der wirkliche Zustand der Dinge sich dem Leser von selbst darbietet, und die ihn zu Betrach- tungen und Folgerungen fortreissen, über wel- chen er der eigenthümlichen Trockenheit des Ge- genstandes vergißt.
Der Anblick menschlicher Thätigkeit hat etwas Befriedigendes für den Beobachter; die Musterung der Werke des Fleißes, der Er- findung, der Industrie, gewährt eine Art ed- len und feinen Genusses, der oft die Quelle nützlicher und großer Bestrebungen geworden ist. Der mühsame Fleiß welcher der Erde ihre Schätze abgewinnt; die kunst- und erfindungsreiche Emsigkeit die diese rohen Erzeugnisse auf un- endlich mannichfaltige Art veredelt und zu den tausendfachen Benutzungen der Nothdurft, der Bequemlichkeit und des Luxus bereitet; der kühne Handelsgeist, der die Produkte der ent- ferntesten Weltgegenden gegen einander ver- tauscht und die ganze Erde zum Vaterlande jedes Einzelnen macht; selbst der Wucher, der die Bedürfnisse des Lebens in Magazinen an- häuft und Nationen in seine Abhängigkeit bringt -- dieses Leben, dieses Gewühl, diese ungeheuren Kombinationen bilden ein Gemählde,
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der wirkliche Zuſtand der Dinge ſich dem Leſer von ſelbſt darbietet, und die ihn zu Betrach- tungen und Folgerungen fortreiſſen, uͤber wel- chen er der eigenthuͤmlichen Trockenheit des Ge- genſtandes vergißt.
Der Anblick menſchlicher Thaͤtigkeit hat etwas Befriedigendes fuͤr den Beobachter; die Muſterung der Werke des Fleißes, der Er- findung, der Induſtrie, gewaͤhrt eine Art ed- len und feinen Genuſſes, der oft die Quelle nuͤtzlicher und großer Beſtrebungen geworden iſt. Der muͤhſame Fleiß welcher der Erde ihre Schaͤtze abgewinnt; die kunſt- und erfindungsreiche Emſigkeit die dieſe rohen Erzeugniſſe auf un- endlich mannichfaltige Art veredelt und zu den tauſendfachen Benutzungen der Nothdurft, der Bequemlichkeit und des Luxus bereitet; der kuͤhne Handelsgeiſt, der die Produkte der ent- fernteſten Weltgegenden gegen einander ver- tauſcht und die ganze Erde zum Vaterlande jedes Einzelnen macht; ſelbſt der Wucher, der die Beduͤrfniſſe des Lebens in Magazinen an- haͤuft und Nationen in ſeine Abhaͤngigkeit bringt — dieſes Leben, dieſes Gewuͤhl, dieſe ungeheuren Kombinationen bilden ein Gemaͤhlde,
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[5/0021]
der wirkliche Zuſtand der Dinge ſich dem Leſer
von ſelbſt darbietet, und die ihn zu Betrach-
tungen und Folgerungen fortreiſſen, uͤber wel-
chen er der eigenthuͤmlichen Trockenheit des Ge-
genſtandes vergißt.
Der Anblick menſchlicher Thaͤtigkeit hat
etwas Befriedigendes fuͤr den Beobachter; die
Muſterung der Werke des Fleißes, der Er-
findung, der Induſtrie, gewaͤhrt eine Art ed-
len und feinen Genuſſes, der oft die Quelle
nuͤtzlicher und großer Beſtrebungen geworden iſt.
Der muͤhſame Fleiß welcher der Erde ihre Schaͤtze
abgewinnt; die kunſt- und erfindungsreiche
Emſigkeit die dieſe rohen Erzeugniſſe auf un-
endlich mannichfaltige Art veredelt und zu den
tauſendfachen Benutzungen der Nothdurft, der
Bequemlichkeit und des Luxus bereitet; der
kuͤhne Handelsgeiſt, der die Produkte der ent-
fernteſten Weltgegenden gegen einander ver-
tauſcht und die ganze Erde zum Vaterlande
jedes Einzelnen macht; ſelbſt der Wucher, der
die Beduͤrfniſſe des Lebens in Magazinen an-
haͤuft und Nationen in ſeine Abhaͤngigkeit
bringt — dieſes Leben, dieſes Gewuͤhl, dieſe
ungeheuren Kombinationen bilden ein Gemaͤhlde,
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/21>, abgerufen am 21.11.2024.
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