tung, und selbst solche, welche in manchen namhaften und aufgeklärten Staaten zu den proskribirten gehören, hier aber im Bewustseyn der guten Sache, unter der Aegiede einer wachsamen Polizey, und mit Rücksicht auf das lesende Publikum, gar wohl geduldet werden können. Zu eben der Zeit, da man in den meisten Ländern gewaltsamen Explosionen mit Zittern entgegen sah und Vorsichtsmaßregeln verdoppelte, da in Stockholm und selbst in Amsterdam die Einfuhre französischer Zeitun- gen und Journale verboten wurde, zu eben die- ser Zeit erschien in einem angesehenen hiesigen Buchladen ein vollständiges Verzeichniß fran- zösischer über die Revolution erschienenen Schrif- ten. Diese Vergünstigung, deren jeder aufge- klärte Patriot mit dankbarer Mäßigung ge- nießt, hat nur erst seit dem Anfange dieses Jahres (1793) durch das allgemeine Verbot französischer Waaren eine Einschränkung erlit- ten, da in diesem Befehl auch die Einfuhr französischer Zeitschriften und Tagblätter un- tersagt worden ist. Doch wozu so viele Be- weise, wo Einer hinreichend wäre! Die wahr- haft philosophische Toleranz der Regierung
tung, und ſelbſt ſolche, welche in manchen namhaften und aufgeklaͤrten Staaten zu den proſkribirten gehoͤren, hier aber im Bewuſtſeyn der guten Sache, unter der Aegiede einer wachſamen Polizey, und mit Ruͤckſicht auf das leſende Publikum, gar wohl geduldet werden koͤnnen. Zu eben der Zeit, da man in den meiſten Laͤndern gewaltſamen Exploſionen mit Zittern entgegen ſah und Vorſichtsmaßregeln verdoppelte, da in Stockholm und ſelbſt in Amſterdam die Einfuhre franzoͤſiſcher Zeitun- gen und Journale verboten wurde, zu eben die- ſer Zeit erſchien in einem angeſehenen hieſigen Buchladen ein vollſtaͤndiges Verzeichniß fran- zoͤſiſcher uͤber die Revolution erſchienenen Schrif- ten. Dieſe Verguͤnſtigung, deren jeder aufge- klaͤrte Patriot mit dankbarer Maͤßigung ge- nießt, hat nur erſt ſeit dem Anfange dieſes Jahres (1793) durch das allgemeine Verbot franzoͤſiſcher Waaren eine Einſchraͤnkung erlit- ten, da in dieſem Befehl auch die Einfuhr franzoͤſiſcher Zeitſchriften und Tagblaͤtter un- terſagt worden iſt. Doch wozu ſo viele Be- weiſe, wo Einer hinreichend waͤre! Die wahr- haft philoſophiſche Toleranz der Regierung
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tung, und ſelbſt ſolche, welche in manchen
namhaften und aufgeklaͤrten Staaten zu den
proſkribirten gehoͤren, hier aber im Bewuſtſeyn
der guten Sache, unter der Aegiede einer
wachſamen Polizey, und mit Ruͤckſicht auf das
leſende Publikum, gar wohl geduldet werden
koͤnnen. Zu eben der Zeit, da man in den
meiſten Laͤndern gewaltſamen Exploſionen mit
Zittern entgegen ſah und Vorſichtsmaßregeln
verdoppelte, da in Stockholm und ſelbſt in
Amſterdam die Einfuhre franzoͤſiſcher Zeitun-
gen und Journale verboten wurde, zu eben die-
ſer Zeit erſchien in einem angeſehenen hieſigen
Buchladen ein vollſtaͤndiges Verzeichniß fran-
zoͤſiſcher uͤber die Revolution erſchienenen Schrif-
ten. Dieſe Verguͤnſtigung, deren jeder aufge-
klaͤrte Patriot mit dankbarer Maͤßigung ge-
nießt, hat nur erſt ſeit dem Anfange dieſes
Jahres (1793) durch das allgemeine Verbot
franzoͤſiſcher Waaren eine Einſchraͤnkung erlit-
ten, da in dieſem Befehl auch die Einfuhr
franzoͤſiſcher Zeitſchriften und Tagblaͤtter un-
terſagt worden iſt. Doch wozu ſo viele Be-
weiſe, wo Einer hinreichend waͤre! Die wahr-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/172>, abgerufen am 23.11.2024.
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