Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit Gunst, daß ich mag einräumen Alles, was günstige
Meister und Gesellen zum Einschreiben und Auflegen
gebraucht haben, zum ersten, zweiten und dritten Mal
bei der Buße. Mit Gunst, daß ich mag den Gesellen-
kreis auslöschen. Mit Gunst, ihr Gesellen, ich danke
euch, daß ihr fromme und bescheidene Söhne gewesen,
ich hoffe, ihr werdet es bleiben in den nächsten sechs
Wochen. So wie ich unserer Gesellen-Lade Schloß
schließe, soll ein Jeder seinen Mund schließen. *) Mit
Gunst, aus Kraft und Macht schließe ich zu. Der
Knappmeister wird die Lade abtragen.
Knappmeister. Mit Gunst, daß ich mag die Lade abtra-
gen, nach Handwerksgebrauch.
Altgesell. Mit Gunst stecke ich mein Schwerd in die
Scheide. **) Mit Gunst, Ihr Bursche, bedeckt eure
Häupter; mit Gunst, daß ich mein Haupt bedecke.

II. Vereinigte Gewerke der Schlosser, Uhr-,
Spor-, Büchsen- und Windenmacher
.

Wenn alle Gesellen um die bestimmte Stunde beisammen
waren, klopfte der Altgesell mit einem Schlüssel dreimal auf den
Tisch und sprach:

Also mit Gunst! Was Schlosser, Uhr-, Spor-, Büchsen-
und Windenmacher sind, welche nach Handwerksge-
brauch in Arbeit stehen, wollen so gut sein, und sich
zum Gebot verfügen.

Hierauf begab sich die ganze Gesellschaft in ein besonderes
Zimmer, wo an einer Tafel der Obermeister nebst zwei andern

*) Andeutung zur Verschwiegenheit.
**) Dies deutet auf ein ehemaliges Richteramt. Der Schmiede-Obermei-
ster in Erfurt wurde mit Heiligen und Stab beliehen, vielleicht standen
den Obermeistern bei feierlichen Gelegenheiten zwei Altgesellen mit
entblößten Wehren zur Seite. Saß doch, nach einer mir gewordenen
schriftlichen Mittheilung, der Maurer-Obermeister bei dem Dombau zu
Straßburg, 1275, unter einem Baldachin, wenn er Gericht hielt.
Mit Gunſt, daß ich mag einräumen Alles, was günſtige
Meiſter und Geſellen zum Einſchreiben und Auflegen
gebraucht haben, zum erſten, zweiten und dritten Mal
bei der Buße. Mit Gunſt, daß ich mag den Geſellen-
kreis auslöſchen. Mit Gunſt, ihr Geſellen, ich danke
euch, daß ihr fromme und beſcheidene Söhne geweſen,
ich hoffe, ihr werdet es bleiben in den nächſten ſechs
Wochen. So wie ich unſerer Geſellen-Lade Schloß
ſchließe, ſoll ein Jeder ſeinen Mund ſchließen. *) Mit
Gunſt, aus Kraft und Macht ſchließe ich zu. Der
Knappmeiſter wird die Lade abtragen.
Knappmeiſter. Mit Gunſt, daß ich mag die Lade abtra-
gen, nach Handwerksgebrauch.
Altgeſell. Mit Gunſt ſtecke ich mein Schwerd in die
Scheide. **) Mit Gunſt, Ihr Burſche, bedeckt eure
Häupter; mit Gunſt, daß ich mein Haupt bedecke.

II. Vereinigte Gewerke der Schloſſer, Uhr-,
Spor-, Büchſen- und Windenmacher
.

Wenn alle Geſellen um die beſtimmte Stunde beiſammen
waren, klopfte der Altgeſell mit einem Schlüſſel dreimal auf den
Tiſch und ſprach:

Alſo mit Gunſt! Was Schloſſer, Uhr-, Spor-, Büchſen-
und Windenmacher ſind, welche nach Handwerksge-
brauch in Arbeit ſtehen, wollen ſo gut ſein, und ſich
zum Gebot verfügen.

Hierauf begab ſich die ganze Geſellſchaft in ein beſonderes
Zimmer, wo an einer Tafel der Obermeiſter nebſt zwei andern

