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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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und scherzte und spielte mit ihm alle Tage.
Sorgfältig erhöhet sie seinetwegen ihre Schön-
heit,
schmückt mit Blumen Busen und Kopf,
und Myrthenblätterchen und Lorbeerblätter
pflückt sie zum Putze wöchentlich bey hunderten.
Alphesiböus küßte sie nicht selten,
und hoffte noch mehr als das zu erhalten;
denn wenn er sie auch einmal umarmet,
so schmählt sie doch deswegen nicht auf ihn.
Aber wenn Alphesiböus einmal verwegener ist,
wird sie auch wol verdrüßlich darüber.
Das Mädchen stößt die Hand des Liebhabers
zurück,
und macht ihm mitten unter dem Vergnügen
Qual.
So wird an schönen Tagen, durch einen
Schwarm dicker Wolken,
der vom Himmel herableuchtende Stral den
Augen verborgen,
wenn eine starke Hitze die Thäler erwärmt
und die Finsterniß aus den Wolken Ströme
über sie gießt.
Aber eine solche Gegenwehr geschah nicht immer;
zuweilen ist sie weniger widerspenstig.
Doch auch in den Minuten, da sie nachgiebt,
und ſcherzte und ſpielte mit ihm alle Tage.
Sorgfaͤltig erhoͤhet ſie ſeinetwegen ihre Schoͤn-
heit,
ſchmuͤckt mit Blumen Buſen und Kopf,
und Myrthenblaͤtterchen und Lorbeerblaͤtter
pfluͤckt ſie zum Putze woͤchentlich bey hunderten.
Alpheſiboͤus kuͤßte ſie nicht ſelten,
und hoffte noch mehr als das zu erhalten;
denn wenn er ſie auch einmal umarmet,
ſo ſchmaͤhlt ſie doch deswegen nicht auf ihn.
Aber wenn Alpheſiboͤus einmal verwegener iſt,
wird ſie auch wol verdruͤßlich daruͤber.
Das Maͤdchen ſtoͤßt die Hand des Liebhabers
zuruͤck,
und macht ihm mitten unter dem Vergnuͤgen
Qual.
So wird an ſchoͤnen Tagen, durch einen
Schwarm dicker Wolken,
der vom Himmel herableuchtende Stral den
Augen verborgen,
wenn eine ſtarke Hitze die Thaͤler erwaͤrmt
und die Finſterniß aus den Wolken Stroͤme
uͤber ſie gießt.
Aber eine ſolche Gegenwehr geſchah nicht immer;
zuweilen iſt ſie weniger widerſpenſtig.
Doch auch in den Minuten, da ſie nachgiebt,
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[226/0242] und ſcherzte und ſpielte mit ihm alle Tage. Sorgfaͤltig erhoͤhet ſie ſeinetwegen ihre Schoͤn- heit, ſchmuͤckt mit Blumen Buſen und Kopf, und Myrthenblaͤtterchen und Lorbeerblaͤtter pfluͤckt ſie zum Putze woͤchentlich bey hunderten. Alpheſiboͤus kuͤßte ſie nicht ſelten, und hoffte noch mehr als das zu erhalten; denn wenn er ſie auch einmal umarmet, ſo ſchmaͤhlt ſie doch deswegen nicht auf ihn. Aber wenn Alpheſiboͤus einmal verwegener iſt, wird ſie auch wol verdruͤßlich daruͤber. Das Maͤdchen ſtoͤßt die Hand des Liebhabers zuruͤck, und macht ihm mitten unter dem Vergnuͤgen Qual. So wird an ſchoͤnen Tagen, durch einen Schwarm dicker Wolken, der vom Himmel herableuchtende Stral den Augen verborgen, wenn eine ſtarke Hitze die Thaͤler erwaͤrmt und die Finſterniß aus den Wolken Stroͤme uͤber ſie gießt. Aber eine ſolche Gegenwehr geſchah nicht immer; zuweilen iſt ſie weniger widerſpenſtig. Doch auch in den Minuten, da ſie nachgiebt,

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/242>, abgerufen am 19.05.2024.