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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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ser auf diese Feldsteine, wodurch das Badezim-
mer zugleich mit feuchten Dünsten angefüllt
wird. Rings umher an den Wänden sind
Bänke oder Stufen befindlich, die Jedem die
Wahl lassen, eine mehr oder minder heisse
Atmosphäre zu suchen, je nachdem man höher
steigt oder dem Fußboden nahe bleibt. Die
Badenden sitzen oder liegen in dieser feuchten
Hitze, die zuweilen bis auf 45 Grade R. steigt,
und eine Ausdünstung bewirkt, von der man
sich nur durch eigne Erfahrung einen Begriff
machen kann. Um diese noch mehr zu beför-
dern, lassen sich die Badenden gewöhnlich mit
trocknen belaubten Birkenreisern sanft schlagen
und mit wollenen Lappen reiben. Von Zeit
zu Zeit steigen sie auf den Fußboden herab,
um sich warmes oder kaltes Wasser über den
Kopf und den ganzen Leib zu giessen. Viele
unter ihnen springen im Sommer aus diesem
Dampfbade in den vorbeyfließenden Fluß, oder
wälzen sich, wenn es Winter ist, im Schnee.
Die öffentlichen Bäder der Residenz haben ge-
räumige Höfe mit vielen Bänken versehen, wo
sich die Badenden im Sommer aus und an-
kleiden. Fast mit allen Hospitälern und öffent-

ſer auf dieſe Feldſteine, wodurch das Badezim-
mer zugleich mit feuchten Duͤnſten angefuͤllt
wird. Rings umher an den Waͤnden ſind
Baͤnke oder Stufen befindlich, die Jedem die
Wahl laſſen, eine mehr oder minder heiſſe
Atmosphaͤre zu ſuchen, je nachdem man hoͤher
ſteigt oder dem Fußboden nahe bleibt. Die
Badenden ſitzen oder liegen in dieſer feuchten
Hitze, die zuweilen bis auf 45 Grade R. ſteigt,
und eine Ausduͤnſtung bewirkt, von der man
ſich nur durch eigne Erfahrung einen Begriff
machen kann. Um dieſe noch mehr zu befoͤr-
dern, laſſen ſich die Badenden gewoͤhnlich mit
trocknen belaubten Birkenreiſern ſanft ſchlagen
und mit wollenen Lappen reiben. Von Zeit
zu Zeit ſteigen ſie auf den Fußboden herab,
um ſich warmes oder kaltes Waſſer uͤber den
Kopf und den ganzen Leib zu gieſſen. Viele
unter ihnen ſpringen im Sommer aus dieſem
Dampfbade in den vorbeyfließenden Fluß, oder
waͤlzen ſich, wenn es Winter iſt, im Schnee.
Die oͤffentlichen Baͤder der Reſidenz haben ge-
raͤumige Hoͤfe mit vielen Baͤnken verſehen, wo
ſich die Badenden im Sommer aus und an-
kleiden. Faſt mit allen Hospitaͤlern und oͤffent-

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[274/0290] ſer auf dieſe Feldſteine, wodurch das Badezim- mer zugleich mit feuchten Duͤnſten angefuͤllt wird. Rings umher an den Waͤnden ſind Baͤnke oder Stufen befindlich, die Jedem die Wahl laſſen, eine mehr oder minder heiſſe Atmosphaͤre zu ſuchen, je nachdem man hoͤher ſteigt oder dem Fußboden nahe bleibt. Die Badenden ſitzen oder liegen in dieſer feuchten Hitze, die zuweilen bis auf 45 Grade R. ſteigt, und eine Ausduͤnſtung bewirkt, von der man ſich nur durch eigne Erfahrung einen Begriff machen kann. Um dieſe noch mehr zu befoͤr- dern, laſſen ſich die Badenden gewoͤhnlich mit trocknen belaubten Birkenreiſern ſanft ſchlagen und mit wollenen Lappen reiben. Von Zeit zu Zeit ſteigen ſie auf den Fußboden herab, um ſich warmes oder kaltes Waſſer uͤber den Kopf und den ganzen Leib zu gieſſen. Viele unter ihnen ſpringen im Sommer aus dieſem Dampfbade in den vorbeyfließenden Fluß, oder waͤlzen ſich, wenn es Winter iſt, im Schnee. Die oͤffentlichen Baͤder der Reſidenz haben ge- raͤumige Hoͤfe mit vielen Baͤnken verſehen, wo ſich die Badenden im Sommer aus und an- kleiden. Faſt mit allen Hospitaͤlern und oͤffent-

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/290>, abgerufen am 24.11.2024.