der den langen Winter hindurch gehemmte Seehandel, die Ungewißheit des Absatzes und die Gleichgültigkeit unserer Buchhändler, die auch bey einer sehr eingeschränkten Betriebsam- keit reich zu werden verstehen, legen dem Litte- raturfreunde Hindernisse in den Weg, die er nur durch große Zeit- und Geldaufopferungen schwächen oder überwinden kann. Es ist daher nichts ungewöhnliches, daß Liebhaber oder Sammler zusammentreten und sich ihr Bücher- bedürfniß aus Riga oder geradezu aus Deutsch- land verschreiben, wobey sie, den Zeitgewinn abgerechnet, noch immer besser wegkommen, als wenn sie sich den hiesigen unbarmherzigen Monopolisten auf Gnade und Ungnade erge- ben. Wie aber kein Uebel in der Welt ist, dem nicht Eine gute Folge zuzuschreiben wäre, so sind es eben diese Schwierigkeiten, welche den Lesegesellschaften hier das Daseyn gegeben haben. Diese nützlichen Institute, die, ohne ihnen ein größeres Verdienst unter- schieben zu wollen, wenigstens den Sinn für geistigen Genuß und einsame, geräuschlose Un- terhaltung erwecken und nähren, haben in kur- zer Zeit so allgemeinen Beyfall gefunden, daß
Zweiter Theil. L
der den langen Winter hindurch gehemmte Seehandel, die Ungewißheit des Abſatzes und die Gleichguͤltigkeit unſerer Buchhaͤndler, die auch bey einer ſehr eingeſchraͤnkten Betriebſam- keit reich zu werden verſtehen, legen dem Litte- raturfreunde Hinderniſſe in den Weg, die er nur durch große Zeit- und Geldaufopferungen ſchwaͤchen oder uͤberwinden kann. Es iſt daher nichts ungewoͤhnliches, daß Liebhaber oder Sammler zuſammentreten und ſich ihr Buͤcher- beduͤrfniß aus Riga oder geradezu aus Deutſch- land verſchreiben, wobey ſie, den Zeitgewinn abgerechnet, noch immer beſſer wegkommen, als wenn ſie ſich den hieſigen unbarmherzigen Monopoliſten auf Gnade und Ungnade erge- ben. Wie aber kein Uebel in der Welt iſt, dem nicht Eine gute Folge zuzuſchreiben waͤre, ſo ſind es eben dieſe Schwierigkeiten, welche den Leſegeſellſchaften hier das Daſeyn gegeben haben. Dieſe nuͤtzlichen Inſtitute, die, ohne ihnen ein groͤßeres Verdienſt unter- ſchieben zu wollen, wenigſtens den Sinn fuͤr geiſtigen Genuß und einſame, geraͤuſchloſe Un- terhaltung erwecken und naͤhren, haben in kur- zer Zeit ſo allgemeinen Beyfall gefunden, daß
Zweiter Theil. L
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der den langen Winter hindurch gehemmte
Seehandel, die Ungewißheit des Abſatzes und
die Gleichguͤltigkeit unſerer Buchhaͤndler, die
auch bey einer ſehr eingeſchraͤnkten Betriebſam-
keit reich zu werden verſtehen, legen dem Litte-
raturfreunde Hinderniſſe in den Weg, die er
nur durch große Zeit- und Geldaufopferungen
ſchwaͤchen oder uͤberwinden kann. Es iſt daher
nichts ungewoͤhnliches, daß Liebhaber oder
Sammler zuſammentreten und ſich ihr Buͤcher-
beduͤrfniß aus Riga oder geradezu aus Deutſch-
land verſchreiben, wobey ſie, den Zeitgewinn
abgerechnet, noch immer beſſer wegkommen,
als wenn ſie ſich den hieſigen unbarmherzigen
Monopoliſten auf Gnade und Ungnade erge-
ben. Wie aber kein Uebel in der Welt iſt,
dem nicht Eine gute Folge zuzuſchreiben waͤre,
ſo ſind es eben dieſe Schwierigkeiten, welche
den Leſegeſellſchaften hier das Daſeyn
gegeben haben. Dieſe nuͤtzlichen Inſtitute,
die, ohne ihnen ein groͤßeres Verdienſt unter-
ſchieben zu wollen, wenigſtens den Sinn fuͤr
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/177>, abgerufen am 23.11.2024.
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