Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.O Jüngling, dann müssen Mit Thränen wir büssen, Mit innigem Schmerz! Es fliehen die Süssen Zu andern, und küssen Auch ihnen Verzweiflung ins wehrlose Herz. Sie können mit Blicken Die Herzen bestricken, Und scheinen so gut! Kaum kehrst du den Rücken, So winken und nicken Die Falschen, und freun sich der wachsen- den Glut. Wenn endlich dich eine Von Tücken noch reine Mit Zärtlichkeit liebt; So wisse, der kleine Kupido hat seine Geheimeren Ränke, wodurch er betrübt. O Juͤngling, dann muͤſſen Mit Thraͤnen wir buͤſſen, Mit innigem Schmerz! Es fliehen die Suͤſſen Zu andern, und kuͤſſen Auch ihnen Verzweiflung ins wehrloſe Herz. Sie koͤnnen mit Blicken Die Herzen beſtricken, Und ſcheinen ſo gut! Kaum kehrſt du den Ruͤcken, So winken und nicken Die Falſchen, und freun ſich der wachſen- den Glut. Wenn endlich dich eine Von Tuͤcken noch reine Mit Zaͤrtlichkeit liebt; So wiſſe, der kleine Kupido hat ſeine Geheimeren Raͤnke, wodurch er betruͤbt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0154" n="144"/> <lg n="122"> <l>O Juͤngling, dann muͤſſen</l><lb/> <l>Mit Thraͤnen wir buͤſſen,</l><lb/> <l>Mit innigem Schmerz!</l><lb/> <l>Es fliehen die Suͤſſen</l><lb/> <l>Zu andern, und kuͤſſen</l><lb/> <l>Auch ihnen Verzweiflung ins wehrloſe<lb/><hi rendition="#et">Herz.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="123"> <l>Sie koͤnnen mit Blicken</l><lb/> <l>Die Herzen beſtricken,</l><lb/> <l>Und ſcheinen ſo gut!</l><lb/> <l>Kaum kehrſt du den Ruͤcken,</l><lb/> <l>So winken und nicken</l><lb/> <l>Die Falſchen, und freun ſich der wachſen-<lb/><hi rendition="#et">den Glut.</hi></l> </lg><lb/> <lg n="124"> <l>Wenn endlich dich eine</l><lb/> <l>Von Tuͤcken noch reine</l><lb/> <l>Mit Zaͤrtlichkeit liebt;</l><lb/> <l>So wiſſe, der kleine</l><lb/> <l>Kupido hat ſeine</l><lb/> <l>Geheimeren Raͤnke, wodurch er betruͤbt.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0154]
O Juͤngling, dann muͤſſen
Mit Thraͤnen wir buͤſſen,
Mit innigem Schmerz!
Es fliehen die Suͤſſen
Zu andern, und kuͤſſen
Auch ihnen Verzweiflung ins wehrloſe
Herz.
Sie koͤnnen mit Blicken
Die Herzen beſtricken,
Und ſcheinen ſo gut!
Kaum kehrſt du den Ruͤcken,
So winken und nicken
Die Falſchen, und freun ſich der wachſen-
den Glut.
Wenn endlich dich eine
Von Tuͤcken noch reine
Mit Zaͤrtlichkeit liebt;
So wiſſe, der kleine
Kupido hat ſeine
Geheimeren Raͤnke, wodurch er betruͤbt.
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Zitationshilfe: | Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stolbergstolberg_gedichte_1779/154>, abgerufen am 16.02.2025. |