Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.werden, sie zogen festgesetzte oder willkührliche Strafen nach sich. Hier vor offener Lade ließen sich die Gesellen von ihren Alt- Folgende Gegenstände konnten gleichsam in erster Instanz Wir gedenken hier des sogenannten schwarzen Buches, oder *) Man erinnere sich, was bei dem Gesellensprechen der Schlosser der
Altgesell zu dem Ausgelernten sagte. werden, ſie zogen feſtgeſetzte oder willkührliche Strafen nach ſich. Hier vor offener Lade ließen ſich die Geſellen von ihren Alt- Folgende Gegenſtände konnten gleichſam in erſter Inſtanz Wir gedenken hier des ſogenannten ſchwarzen Buches, oder *) Man erinnere ſich, was bei dem Geſellenſprechen der Schloſſer der
Altgeſell zu dem Ausgelernten ſagte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="74"/> werden, ſie zogen feſtgeſetzte oder willkührliche Strafen nach ſich.<lb/> Den Ernſt milderte Scherz, nach dem Grade ihrer Bildung,<lb/> dem Jugendleben angemeſſen, damit Niemand als eigentlich<lb/> Untergeordneter erſchien. Niemand durfte, ohne vorher erbetene<lb/> Erlaubniß, etwas vorbringen; zu dem Ende wurden drei Um-<lb/> fragen gehalten. In einigen Statuten werden die Geſellen auf-<lb/> gefordert, vor jeder Auflage die Schulden zu bezahlen, welche<lb/> ſie unter ſich oder bei anderen Perſonen gemacht haben, »<hi rendition="#g">da-<lb/> mit Fried und Einigkeit erhalten werde</hi>«.</p><lb/> <p>Hier vor offener Lade ließen ſich die Geſellen von ihren Alt-<lb/> geſellen oder den Geſellenvätern viel ſagen, von ihnen nahmen ſie<lb/> lieber und bereitwilliger Verordnungen der öffentlichen Behörden<lb/> entgegen, als von den Boten derſelben.</p><lb/> <p>Folgende Gegenſtände konnten gleichſam in erſter Inſtanz<lb/> vor die Brüderſchaft gebracht werden: Klagen der Meiſter über<lb/> Zeitverſäumniß, zweideutiges Betragen im Hauſe oder in der<lb/> Werkſtatt, Trunkenheit, nächtliches Ausbleiben, Verbalinjurien,<lb/> verletzte Förmlichkeit oder Nachläſſigkeit bei der Umſchau, Ge-<lb/> ſchwätzigkeit in Bezug auf die Vorgänge in des Meiſters Hauſe<lb/> oder Werkſtatt, bei der Auflage, Herabſetzen der häuslichen Ein-<lb/> richtung der Meiſter, Untreue, Betrug, leichtſinniges Verſchul-<lb/> den, Verführen der Mädchen, Umgang mit berüchtigten Frauen,<lb/> auch geringen nicht gildewürdigen Perſonen, alles mit Vorbehalt<lb/> der Innungsrechte oder richterlichen Unterſuchung in zweifelhaf-<lb/> ten und ſchwer gravirenden Fällen, wo dann der Beſchuldigte<lb/> gewöhnlich ſo lange von der Brüderſchaft ausgeſchloſſen wurde,<lb/> bis er gehörig gerechtfertigt erſchien. <note place="foot" n="*)">Man erinnere ſich, was bei dem Geſellenſprechen der Schloſſer der<lb/> Altgeſell zu dem Ausgelernten ſagte.</note> Die gewöhlichen Strafen<lb/> für leichte Vergehen beſtanden in alter Zeit in Wachs zu Kerzen<lb/> oder in Bier, in neuerer Zeit in Gelde, welches im Intereſſe der<lb/> Brüderſchaft verwendet wurde; die Strafe durfte die Höhe eines<lb/> Wochenlohns erreichen.</p><lb/> <p>Wir gedenken hier des ſogenannten ſchwarzen Buches, oder<lb/> der ſchwarzen Tafel. Es war allerdings, im Vergleich ſeiner<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [74/0084]
werden, ſie zogen feſtgeſetzte oder willkührliche Strafen nach ſich.
Den Ernſt milderte Scherz, nach dem Grade ihrer Bildung,
dem Jugendleben angemeſſen, damit Niemand als eigentlich
Untergeordneter erſchien. Niemand durfte, ohne vorher erbetene
Erlaubniß, etwas vorbringen; zu dem Ende wurden drei Um-
fragen gehalten. In einigen Statuten werden die Geſellen auf-
gefordert, vor jeder Auflage die Schulden zu bezahlen, welche
ſie unter ſich oder bei anderen Perſonen gemacht haben, »da-
mit Fried und Einigkeit erhalten werde«.
Hier vor offener Lade ließen ſich die Geſellen von ihren Alt-
geſellen oder den Geſellenvätern viel ſagen, von ihnen nahmen ſie
lieber und bereitwilliger Verordnungen der öffentlichen Behörden
entgegen, als von den Boten derſelben.
Folgende Gegenſtände konnten gleichſam in erſter Inſtanz
vor die Brüderſchaft gebracht werden: Klagen der Meiſter über
Zeitverſäumniß, zweideutiges Betragen im Hauſe oder in der
Werkſtatt, Trunkenheit, nächtliches Ausbleiben, Verbalinjurien,
verletzte Förmlichkeit oder Nachläſſigkeit bei der Umſchau, Ge-
ſchwätzigkeit in Bezug auf die Vorgänge in des Meiſters Hauſe
oder Werkſtatt, bei der Auflage, Herabſetzen der häuslichen Ein-
richtung der Meiſter, Untreue, Betrug, leichtſinniges Verſchul-
den, Verführen der Mädchen, Umgang mit berüchtigten Frauen,
auch geringen nicht gildewürdigen Perſonen, alles mit Vorbehalt
der Innungsrechte oder richterlichen Unterſuchung in zweifelhaf-
ten und ſchwer gravirenden Fällen, wo dann der Beſchuldigte
gewöhnlich ſo lange von der Brüderſchaft ausgeſchloſſen wurde,
bis er gehörig gerechtfertigt erſchien. *) Die gewöhlichen Strafen
für leichte Vergehen beſtanden in alter Zeit in Wachs zu Kerzen
oder in Bier, in neuerer Zeit in Gelde, welches im Intereſſe der
Brüderſchaft verwendet wurde; die Strafe durfte die Höhe eines
Wochenlohns erreichen.
Wir gedenken hier des ſogenannten ſchwarzen Buches, oder
der ſchwarzen Tafel. Es war allerdings, im Vergleich ſeiner
*) Man erinnere ſich, was bei dem Geſellenſprechen der Schloſſer der
Altgeſell zu dem Ausgelernten ſagte.
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