die Tradition es nicht verrathen hätte, über diesen Gegenstand lange getäuscht werden könnte.
Alle Kanäle des bürgerlichen Erwerbs ste- hen dem Volke frey. Wie vortheilhaft es diese benutzt, davon sind unter mehreren Ru- briken dieses Buchs so vielfältige Beyspiele an- geführt, daß hier füglich darüber geschwiegen werden kann. Der Gewinn des geringsten Tagelöhners ist größer als wir sein tägliches Bedürfniß annehmen dürfen, ohne dieses mit dem Gefühl eines Gefangenwärters zu berech- nen. So wenig anlockend seine Tafel ver- wöhntern Gaumen seyn mag, so gewiß ist es doch, daß der gemeine Russe, wenn er nicht in den Hotels der Residenz erzogen ist, die fein- sten Schüsseln verschmähen wird, um sich an seinem Schtschi und seiner Kascha zu sättigen. Seinen leidenschaftlichsten Sinn, den Durst nach starken Getränken, zu befriedigen, bedarf er nur wenige Kopeken; er müßte sehr arm, oder welches einerley ist, sehr faul seyn, um sich diesen Genuß nicht wenigstens wöchentlich Einmal gewähren zu können. Seine Beklei- dung ist immer zulänglich, und niemals, außer
die Tradition es nicht verrathen haͤtte, uͤber dieſen Gegenſtand lange getaͤuſcht werden koͤnnte.
Alle Kanaͤle des buͤrgerlichen Erwerbs ſte- hen dem Volke frey. Wie vortheilhaft es dieſe benutzt, davon ſind unter mehreren Ru- briken dieſes Buchs ſo vielfaͤltige Beyſpiele an- gefuͤhrt, daß hier fuͤglich daruͤber geſchwiegen werden kann. Der Gewinn des geringſten Tageloͤhners iſt groͤßer als wir ſein taͤgliches Beduͤrfniß annehmen duͤrfen, ohne dieſes mit dem Gefuͤhl eines Gefangenwaͤrters zu berech- nen. So wenig anlockend ſeine Tafel ver- woͤhntern Gaumen ſeyn mag, ſo gewiß iſt es doch, daß der gemeine Ruſſe, wenn er nicht in den Hotels der Reſidenz erzogen iſt, die fein- ſten Schuͤſſeln verſchmaͤhen wird, um ſich an ſeinem Schtſchi und ſeiner Kaſcha zu ſaͤttigen. Seinen leidenſchaftlichſten Sinn, den Durſt nach ſtarken Getraͤnken, zu befriedigen, bedarf er nur wenige Kopeken; er muͤßte ſehr arm, oder welches einerley iſt, ſehr faul ſeyn, um ſich dieſen Genuß nicht wenigſtens woͤchentlich Einmal gewaͤhren zu koͤnnen. Seine Beklei- dung iſt immer zulaͤnglich, und niemals, außer
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die Tradition es nicht verrathen haͤtte, uͤber
dieſen Gegenſtand lange getaͤuſcht werden
koͤnnte.
Alle Kanaͤle des buͤrgerlichen Erwerbs ſte-
hen dem Volke frey. Wie vortheilhaft es
dieſe benutzt, davon ſind unter mehreren Ru-
briken dieſes Buchs ſo vielfaͤltige Beyſpiele an-
gefuͤhrt, daß hier fuͤglich daruͤber geſchwiegen
werden kann. Der Gewinn des geringſten
Tageloͤhners iſt groͤßer als wir ſein taͤgliches
Beduͤrfniß annehmen duͤrfen, ohne dieſes mit
dem Gefuͤhl eines Gefangenwaͤrters zu berech-
nen. So wenig anlockend ſeine Tafel ver-
woͤhntern Gaumen ſeyn mag, ſo gewiß iſt es
doch, daß der gemeine Ruſſe, wenn er nicht in
den Hotels der Reſidenz erzogen iſt, die fein-
ſten Schuͤſſeln verſchmaͤhen wird, um ſich an
ſeinem Schtſchi und ſeiner Kaſcha zu ſaͤttigen.
Seinen leidenſchaftlichſten Sinn, den Durſt
nach ſtarken Getraͤnken, zu befriedigen, bedarf
er nur wenige Kopeken; er muͤßte ſehr arm,
oder welches einerley iſt, ſehr faul ſeyn, um
ſich dieſen Genuß nicht wenigſtens woͤchentlich
Einmal gewaͤhren zu koͤnnen. Seine Beklei-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/397>, abgerufen am 23.11.2024.
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