Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.Meistern saßen, neben diese setzten sich die Altgesellen; auf der Also mit Gunst! Gesellen und Jünger sollen bedankt sein, daß sie auf Befehl des Herrn Ladenmeisters und des Altgesellen auf des Ordenjüngers *) Vorbot erschienen sind. Sind zwei Ordenjünger vorhanden, so trete der eine an die Thür, der andere vor den Tisch, und fordere das verborgene Gewehr ab. **) Also mit Gunst, es soll die Lade geöffnet werden. Nun schloß er die Lade auf und gab jedem der Ordenjün- Also mit Gunst! Gesellen und Jünger sollen wissen, war- um wir heute, und gewöhnlich nach vier Wochen, zu- sammenkommen; es geschieht zur Erhaltung Friedens und Einigkeit unter uns, und Erhaltung unserer Herberge. Sodann sollen wir I. Gott lieben und seine Gebote halten. II. Sollen wir den Herrn Vater, die Frau Mutter und das ganze Hausgesinde in Ehren halten. III. Wenn heute oder während der letztvergangenen 4 Wo- chen Fremde zugereist und in Arbeit gekommen sind, so treten sie vor den Tisch, und sagen ihren ehrlichen Tauf- und Zunamen ***), sie bringen auch zwei Groschen Ein- schreibegeld mit, ein gemachter Gesell vier Groschen. + *) Bei ihnen der Junggesell. **) Auch bei den Tischlern wurde das verborgene Gewehr abgefordert. ***) Warum nicht Familiennamen? so schwer gewöhnten sich die Hand- werker, besonders die Gesellen, an forterbende Namen! + Man erinnere sich, was bei dem Gesellensprechen und der Umschau
vorgekommen ist. Meiſtern ſaßen, neben dieſe ſetzten ſich die Altgeſellen; auf der Alſo mit Gunſt! Geſellen und Jünger ſollen bedankt ſein, daß ſie auf Befehl des Herrn Ladenmeiſters und des Altgeſellen auf des Ordenjüngers *) Vorbot erſchienen ſind. Sind zwei Ordenjünger vorhanden, ſo trete der eine an die Thür, der andere vor den Tiſch, und fordere das verborgene Gewehr ab. **) Alſo mit Gunſt, es ſoll die Lade geöffnet werden. Nun ſchloß er die Lade auf und gab jedem der Ordenjün- Alſo mit Gunſt! Geſellen und Jünger ſollen wiſſen, war- um wir heute, und gewöhnlich nach vier Wochen, zu- ſammenkommen; es geſchieht zur Erhaltung Friedens und Einigkeit unter uns, und Erhaltung unſerer Herberge. Sodann ſollen wir I. Gott lieben und ſeine Gebote halten. II. Sollen wir den Herrn Vater, die Frau Mutter und das ganze Hausgeſinde in Ehren halten. III. Wenn heute oder während der letztvergangenen 4 Wo- chen Fremde zugereiſt und in Arbeit gekommen ſind, ſo treten ſie vor den Tiſch, und ſagen ihren ehrlichen Tauf- und Zunamen ***), ſie bringen auch zwei Groſchen Ein- ſchreibegeld mit, ein gemachter Geſell vier Groſchen. † *) Bei ihnen der Junggeſell. **) Auch bei den Tiſchlern wurde das verborgene Gewehr abgefordert. ***) Warum nicht Familiennamen? ſo ſchwer gewöhnten ſich die Hand- werker, beſonders die Geſellen, an forterbende Namen! † Man erinnere ſich, was bei dem Geſellenſprechen und der Umſchau
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Meiſtern ſaßen, neben dieſe ſetzten ſich die Altgeſellen; auf der
Tafel ſtand die Geſellen-Lade noch uneröffnet, die übrigen Ge-
ſellen ſtanden im Kreiſe um die Tafel, alle reinlich gekleidet; der
Altgeſell klopfte wieder dreimal auf und redete die Geſellen an:
Alſo mit Gunſt! Geſellen und Jünger ſollen bedankt ſein,
daß ſie auf Befehl des Herrn Ladenmeiſters und des
Altgeſellen auf des Ordenjüngers *) Vorbot erſchienen
ſind. Sind zwei Ordenjünger vorhanden, ſo trete der
eine an die Thür, der andere vor den Tiſch, und fordere
das verborgene Gewehr ab. **) Alſo mit Gunſt, es ſoll
die Lade geöffnet werden.
Nun ſchloß er die Lade auf und gab jedem der Ordenjün-
ger eine Büchſe, welche dieſe denen vorhielten und eine beſtimmte
Summe als Strafe forderten, welche unruhig waren, plauderten
oder gar unanſtändig ſich betrugen; daher wurden ſie auch Straf-
büchſen genannt. Nach völlig hergeſtellter Ruhe klopfte der
Altgeſell wieder dreimal auf und hielt folgende Rede:
Alſo mit Gunſt! Geſellen und Jünger ſollen wiſſen, war-
um wir heute, und gewöhnlich nach vier Wochen, zu-
ſammenkommen; es geſchieht zur Erhaltung Friedens und
Einigkeit unter uns, und Erhaltung unſerer Herberge.
Sodann ſollen wir
I. Gott lieben und ſeine Gebote halten.
II. Sollen wir den Herrn Vater, die Frau Mutter und
das ganze Hausgeſinde in Ehren halten.
III. Wenn heute oder während der letztvergangenen 4 Wo-
chen Fremde zugereiſt und in Arbeit gekommen ſind, ſo
treten ſie vor den Tiſch, und ſagen ihren ehrlichen Tauf-
und Zunamen ***), ſie bringen auch zwei Groſchen Ein-
ſchreibegeld mit, ein gemachter Geſell vier Groſchen. †
*) Bei ihnen der Junggeſell.
**) Auch bei den Tiſchlern wurde das verborgene Gewehr abgefordert.
***) Warum nicht Familiennamen? ſo ſchwer gewöhnten ſich die Hand-
werker, beſonders die Geſellen, an forterbende Namen!
† Man erinnere ſich, was bei dem Geſellenſprechen und der Umſchau
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