Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.achtet sogar der Schandschriften nicht, mit *) Es ist zu bedauren, daß selbst achtungswürdige
Schriftsteller sich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf- fallendes zu sagen, verführen, oder durch falsche Autori- täten blenden lassen, Nachrichten ins große Publikum zu bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit- leid erregen. Unter mehrern Beyspielen, welche die neue- sten deutschen Meßprodukte für diese Behauptung liefern, sey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen Hefte der Minerva findet sich ein Aussatz von einem gewissen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit, Abgeschmacktheit und Verläumdungssucht schwerlich von irgend einem noch so armseligen Pasquill aus der Fabrik ihrer sach- und sprachkenntnißlosen voyageurs übertroffen werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz dieses Bruchstück als eine Probe von dem größern Werke desselben Verfassers, auf welches er das Publikum durch dieses -- in seinen Augen, wie es scheint, wohlgerathene -- Fragment aufmerksam machen will. Es ist hier achtet ſogar der Schandſchriften nicht, mit *) Es iſt zu bedauren, daß ſelbſt achtungswürdige
Schriftſteller ſich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf- fallendes zu ſagen, verführen, oder durch falſche Autori- täten blenden laſſen, Nachrichten ins große Publikum zu bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit- leid erregen. Unter mehrern Beyſpielen, welche die neue- ſten deutſchen Meßprodukte für dieſe Behauptung liefern, ſey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen Hefte der Minerva findet ſich ein Auſſatz von einem gewiſſen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit, Abgeſchmacktheit und Verläumdungsſucht ſchwerlich von irgend einem noch ſo armſeligen Pasquill aus der Fabrik ihrer ſach- und ſprachkenntnißloſen voyageurs übertroffen werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz dieſes Bruchſtück als eine Probe von dem größern Werke deſſelben Verfaſſers, auf welches er das Publikum durch dieſes — in ſeinen Augen, wie es ſcheint, wohlgerathene — Fragment aufmerkſam machen will. Es iſt hier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0173" n="157"/> achtet ſogar der Schandſchriften nicht, mit<lb/> welchen namenloſe, durch den Partheygeiſt er-<lb/> hitzte Schriftſteller eine Adminiſtration herab-<lb/> zuwuͤrdigen ſuchen, von deren Triebwerk ſie<lb/> keinen Begriff haben <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="*)">Es iſt zu bedauren, daß ſelbſt achtungswürdige<lb/> Schriftſteller ſich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf-<lb/> fallendes zu ſagen, verführen, oder durch falſche Autori-<lb/> täten blenden laſſen, Nachrichten ins große Publikum zu<lb/> bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen<lb/> Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit-<lb/> leid erregen. Unter mehrern Beyſpielen, welche die neue-<lb/> ſten deutſchen Meßprodukte für dieſe Behauptung liefern,<lb/> ſey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen<lb/> Hefte der <hi rendition="#g">Minerva</hi> findet ſich ein Auſſatz von einem<lb/> gewiſſen Herrn von <hi rendition="#g">Ruthieres,</hi> der an Seichtigkeit,<lb/> Abgeſchmacktheit und Verläumdungsſucht ſchwerlich von<lb/> irgend einem noch ſo armſeligen Pasquill aus der Fabrik<lb/> ihrer ſach- und ſprachkenntnißloſen <hi rendition="#aq">voyageurs</hi> übertroffen<lb/> werden kann; und doch giebt Herr von <hi rendition="#g">Archenholz</hi><lb/> dieſes Bruchſtück als eine Probe von dem größern Werke<lb/> deſſelben Verfaſſers, auf welches er das Publikum durch<lb/> dieſes — in ſeinen Augen, wie es ſcheint, wohlgerathene<lb/> — Fragment aufmerkſam machen will. Es iſt hier</note>; ſtill und groß ſchwebt<lb/><hi rendition="#g">Katharinens</hi> Geiſt uͤber dem Urtheil ihres<lb/> Zeitalters und blickt nach der Unſterblichkeit<lb/> auf, die ihr Selbſtgefuͤhl und die Nachwelt ihr<lb/> ſichern.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0173]
achtet ſogar der Schandſchriften nicht, mit
welchen namenloſe, durch den Partheygeiſt er-
hitzte Schriftſteller eine Adminiſtration herab-
zuwuͤrdigen ſuchen, von deren Triebwerk ſie
keinen Begriff haben *); ſtill und groß ſchwebt
Katharinens Geiſt uͤber dem Urtheil ihres
Zeitalters und blickt nach der Unſterblichkeit
auf, die ihr Selbſtgefuͤhl und die Nachwelt ihr
ſichern.
*) Es iſt zu bedauren, daß ſelbſt achtungswürdige
Schriftſteller ſich zuweiten durch den Kitzel, etwas Auf-
fallendes zu ſagen, verführen, oder durch falſche Autori-
täten blenden laſſen, Nachrichten ins große Publikum zu
bringen, deren Ungrund und Seichtigkeit den redlichen
Wahrheitsfreund empören und bey Suchkundigen Mit-
leid erregen. Unter mehrern Beyſpielen, welche die neue-
ſten deutſchen Meßprodukte für dieſe Behauptung liefern,
ſey es an zweyen genug. In einem der vorigjährigen
Hefte der Minerva findet ſich ein Auſſatz von einem
gewiſſen Herrn von Ruthieres, der an Seichtigkeit,
Abgeſchmacktheit und Verläumdungsſucht ſchwerlich von
irgend einem noch ſo armſeligen Pasquill aus der Fabrik
ihrer ſach- und ſprachkenntnißloſen voyageurs übertroffen
werden kann; und doch giebt Herr von Archenholz
dieſes Bruchſtück als eine Probe von dem größern Werke
deſſelben Verfaſſers, auf welches er das Publikum durch
dieſes — in ſeinen Augen, wie es ſcheint, wohlgerathene
— Fragment aufmerkſam machen will. Es iſt hier
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