Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.wiese er den jungen Gesellen. Hatte dieser bisher manche Unbill Nach der Handlung stellte man den neuen Gesellen wieder "Martin." Bis jetzt hießest Du Martin unter der Bank, jetzt heißt Ferner nahmen die jungen Gesellen dabei ein Zeichen an, Auch die Steinmetzgesellen führten dergleichen Zeichen, welche *) Offenbar ein Investiturzeichen, z. B. bei Belehnungen; auch bei der Firmelung giebt der Bischof den Confirmanden einen Backenstreich; die Worte des Gesellen passen freilich nicht dazu. **)
[Abbildung]
***) Ein itzlicher wandergesell sol bithen um eine bicke, darnach um ein
Stück Steins, darnach um gezeugk, das sol man jm williglichen leihen -- um nehmlich sein Gesellenzeichen darauf einzuhauen. -- (Stieglitz, wieſe er den jungen Geſellen. Hatte dieſer bisher manche Unbill Nach der Handlung ſtellte man den neuen Geſellen wieder „Martin.“ Bis jetzt hießeſt Du Martin unter der Bank, jetzt heißt Ferner nahmen die jungen Geſellen dabei ein Zeichen an, Auch die Steinmetzgeſellen führten dergleichen Zeichen, welche *) Offenbar ein Inveſtiturzeichen, z. B. bei Belehnungen; auch bei der Firmelung giebt der Biſchof den Confirmanden einen Backenſtreich; die Worte des Geſellen paſſen freilich nicht dazu. **)
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***) Ein itzlicher wandergeſell ſol bithen um eine bicke, darnach um ein
Stück Steins, darnach um gezeugk, das ſol man jm williglichen leihen — um nehmlich ſein Geſellenzeichen darauf einzuhauen. — (Stieglitz, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0038" n="28"/> wieſe er den jungen Geſellen. Hatte dieſer bisher manche Unbill<lb/> von ihm zu dulden, ſo mußte er ſich nun ſelbſt der Cenſur der<lb/> ganzen Geſellſchaft ausſetzen, und für jeden Fehler in der Zeich-<lb/> nung oder Erklärung Strafe bezahlen; auch hatte er von den<lb/> Gebühren, welche die jungen Geſellen an ihn entrichteten, die<lb/> erforderlichen Getränke für die anweſenden Gäſte anzuſchaffen.<lb/> Hiſtoriſch merkwürdig iſt noch Folgendes dabei:</p><lb/> <p>Nach der Handlung ſtellte man den neuen Geſellen wieder<lb/> unter das Richtſcheid; der Hobelgeſell ergriff es aber und hielt<lb/> es ihm unters Kinn indem er fragte: wie heißt Du?</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">„Martin.“</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Bis jetzt hießeſt Du Martin unter der Bank, jetzt heißt<lb/> Du Martin auf der Bank; dabei gab er ihm einen leich-<lb/> ten Backenſtreich und ſagte: das leide nur von mir, hin-<lb/> fort von keinem andern. <note place="foot" n="*)">Offenbar ein Inveſtiturzeichen, z. B. bei Belehnungen; auch bei der<lb/> Firmelung giebt der Biſchof den Confirmanden einen Backenſtreich; die<lb/> Worte des Geſellen paſſen freilich nicht dazu.</note></hi> </p><lb/> <p>Ferner nahmen die jungen Geſellen dabei ein Zeichen an,<lb/> das ſie auf der Wanderſchaft auf Erfordern der Brüderſchaft<lb/> vorzeigten; auch mußten ſie die Namen des Hobelgeſellen und<lb/> der beiden Zeugen genau merken, damit ſie ſolche auf Verlangen<lb/> angeben und als wirkliche oder ſogenannte gemachte Geſellen<lb/> ſich legitimiren konnten, <note place="foot" n="**)"><figure/></note> denn mehr als Reiſepaß und Kund-<lb/> ſchaft galten ihnen der Gruß und dieſes ſinnliche Zeichen.</p><lb/> <p>Auch die Steinmetzgeſellen führten dergleichen Zeichen, welche<lb/> ſie auf ihren Reiſen und Zuſprachen in den Bauhütten oder Lo-<lb/> gen, auf ein Stück Stein mit der Bicke eingruben; die an großen<lb/> Werken arbeitenden Geſellen gruben ſolche Zeichen in die von<lb/> ihnen bearbeiteten Werkſtücke. <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="***)">Ein itzlicher wandergeſell ſol bithen um eine bicke, darnach um ein<lb/> Stück Steins, darnach um gezeugk, das ſol man jm williglichen leihen<lb/> — um nehmlich ſein Geſellenzeichen darauf einzuhauen. — (Stieglitz,</note></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
wieſe er den jungen Geſellen. Hatte dieſer bisher manche Unbill
von ihm zu dulden, ſo mußte er ſich nun ſelbſt der Cenſur der
ganzen Geſellſchaft ausſetzen, und für jeden Fehler in der Zeich-
nung oder Erklärung Strafe bezahlen; auch hatte er von den
Gebühren, welche die jungen Geſellen an ihn entrichteten, die
erforderlichen Getränke für die anweſenden Gäſte anzuſchaffen.
Hiſtoriſch merkwürdig iſt noch Folgendes dabei:
Nach der Handlung ſtellte man den neuen Geſellen wieder
unter das Richtſcheid; der Hobelgeſell ergriff es aber und hielt
es ihm unters Kinn indem er fragte: wie heißt Du?
„Martin.“
Bis jetzt hießeſt Du Martin unter der Bank, jetzt heißt
Du Martin auf der Bank; dabei gab er ihm einen leich-
ten Backenſtreich und ſagte: das leide nur von mir, hin-
fort von keinem andern. *)
Ferner nahmen die jungen Geſellen dabei ein Zeichen an,
das ſie auf der Wanderſchaft auf Erfordern der Brüderſchaft
vorzeigten; auch mußten ſie die Namen des Hobelgeſellen und
der beiden Zeugen genau merken, damit ſie ſolche auf Verlangen
angeben und als wirkliche oder ſogenannte gemachte Geſellen
ſich legitimiren konnten, **) denn mehr als Reiſepaß und Kund-
ſchaft galten ihnen der Gruß und dieſes ſinnliche Zeichen.
Auch die Steinmetzgeſellen führten dergleichen Zeichen, welche
ſie auf ihren Reiſen und Zuſprachen in den Bauhütten oder Lo-
gen, auf ein Stück Stein mit der Bicke eingruben; die an großen
Werken arbeitenden Geſellen gruben ſolche Zeichen in die von
ihnen bearbeiteten Werkſtücke. ***)
*) Offenbar ein Inveſtiturzeichen, z. B. bei Belehnungen; auch bei der
Firmelung giebt der Biſchof den Confirmanden einen Backenſtreich; die
Worte des Geſellen paſſen freilich nicht dazu.
**)
[Abbildung]
***) Ein itzlicher wandergeſell ſol bithen um eine bicke, darnach um ein
Stück Steins, darnach um gezeugk, das ſol man jm williglichen leihen
— um nehmlich ſein Geſellenzeichen darauf einzuhauen. — (Stieglitz,
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