausgelernten ſo lange belegten,
bis ſie die Hobelung ausgehalten hatten.
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[24/0034] mente beſtanden in einem Hobel, Richtſcheid, großem hölzernen Zirkel und Winkelmaaß. Richtſcheid und Hobel waren hohl und mit Erbſen oder andern Dingen gefüllt, damit ſie beim Gebrauch Geräuſch machten; es war gewöhnlich Muſik bei dem Feſte, auch wurden nicht wenig Gäſte dazu geladen. Nach- dem die Handwerkslade aufgetragen und die Auflage mit den gewöhnlichen Förmlichkeiten eröffnet war, trat der Hobelgeſell, die Muſik voran, den großen hölzernen Zirkel, auf deſſen Spitzen eine Citrone oder Apfelſine, und ein Blumenſtrauß ſteckten, im Arm tragend herein; ihm folgten die Ausgelernten mit Blumen geſchmückt unter dem Richtſcheid gehend, welches die beiden Zeugen über ihnen trugen, der Gehülfe, ſeine Thorheiten mit den Lehrlingen treibend, neben her. Nachdem ſie ſich mit dem Ge- ſicht gegen die Lade gerichtet hatten, redete erſterer die Geſell- ſchaft nach erbetener Erlaubniß in Verſen an, worin er fragte, ob Jemand gegen ihn, ſeine Gehülfen oder die Ausgelernten etwas zu erinnern habe. Nach erfolgter günſtiger Antwort wurden dieſe unter dem Richtſcheid ſo geſtellt, daß ihre Arme gleich Statuen auf die Hüften geſtützt ein gleichſeitiges Dreieck bilde- ten, die Füße mit den Ferſen feſt aneinander, ſo daß das Win- kelmaaß genau dazwiſchen paßte, während dem ſpielten die Mu- ſiker. Der Hobelgeſell gebot nun Schweigen und fing ſeine Predigt an, von der wir des gedrängten Raumes wegen nur Auszüge geben dürfen. Als ich geſtern ging ſpazieren, Mit einer Jungfer zu carreſſiren, Da kam zu mir das grobe Holz, *) Ganz aufgeblaſen und ganz ſtolz, Es ſtellt’ ſich gleichſam in die Thür Und bracht’ mir dieſe Rede für: Die Lehrzeit, ſagt’ es, hat ein End’, Doch bin ich damit nicht content Daß man mich einen Kuhſchlüſſel nennt, **) *) Der Ausgelernte. **) Das iſt der Eckelname, mit dem ſie die Ausgelernten ſo lange belegten, bis ſie die Hobelung ausgehalten hatten.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/34>, abgerufen am 21.11.2024.