Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.Diesem Danke ging immer ein dreimaliges Bitten vorher, auch Feste Dinge dieser Erden Müssen unverändert seyn, Willst Du jetzt mein Bruder werden, Es gescheh' bei Bier und Wein, So mußt Du mit Mund und Hand Ewig halten Bruderstand. Sonn' und Mond die stehen ewig, Erste ist ganz unbeweglich, Also wirst auch Du mir seyn Ewig bleiben Bruder mein. Eine allgemeine Fröhlichkeit herrschte, Fahnen wurden ge- Das Gesellenmachen der Tischler. Diese, die Buchdrucker, Schlosser, Böttcher und Seiler *) Es wurde dem neuen Gesellen auch der Gruß gelehrt, der bei der
Wanderschaft vorkommen wird. Dieſem Danke ging immer ein dreimaliges Bitten vorher, auch Feſte Dinge dieſer Erden Müſſen unverändert ſeyn, Willſt Du jetzt mein Bruder werden, Es geſcheh’ bei Bier und Wein, So mußt Du mit Mund und Hand Ewig halten Bruderſtand. Sonn’ und Mond die ſtehen ewig, Erſte iſt ganz unbeweglich, Alſo wirſt auch Du mir ſeyn Ewig bleiben Bruder mein. Eine allgemeine Fröhlichkeit herrſchte, Fahnen wurden ge- Das Geſellenmachen der Tiſchler. Dieſe, die Buchdrucker, Schloſſer, Böttcher und Seiler *) Es wurde dem neuen Geſellen auch der Gruß gelehrt, der bei der
Wanderſchaft vorkommen wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/> Dieſem Danke ging immer ein dreimaliges Bitten vorher, auch<lb/> durfte der Willkommen nicht mit bloßen Händen, ſondern mußte<lb/> mit einem ſaubern Tuch angefaßt werden. Nun wohnte der<lb/> neue Geſell der Auflage oder Zuſammenkunft der Geſellen zum<lb/> erſten Mal bei, wo ihm die Brüderſchaft in folgenden Verſen<lb/> zugebracht wurde:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Feſte Dinge dieſer Erden</l><lb/> <l>Müſſen unverändert ſeyn,</l><lb/> <l>Willſt Du jetzt mein Bruder werden,</l><lb/> <l>Es geſcheh’ bei Bier und Wein,</l><lb/> <l>So mußt Du mit Mund und Hand</l><lb/> <l>Ewig halten Bruderſtand.</l><lb/> <l>Sonn’ und Mond die ſtehen ewig,</l><lb/> <l>Erſte iſt ganz unbeweglich,</l><lb/> <l>Alſo wirſt auch Du mir ſeyn</l><lb/> <l>Ewig bleiben Bruder mein.</l> </lg><lb/> <p>Eine allgemeine Fröhlichkeit herrſchte, Fahnen wurden ge-<lb/> ſchwenkt, Muſik und Tanz beſchloſſen das Feſt. <note place="foot" n="*)">Es wurde dem neuen Geſellen auch der Gruß gelehrt, der bei der<lb/> Wanderſchaft vorkommen wird.</note></p><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Das Geſellenmachen der Tiſchler</hi>.</head><lb/> <p>Dieſe, die Buchdrucker, Schloſſer, Böttcher und Seiler<lb/> gingen ziemlich unſanft mit den Ausgelernten um, ſie reinigten<lb/> ſie gleichſam ſymboliſch von allen in der Lehre noch nicht abge-<lb/> legten oder angenommenen Unarten und belegten ſie bis dahin<lb/> mit häßlichen Namen; die dabei vorkommenden Manipulationen<lb/> nannten ſie <hi rendition="#g">Hobeln</hi>, die Buchdrucker: <hi rendition="#g">Deponiren</hi>, Schloſſer:<lb/><hi rendition="#g">Bartbeißen</hi>, Böttcher: <hi rendition="#g">Schleifen</hi>, Seiler: <hi rendition="#g">Jünger-</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Geſellenmachen</hi> ꝛc. Die Tiſchler wählten zu dem Geſchäft<lb/> im Zeichnen geübte Geſellen, die zugleich geſchickt waren, eine<lb/> lange Rede, die ſie Hobelpredigt nannten, zu halten, worin das<lb/> Alter und die Vortheile der Tiſchlerkunſt mit beſonderer Rückſicht<lb/> auf das Bauweſen entwickelt wurden. Ein anderer Geſell aſſi-<lb/> ſtirte ihm, ſpielte aber nur die luſtige Perſon, auch wurden zwei<lb/> Zeugen oder Pathen für die Ausgelernten gewählt. Die Inſtru-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
Dieſem Danke ging immer ein dreimaliges Bitten vorher, auch
durfte der Willkommen nicht mit bloßen Händen, ſondern mußte
mit einem ſaubern Tuch angefaßt werden. Nun wohnte der
neue Geſell der Auflage oder Zuſammenkunft der Geſellen zum
erſten Mal bei, wo ihm die Brüderſchaft in folgenden Verſen
zugebracht wurde:
Feſte Dinge dieſer Erden
Müſſen unverändert ſeyn,
Willſt Du jetzt mein Bruder werden,
Es geſcheh’ bei Bier und Wein,
So mußt Du mit Mund und Hand
Ewig halten Bruderſtand.
Sonn’ und Mond die ſtehen ewig,
Erſte iſt ganz unbeweglich,
Alſo wirſt auch Du mir ſeyn
Ewig bleiben Bruder mein.
Eine allgemeine Fröhlichkeit herrſchte, Fahnen wurden ge-
ſchwenkt, Muſik und Tanz beſchloſſen das Feſt. *)
Das Geſellenmachen der Tiſchler.
Dieſe, die Buchdrucker, Schloſſer, Böttcher und Seiler
gingen ziemlich unſanft mit den Ausgelernten um, ſie reinigten
ſie gleichſam ſymboliſch von allen in der Lehre noch nicht abge-
legten oder angenommenen Unarten und belegten ſie bis dahin
mit häßlichen Namen; die dabei vorkommenden Manipulationen
nannten ſie Hobeln, die Buchdrucker: Deponiren, Schloſſer:
Bartbeißen, Böttcher: Schleifen, Seiler: Jünger- oder
Geſellenmachen ꝛc. Die Tiſchler wählten zu dem Geſchäft
im Zeichnen geübte Geſellen, die zugleich geſchickt waren, eine
lange Rede, die ſie Hobelpredigt nannten, zu halten, worin das
Alter und die Vortheile der Tiſchlerkunſt mit beſonderer Rückſicht
auf das Bauweſen entwickelt wurden. Ein anderer Geſell aſſi-
ſtirte ihm, ſpielte aber nur die luſtige Perſon, auch wurden zwei
Zeugen oder Pathen für die Ausgelernten gewählt. Die Inſtru-
*) Es wurde dem neuen Geſellen auch der Gruß gelehrt, der bei der
Wanderſchaft vorkommen wird.
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