Alle ankommende Schiffe werden hier und in Kronstadt scharf untersucht und müssen am Packhofe löschen. Der Zoll untersucht die Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die nicht nur die Gattung derselben, sondern (wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird) auch diesen Werth bestimmen muß; wenn nun die Untersuchung ausweist oder vermuthlich macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthüm- lichen Werth angegeben sind, so ist der Zoll berechtigt, sie für diesen Angabepreis und eine Vergütung von Zwanzig vom Hundert zu be- halten. Diese Einrichtung, die man das Un- terschreiben nennt, zwingt die Kaufleute, solche Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an- zugeben, und in so fern haben also die Zoll- register eine große Authenticität für sich. Ob aber überall kein Unterschleif in Anschlag zu bringen sey, ist eine Frage, deren Entschei- dung nur von daher zu erwarten ist, wo man das größte Interesse hat, sie zu verneinen. Fast allgemein ist übrigens die Meynung, daß die Vorsichtsanstalten nirgend im Reiche so gut sind und folglich der Zollbetrug nirgend so schwierig ist als hier. Daß dies nicht von allen
Alle ankommende Schiffe werden hier und in Kronſtadt ſcharf unterſucht und muͤſſen am Packhofe loͤſchen. Der Zoll unterſucht die Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die nicht nur die Gattung derſelben, ſondern (wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird) auch dieſen Werth beſtimmen muß; wenn nun die Unterſuchung ausweiſt oder vermuthlich macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthuͤm- lichen Werth angegeben ſind, ſo iſt der Zoll berechtigt, ſie fuͤr dieſen Angabepreis und eine Verguͤtung von Zwanzig vom Hundert zu be- halten. Dieſe Einrichtung, die man das Un- terſchreiben nennt, zwingt die Kaufleute, ſolche Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an- zugeben, und in ſo fern haben alſo die Zoll- regiſter eine große Authenticitaͤt fuͤr ſich. Ob aber uͤberall kein Unterſchleif in Anſchlag zu bringen ſey, iſt eine Frage, deren Entſchei- dung nur von daher zu erwarten iſt, wo man das groͤßte Intereſſe hat, ſie zu verneinen. Faſt allgemein iſt uͤbrigens die Meynung, daß die Vorſichtsanſtalten nirgend im Reiche ſo gut ſind und folglich der Zollbetrug nirgend ſo ſchwierig iſt als hier. Daß dies nicht von allen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0045"n="29"/>
Alle ankommende Schiffe werden hier und in<lb/>
Kronſtadt ſcharf unterſucht und muͤſſen am<lb/>
Packhofe loͤſchen. Der Zoll unterſucht die<lb/>
Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die<lb/>
nicht nur die Gattung derſelben, ſondern<lb/>
(wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird)<lb/>
auch dieſen Werth beſtimmen muß; wenn nun<lb/>
die Unterſuchung ausweiſt oder vermuthlich<lb/>
macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthuͤm-<lb/>
lichen Werth angegeben ſind, ſo iſt der Zoll<lb/>
berechtigt, ſie fuͤr dieſen Angabepreis und eine<lb/>
Verguͤtung von Zwanzig vom Hundert zu be-<lb/>
halten. Dieſe Einrichtung, die man das Un-<lb/>
terſchreiben nennt, zwingt die Kaufleute, ſolche<lb/>
Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an-<lb/>
zugeben, und in ſo fern haben alſo die Zoll-<lb/>
regiſter eine große Authenticitaͤt fuͤr ſich. Ob<lb/>
aber uͤberall kein Unterſchleif in Anſchlag zu<lb/>
bringen ſey, iſt eine Frage, deren Entſchei-<lb/>
dung nur von daher zu erwarten iſt, wo man<lb/>
das groͤßte Intereſſe hat, ſie zu verneinen.<lb/>
Faſt allgemein iſt uͤbrigens die Meynung, daß<lb/>
die Vorſichtsanſtalten nirgend im Reiche ſo gut<lb/>ſind und folglich der Zollbetrug nirgend ſo<lb/>ſchwierig iſt als hier. Daß dies nicht von allen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[29/0045]
Alle ankommende Schiffe werden hier und in
Kronſtadt ſcharf unterſucht und muͤſſen am
Packhofe loͤſchen. Der Zoll unterſucht die
Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die
nicht nur die Gattung derſelben, ſondern
(wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird)
auch dieſen Werth beſtimmen muß; wenn nun
die Unterſuchung ausweiſt oder vermuthlich
macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthuͤm-
lichen Werth angegeben ſind, ſo iſt der Zoll
berechtigt, ſie fuͤr dieſen Angabepreis und eine
Verguͤtung von Zwanzig vom Hundert zu be-
halten. Dieſe Einrichtung, die man das Un-
terſchreiben nennt, zwingt die Kaufleute, ſolche
Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an-
zugeben, und in ſo fern haben alſo die Zoll-
regiſter eine große Authenticitaͤt fuͤr ſich. Ob
aber uͤberall kein Unterſchleif in Anſchlag zu
bringen ſey, iſt eine Frage, deren Entſchei-
dung nur von daher zu erwarten iſt, wo man
das groͤßte Intereſſe hat, ſie zu verneinen.
Faſt allgemein iſt uͤbrigens die Meynung, daß
die Vorſichtsanſtalten nirgend im Reiche ſo gut
ſind und folglich der Zollbetrug nirgend ſo
ſchwierig iſt als hier. Daß dies nicht von allen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/45>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.