*) Andeutung zur Verſchwiegenheit.
**) Dies deutet auf ein ehemaliges Richteramt. Der Schmiede-Obermei-
ſter in Erfurt wurde mit Heiligen und Stab beliehen, vielleicht ſtanden
den Obermeiſtern bei feierlichen Gelegenheiten zwei Altgeſellen mit
entblößten Wehren zur Seite. Saß doch, nach einer mir gewordenen
ſchriftlichen Mittheilung, der Maurer-Obermeiſter bei dem Dombau zu
Straßburg, 1275, unter einem Baldachin, wenn er Gericht hielt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0095" n="85"/>
            <list>
              <item>Mit Gun&#x017F;t, daß ich mag einräumen Alles, was gün&#x017F;tige<lb/>
Mei&#x017F;ter und Ge&#x017F;ellen zum Ein&#x017F;chreiben und Auflegen<lb/>
gebraucht haben, zum er&#x017F;ten, zweiten und dritten Mal<lb/>
bei der Buße. Mit Gun&#x017F;t, daß ich mag den Ge&#x017F;ellen-<lb/>
kreis auslö&#x017F;chen. Mit Gun&#x017F;t, ihr Ge&#x017F;ellen, ich danke<lb/>
euch, daß ihr fromme und be&#x017F;cheidene Söhne gewe&#x017F;en,<lb/>
ich hoffe, ihr werdet es bleiben in den näch&#x017F;ten &#x017F;echs<lb/>
Wochen. So wie ich un&#x017F;erer Ge&#x017F;ellen-Lade Schloß<lb/>
&#x017F;chließe, &#x017F;oll ein Jeder &#x017F;einen Mund &#x017F;chließen. <note place="foot" n="*)">Andeutung zur Ver&#x017F;chwiegenheit.</note> Mit<lb/>
Gun&#x017F;t, aus Kraft und Macht &#x017F;chließe ich zu. Der<lb/>
Knappmei&#x017F;ter wird die Lade abtragen.</item><lb/>
              <item><hi rendition="#g">Knappmei&#x017F;ter</hi>. Mit Gun&#x017F;t, daß ich mag die Lade abtra-<lb/>
gen, nach Handwerksgebrauch.</item><lb/>
              <item><hi rendition="#g">Altge&#x017F;ell</hi>. Mit Gun&#x017F;t &#x017F;tecke ich mein Schwerd in die<lb/>
Scheide. <note place="foot" n="**)">Dies deutet auf ein ehemaliges Richteramt. Der Schmiede-Obermei-<lb/>
&#x017F;ter in Erfurt wurde mit Heiligen und Stab beliehen, vielleicht &#x017F;tanden<lb/>
den Obermei&#x017F;tern bei feierlichen Gelegenheiten zwei Altge&#x017F;ellen mit<lb/>
entblößten Wehren zur Seite. Saß doch, nach einer mir gewordenen<lb/>
&#x017F;chriftlichen Mittheilung, der Maurer-Obermei&#x017F;ter bei dem Dombau zu<lb/>
Straßburg, 1275, unter einem Baldachin, wenn er Gericht hielt.</note> Mit Gun&#x017F;t, Ihr Bur&#x017F;che, bedeckt eure<lb/>
Häupter; mit Gun&#x017F;t, daß ich mein Haupt bedecke.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Vereinigte Gewerke der Schlo&#x017F;&#x017F;er, Uhr-,<lb/>
Spor-, Büch&#x017F;en- und Windenmacher</hi>.</hi> </head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Wenn alle Ge&#x017F;ellen um die be&#x017F;timmte Stunde bei&#x017F;ammen<lb/>
waren, klopfte der Altge&#x017F;ell mit einem Schlü&#x017F;&#x017F;el dreimal auf den<lb/>
Ti&#x017F;ch und &#x017F;prach:</p><lb/>
            <list>
              <item>Al&#x017F;o mit Gun&#x017F;t! Was Schlo&#x017F;&#x017F;er, Uhr-, Spor-, Büch&#x017F;en-<lb/>
und Windenmacher &#x017F;ind, welche nach Handwerksge-<lb/>
brauch in Arbeit &#x017F;tehen, wollen &#x017F;o gut &#x017F;ein, und &#x017F;ich<lb/>
zum Gebot verfügen.</item>
            </list><lb/>
            <p>Hierauf begab &#x017F;ich die ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in ein be&#x017F;onderes<lb/>
Zimmer, wo an einer Tafel der Obermei&#x017F;ter neb&#x017F;t zwei andern<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0095] Mit Gunſt, daß ich mag einräumen Alles, was günſtige Meiſter und Geſellen zum Einſchreiben und Auflegen gebraucht haben, zum erſten, zweiten und dritten Mal bei der Buße. Mit Gunſt, daß ich mag den Geſellen- kreis auslöſchen. Mit Gunſt, ihr Geſellen, ich danke euch, daß ihr fromme und beſcheidene Söhne geweſen, ich hoffe, ihr werdet es bleiben in den nächſten ſechs Wochen. So wie ich unſerer Geſellen-Lade Schloß ſchließe, ſoll ein Jeder ſeinen Mund ſchließen. *) Mit Gunſt, aus Kraft und Macht ſchließe ich zu. Der Knappmeiſter wird die Lade abtragen. Knappmeiſter. Mit Gunſt, daß ich mag die Lade abtra- gen, nach Handwerksgebrauch. Altgeſell. Mit Gunſt ſtecke ich mein Schwerd in die Scheide. **) Mit Gunſt, Ihr Burſche, bedeckt eure Häupter; mit Gunſt, daß ich mein Haupt bedecke. II. Vereinigte Gewerke der Schloſſer, Uhr-, Spor-, Büchſen- und Windenmacher. Wenn alle Geſellen um die beſtimmte Stunde beiſammen waren, klopfte der Altgeſell mit einem Schlüſſel dreimal auf den Tiſch und ſprach: Alſo mit Gunſt! Was Schloſſer, Uhr-, Spor-, Büchſen- und Windenmacher ſind, welche nach Handwerksge- brauch in Arbeit ſtehen, wollen ſo gut ſein, und ſich zum Gebot verfügen. Hierauf begab ſich die ganze Geſellſchaft in ein beſonderes Zimmer, wo an einer Tafel der Obermeiſter nebſt zwei andern *) Andeutung zur Verſchwiegenheit. **) Dies deutet auf ein ehemaliges Richteramt. Der Schmiede-Obermei- ſter in Erfurt wurde mit Heiligen und Stab beliehen, vielleicht ſtanden den Obermeiſtern bei feierlichen Gelegenheiten zwei Altgeſellen mit entblößten Wehren zur Seite. Saß doch, nach einer mir gewordenen ſchriftlichen Mittheilung, der Maurer-Obermeiſter bei dem Dombau zu Straßburg, 1275, unter einem Baldachin, wenn er Gericht hielt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/95
Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/95>, abgerufen am 21.11.2024.